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Bernhard Horn von Callejon im Interview

Foto: Lukas Richter

Am 28. August veröffentlichten Callejon ihr neues Album „Metropolis“ (Albumreview), das Platz 7 in den deutschen Albumcharts erreichte. Damit ist es das sechste Top Ten-Album in Folge. Bernhard „Action“ Horn, seines Zeichens Gitarrist und Mitbegründer von Callejon, hat sich Zeit genommen, um uns ein paar Fragen über „Metropolis“, die aktuelle Zeit, Kunst und die anstehende Tour zu beantworten.

„Der Klimawandel, der Anstieg des Meeresspiegels, die immer wieder aufflammenden Konflikte – am Ende sind das alles Folgen von Kurzsicht, Egoismus und Gier. Das sind natürlich Themen, die uns schon immer beschäftigt haben und die nicht erst bei Metropolis Einzug in das Schaffen von Callejon halten.“

Erst einmal: Wie geht es Euch zur Zeit?

Danke, uns geht es gut, wir sind gesund, und mit dem Release des Albums jetzt auch ganz schön erleichtert.

Nun habt Ihr gerade Euer neues Album veröffentlicht. Wie waren die ersten Reaktionen auf „Metropolis“?

Die Reaktionen auf das Album wie auch schon auf die vorab veröffentlichten Singles bzw. Videos sind tatsächlich ziemlich überwältigend. Das gilt sowohl für das Feedback von den Fans und in den sozialen Medien, als auch von der Presse bzw. den Rezensionen und Stories. Für uns ist das natürlich eine fantastische Sache, denn wir haben sehr viel Mühe und Kraft in dieses Album gesteckt.

Nach „Fandigo“ geht es mit „Metropolis“ wieder mehr in Richtung früherer Werke. Ich habe in einem anderen Interview gehört, dass sich das beim Schreiben ergeben hat. War es eher so, dass sich die Musik der Idee angepasst hat oder die Idee mit der Musik kam? Was war Euch an der Musik für das Album besonders wichtig?

Ausschlaggebend war für uns eigentlich die Vision von dem fiktiven Ort „Metropolis“ als dystopische Parallelwelt. Wir haben uns von diesem Bild leiten lassen und sozusagen der Idee dieses Universums durch die Musik Ausdruck verliehen. Wir haben im Entstehungsprozess gemerkt, dass wir sehr selbstbewusst und geradlinig an das Songwriting herangehen, und haben versucht, das dementsprechend zu forcieren, deshalb ist dieses Album vielleicht auch etwas weniger experimentell als beispielsweise „Fandigo“.

Wie seid Ihr darauf gekommen, Metropolis von Fritz Lang als Kulisse zu wählen?

Das war eigentlich nur der Ausgangspunkt für dieses Album. Wir fanden das Bild der düsteren Großstadt als Handlungsort und Makrokosmos dieser apokalyptisch-dystopischen Welt einfach spannend. Daraufhin haben wir den Song „Metropolis“ geschrieben, der aber dann schon unser eigenes Metropolis als fiktives Universum konzipiert hat, und von da an ging es irgendwie auf Autopilot immer weiter und tiefer in diese Welt.

„Die Musikvideos zu drehen, war in jedem Fall eine gute Erfahrung, gleichzeitig aber auch extrem aufwändig.“

Um einen Blick auf den Schauplatz zu werfen: Ihr habt in Eurer Vorbesteller-Box auch eine Einbürgerungsurkunde der Stadt. Was erwartet die Bürger, wenn sie vor den Toren von Metropolis stehen? Was würde in einem Stadtführer stehen?

Metropolis ist eine verwinkelte Stadt mit vielen dunklen, labyrinthischen Seitenstraßen, ein Moloch architektonischen Größenwahns, ein Ort voller Widersprüche und Sackgassen, mehr ein lebendiges Wesen als eine Stadt. Metropolis ist nicht im eigentlichen Sinne schön, aber man kann sich der hypnotischen Wirkung nicht wirklich entziehen.

Wenn Ihr „Metropolis“ mit fünf Worten beschreiben müsstet, welche wären das?

Der Regen fällt hier ewig.

Die Musikvideos zu „Metropolis“ und „Gottficker“ haben vorab einen Einblick in die Stimmung gegeben, die das Album transportiert. Dabei erinnern sie eher an Kurzfilme, gerade „Gottficker“ wurde ja auch mit einem passenden Plakat beworben. Wie war es, diese Projekte umzusetzen? Was habt Ihr während der Dreharbeiten so erlebt?

Die Musikvideos zu drehen, war in jedem Fall eine gute Erfahrung, gleichzeitig aber auch extrem aufwändig. Wie eigentlich fast immer hat auch bei diesen Videos unser Sänger Bastibasti die ganze Sache erdacht, konzipiert und umgesetzt, was natürlich sowieso schonmal eine Doppelbelastung ist, wenn man vor und hinter der Kamera die Verantwortung trägt. Diesmal waren die Drehs aber tatsächlich unglaublich umfangreich und auch anstrengend – gleichzeitig haben wir aber auch gemerkt, dass dabei etwas unglaublich Geiles entsteht, was der künstlerischen Vision von dem Album in jeder Hinsicht gerecht wird.

