Es ist hart, es ist laut, es ist so kompromisslos, wie man es von den meisten „Untergrundbands“ aus UK gewohnt ist. Das Label TNS Records hat das aktuelle Album der Waliser Grand Collapse herausgebracht – eine Mischung aus oldschool Hardcore und Screamo, gekoppelt mit Elemtenten des Crustpunk und melodischeren Punkrock-Ausläufern. Man muss es definitiv gehört haben, um sich eine ernsthafte meinung zu erlauben. Sänger Calvin spricht mit uns über das aktuelle Album, aber natürlich auch, über die derzeitige Situation der Punkrocker im Vereinten Königreich – über fallende Monumente und über Herne von der Köpi Berlin.
„Die letzten 18 Monaten waren für uns alle sehr hart.“
Hallo Calvin! Wie sieht die Gig Situation derzeit aus, mit Brexit und dazu die Covid-19 Krise?
Alles beginnt sich langsam wieder zu öffnen. Weil das Album für August geplant war, hatten wir einige Shows hoffnungsvoll gebucht und zu unserem Glück haben genau dann die meisten Venues wieder aufgemacht. Wir hatten kürzlich unsere Record Release Party in Bristol, wir spielten in Cardiff mit Discharge und fahren derzeit im September eine voll UK-Tour. Ich bin sehr aufgeregt wieder auf die Straße zu kommen und in kleinen Räumen fremde Menschen anzuschreien!
Was half Euch in Zeiten des Lockdowns gegen die Frustration?
Die letzten 18 Monaten waren für uns alle sehr hart, aber ich kann mich nicht wirklich beschweren, weil ich eben gesund geblieben bin. Während des Lockdowns haben wir uns natürlich auf das Albumschreiben konzentriert, um alles tight zu spielen und fertig für das Studio zu machen. Ich glaube, es hat geholfen, nicht zu viele Ablenkungen zu haben. Wir waren definitiv besser vorbereitet als bei den letzten Alben.
War es eine schwierige Entscheidung ein Album während der Krise herauszubringen?
Es fühlte sich einfach an als wäre es an der Zeit. Das Album hätte schon früher released werden sollen, da wir es bereits im August 2020 im Kasten hatten und wir haben in erster Linie verschoben, weil die Vinylproduktion derzeit sehr lange dauert. Nun ist es gerade dann draußen, als Gigs wieder stattfinden also war alles gut getimed, durch Zufall allerdings.
Im Vergleich zu Euren vorherigen Alben gibt es eine hörbare Verbesserung in puncto Sound und Produktion – was hat sich sonst in Euren Songs geändert?
Der Schreibprozess ist der gleiche geblieben, aber wir haben schon zwei Alben herausgebracht und sind deshalb jetzt viel selbstsicherer mit der Richtung, in die wir gehen wollen. Es war klar, dass wir ein härteres Album machen wollten und die politische Landschaft im UK in den Jahren 2019 und 2020 war so bösartig und finster und das hatte direkten Einfluss auf den düstereren Sound. Wir haben einen breit gefächerten Musikgeschmack und versuchen die Dinge so interessant und dynamisch wie möglich zu halten.
Euer neues Album heißt „Empty Plinths“ – ins deutsche Übersetzt „leere Sockel“ oder „leere Podeste“ – kannst Du mir diesen Titel und den dazugehörigen Titeltrack auf dem Album erklären? Inwiefern repräsentiert er das Album?
Letztes Jahr, während der Black Lives Matter Proteste, gab es eine Aktion in Bristol bei der die Statue eines Sklavenhändlers, Edward Colston, von ihrem Sockel entfernt worden ist. Die „radical history group“ hatte schon seit Jahren darum gekämpft, aber die lokale Regierung hatte nichts unternommen, also haben die Leute die Statue selbst entfernt und in den Hafen gerollt! Es war ein ikonischer Moment in der Geschichte von Bristol, den ich zum Glück mit eigenen Augen sehen konnte. Das alles passiert mitten in unserem Songwriting-Prozess und ich wollte dieses Thema einfach abdecken, weil es aus so vielen Gründen so wichtig ist. Es hat eine Reaktion in der ganzen Welt verursacht und Menschen begannen die Statuen unwürdiger Menschen herunterzureißen. Der Song selbst sinniert über eine Welt ohne solche lächerlichen Monumente, ohne Monarchie, ohne die Kirche. Das Ganze hat eine hoffnungsvolle Message, was für mich Zyniker eher untypisch ist!
Euer Song „Panic Room“ ist sehr persönlich – überhaupt alle Lyrics scheinen sehr durchdacht zu sein. Kannst Du uns etwas über deine Texte erzählen?
Es ist ein persönlicher Song über meinen Kampf mit einigem heftigen Scheiß aus meiner Kindheit fertig zu werden. My Heim war voller Gewalt und Missbrauch gegen Menschen, die ich liebe und eine Person war für das alles verantwortlich. Ich habe nicht wirklich das Verlangen darüber mit irgendjemandem zu sprechen, aber das Ganze in Worte zur Musik zu kleiden hilft auf eine Art. Es ist therapeutisch diese Gefühle durch Hardcore auszudrücken, weil du die Frustration voll rauslassen kannst. Es ist ein kreatives Ventil. Das Meiste am Album ist politisch oder sozialer Kommentar. Es wäre schön über lustige oder weniger schwere Themen zu schreiben, aber ich kann das nicht. Wenn ich nur die kleinste Bühne habe, dann nutze ich sie um meine Gedanken darüber auszusprechen, was wirklich wichtig ist; die Ungerechtigkeit um uns alle herum, die scheiß Institutionen, die diese Welt für ihren eigenen Wohlstand und Wachstum kontrollieren und um gegen Tiermisshandlung und -ausbeutung zu sprechen.
Was können wir in den nächsten Jahren erwarten? Werdet Ihr nach Deutschland kommen?
Auf jeden Fall werden wir sobald die Situation es zulässt wieder nach Deutschland kommen! Wir hatten hier immer so eine tolle Zeit und die DIY Szene in Deutschland ist „on point“! Auf dem letzten Album hatten wir einen Song namens „Though Bloodshot & Blurry“ in dem es um das Touren geht und darum, Aktivistinnen und Aktivisten überall auf der Welt zu treffen. Wir kamen immer sehr inspiriert zurück und versuchen das Gelernte so gut es geht hier umzusetzen. Ein guter Freund von uns, Herne von der Köpi in Berlin ist kürzlich verstorben und wir würden gern zurück nach Berlin um ihm Respekt zu zollen für all die Hilfe, die er uns gab. Wir sind auch gut mit Spitting Nails aus Hamburg befreundet und es wäre super, mit ihnen wieder Gigs zu spielen!
Zum Abschluss: Was ist das Beste in der UK Hardcore Szene?
Knuckledust sind die besten!