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Anti-Flag – American Fall

American Fall

Guten Tag Welt, guten Morgen Amerika: Anti-Flag melden sich mit ihrem zehnten Album „American Fall“ in eine Zeit zurück, die vom Wahnsinn bestimmt ist. Nach dem amerikanischen Frühling 2015 kommt nun also der Herbst. Das Cover zeigt einen riesigen, aus Geldbündeln gestapelten Totenkopf im Oval Office des Weißen Hauses. Was das bedeutet, sollte nicht nur eingefleischten Anti-Flag Fans klar sein.

Somit ist das Jahr 2017 also für die Abrechnung bestimmt. Die dauerhafte Befürchtung eines Atomkriegs, der unaufhörliche Wachstum eines immer massiver werdenden Faschismus, Finanzkrisen noch und nöcher und die widerlichste, selbst inszenierte Trump-Administration und US-Innenpolitik, die die Geschichte der Popkultur je gesehen hat, lassen ein Gefühl von Frust und Hass zurück. Anti-Flag katalysieren dies in Perfektion und präsentieren ein großartiges Jubiläumsalbum.

„These are the days that test your heart and soul“

Der Opener „American Attraction“ steigt wenig zimperlich und ordentlich angepisst ins Thema ein. Schnell wird klar, dass der Fokus auf den positiven und persönlich wichtigen Dinge im Leben liegen sollte. Blind irgendwelchen Vollidioten mit nebulösen Versprechen Folge zu leisten hat einfach noch nie funktioniert: „There’s no escaping the American attraction. A bait and switch that’s gonna thrill you with distraction. It feels sounds so good you can’t resist the satisfaction. When it’s all over you’ll be crying’ they’ll be laughin.“

Anti-Flag machen mit dem bereits eine Weile veröffentlichten Song „The Criminals“ (News) eindrucksvoll klar, dass die Zeit für eine echte Auseinandersetzung mit den großen Lügen des Clubs der Millionäre gekommen ist. „These are the days that test your heart and soul“, kann somit sehr sicher als eins der wichtigsten Zitate für die aktuelle Gesellschaft gewertet werden.

Explosive Inhalte, volle Gitarren, starke Melodien und ein viel komplexeres Songwriting

Angeführt von klassischen Ska-Elementen bei „When The Walls Fall“, dem Wiedererkennungswert der Überhymne „Brandenburg Gate“ in „Trouble Follows Me“ und neckisch sowie clever arrangierten Bass-Lines bei „Finish What We Started“ ist eine musikalische Entwicklung des Polit-Quartetts aus Pittsburgh klar erkennbar. Trotz ihres unüberhörbaren Widerstandes und der mehr als deutlichen Verachtung der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung werden die explosiven Inhalte mit vollen Gitarren, starken Melodien und einem viel komplexeren Songwriting fast paradox umzeichnet.

Vielleicht gar nicht der schlechteste Weg die Gedanken zur aktuellen Lage der Nation zu verbreiten, bestätigt auch Justin Sane: „Wir leben in düsteren und polarisierenden Zeiten. Wir wollten unsere Message also nicht auf überhebliche oder beklemmende Art und Weise unter die Hörer bringen. Mit ein bisschen mehr Melodie lässt sich die Pille besser schlucken. So ist es wirkungsvoller und einfacher.“

Anti-Flag bleiben sich in jeder Zeile treu

Neben diesen sehr angenehmen Veränderungen bleiben sich Anti-Flag in jeder Zeile treu. Bassakrobat und Rampensau Chris#2 fasst das ganz passend zusammen:

“Gerade liegt der öffentliche Fokus aus nachvollziehbaren Gründen auf Politik. Sobald so etwas passiert, bekommt unsere Band mehr Aufmerksamkeit. Wir wollten sichergehen, dass wir uns auch auf unserer zehnten Platte treu bleiben. Es musste einfach nach Anti-Flag klingen. Andererseits ist London Calling auch mein liebstes Album von The Clash, weil sie damit Risiken eingegangen sind. Da mehr Augen als je zuvor auf sie gerichtet waren, wählten sie nicht den leichten Weg. Wir wollten uns ebenso selbst herausfordern, damit wir einen Grund hatten, ein Album herauszubringen während uns alle Welt unter die Lupe nimmt.“

Produziert wurde „American Fall“ von Good Charlottes Benji Madden im sonnigen Südkalifornien. So bekommt es auch eine ordentlich Prise des SouthCali-Punksounds ab. Das zehnte Album der Polit-Punks Anti-Flag regt unverblümt offen zur Veränderung an. Mit erhobenen Mittelfingern, einer konkreten und konstruktiven Auseinandersetzung der Problematik und der dazugehörigen Intelligenz, Wut und musikalischer Wucht, melden sich die Pittsburgher im ersten Trump Jahr als eine gewachsene Front zurück.

„Musik verleiht denjenigen, die keine haben, eine Stimme. Sie verleiht denjenigen, die nicht gehört werden, ein Sprachrohr um gehört zu werden. Sie verstärkt die Rufe der Geknechteten im Angesicht von Unterdrückung und Tyrannei. Sie ist die letzte Bastion des Widerstands.“

Maria

Bei Maria reichen sich Punk und Politik nicht einfach nur die Hand, sie liegen sich quasi eng umschlungen im Arm und trinken Schnäpschen auf die alten Zeiten. Wenn sie nicht gerade davon träumt durch die Welt zu reisen, ihrem Ärger auf Demos Luft macht oder ihrem Weltschmerz nachhängt, testet sie die neuesten Eiskreationen der Stadt, träumt vom Sommer und von Festivals oder sortiert ihre Platten zwischen der Terrorgruppe, Wizo, Propagandhi und No Use For A Name.

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Maria

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