Ihr habt Eure Fans gefragt „Wie viel Kunst darf Metal?“ – wie würdet Ihr selbst diese Frage beantworten?

Metal darf und sollte Kunst machen und sein, und in unserem Fall muss es das auch. Wir sind natürlich eine Band, die auch einen Entertainment-Faktor mitbringt, und das macht uns natürlich Spaß. Nichtsdestotrotz ist Callejon vor allem für mich und Bastibasti ein extrem persönliches Projekt, in dem wir unsere künstlerischen Ideen umsetzen. Metal kann leider auch manchmal ziemlich langweilig sein, und das wäre etwas, mit dem wir glaube ich als Musiker nicht leben könnten.

Das neue Album passt perfekt in die heutige Zeit, auch in Hinblick auf die Corona-Pandemie und den damit verbundenen Wahnsinn – Zufall oder Absicht? Was hat Euch bewogen gerade jetzt dieses Album zu machen? Wenn es Zufall war: Wie ist es, damit so nah am Zahn der Zeit gelandet zu sein?

Als wir das Album geschrieben haben, war Corona eigentlich noch kein präsentes Thema, das kam erst, als wir schon im Recording waren. Ich glaube aber, dass diese Pandemie letztlich eine Folge und ein Symptom der globalen Entwicklung ist, in der alles auf Wachstum und Profit ausgerichtet ist. Wenn Lebensräume für ganze Arten auf einmal bedroht sind, bleibt das nicht ohne Folgen, und Corona ist nur eine davon. Der Klimawandel, der Anstieg des Meeresspiegels, die immer wieder aufflammenden Konflikte – am Ende sind das alles Folgen von Kurzsicht, Egoismus und Gier. Das sind natürlich Themen, die uns schon immer beschäftigt haben und die nicht erst bei Metropolis Einzug in das Schaffen von Callejon halten.

Beim Hören bin ich immer wieder an „Herr der Fliegen“ hängen geblieben. Gottficker und den Konsumenten habt Ihr als Figuren vorgestellt, wie sieht es mit dem Herrn der Fliegen aus? Ist er, als biblisches Synonym für den Teufel, ein reines Sinnbild oder ein weiterer Bewohner von „Metropolis“? Was macht ihn aus?

Der Titel bezieht sich zwar mittelbar an den biblischen Teufel, referiert aber eigentlich auf den gleichnamigen Roman von William Golding, in dem es um die Frage nach einer angeborenen Gewaltbereitschaft des Menschen geht. Unsere Zivilisation geht davon aus, dass der Mensch ein moralisches Wesen ist, das grundsätzlich gut ist. Die gesamte Menschheitsgeschichte bis zum heutigen Tag zeigt uns aber, dass Menschen sich und ihrer Umwelt immer wieder die schrecklichsten Dinge antun, und das aus nichtigen Gründen. Insofern ist der Herr der Fliegen eher ein Götze, der von Angst und Hilflosigkeit zehrt, und dem der Mensch lieber ein Gesicht als Dämon geben will, als sich einzugestehen, dass er ein Teil seiner selbst ist.

„Auf jeden Fall dürfen die Fans sich darauf freuen, dass wir Metropolis gebührend inszenieren und auf die Bühne bringen werden, und ich glaube, nach all der Zeit ohne Konzerte wird es nur um so intensiver und geiler.“

Mit dem neuen Release soll es im kommenden Jahr auf Tour gehen. Auch das ist in Hinblick auf die aktuelle Lage ja kein einfaches Thema. Wie, glaubt Ihr, wird es nach all dem wieder zu touren? Und was dürfen die Besucher von Euren zukünftigen Touren erwarten?

Wir können es tatsächlich kaum noch erwarten, endlich wieder zu touren, und wir hoffen sehr, dass die Tournee nächstes Jahr wie geplant stattfinden kann. Auf jeden Fall dürfen die Fans sich darauf freuen, dass wir Metropolis gebührend inszenieren und auf die Bühne bringen werden, und ich glaube, nach all der Zeit ohne Konzerte wird es nur um so intensiver und geiler. Ich freue mich jetzt schon extrem krass darauf!

Wie sehen Eure Pläne für die nächste Zeit und die Zukunft aus?

Wer weiß, vielleicht werden wir noch eine weitere Single und möglicherweise auch noch ein Musikvideo veröffentlichen… Ansonsten fiebern wir natürlich der kommenden Tour entgegen… und ehrlich gesagt ist es jetzt nach diesen wirklich sehr intensiven anderthalb Jahren auch gar nicht so verkehrt, einmal kurz durchzuatmen 😉

Vielen Dank für das Interview. Die berühmten letzten Worte gehören Euch!

Danke für das Interview, wir hoffen, unser neues Album „METROPOLIS“ gefällt euch, wir sehen uns nächstes Jahr auf Tour!

Video: Callejon – Fürchtet euch!

Hier erhältlich
Callejon – Metropolis
Release: 28. August 2020
Label: Warner Music

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