Creeper sind zurück. Dabei hatte man zwischenzeitlich nicht mehr wirklich daran geglaubt. Bei ihrem letzten Konzert am 01. November 2018 legten alle Bandmitglieder ihre „Callous Heart“-Jacken demonstrativ am Rand der Bühne nieder und in den sozialen Medien war von Winterschlaf die Rede. Nun, der Winterschlaf ist ja bekanntlich im Frühling zu Ende aber im April 2019 und auch danach gab es kein Lebenszeichen von der Band und die ersten Rufe wurden laut, dass sich Creeper doch aufgelöst haben könnten.
Aber die Band, die die Theatralik so unglaublich gut auslebt und liebt, haben genau ein Jahr nach dem letzten Konzert ihr Rückkehrkonzert am 01. November 2019 unter dem Pseudonym „Fugitives Of Heaven“ gespielt. Kurze Zeit später wurde auch schon das neue Album „Sex, Death & The Infinite Void“ angekündigt, welches jetzt in den Startlöchern steht. Die Frage, die sich nun stellt: Ist es genauso gut wie das fabulöse Debütalbum oder sogar noch besser? Oder tat der Dame und den Herren die Pause überhaupt nicht gut und das Album ist der komplette Reinfall? Finden wir es heraus.
„„Sex, Death & The Infinite Void“ ist ein herausragendes Album geworden, welches zurecht Creeper auf ein ganz neues Level katapultieren werden“
Eine Geschichte über eine zum Scheitern verurteilte Liebe
Creeper haben nicht nur den Hang zur Theatralik, sondern auch zum Geschichten erzählen. Wie der Vorgänger „Eternity, In Your Arms“ hat auch ihr neues Werk eine Geschichte, die erzählt werden möchte. Die Hauptpersonen sind Annabelle und der gefallene Engel Roe, die sich ineinander verlieben, deren Liebe jedoch von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist. Allzu viel soll aber hier nicht verraten werden. Nur soviel sei gesagt: Die Geschichte wird absolut großartig erzählt. Man fühlt sich schon fast ein wenig wie im Musical, so gelungen ist die Präsentation des Erzählten.
Zwischen den Songs gibt es immer wieder kleine Erzählpassagen, die die Handlung weiter vorantreiben und dadurch das Album wie aus einem Guss wirken lassen. Als besonderes Schmankerl konnte die Band für den Anfangsmonolog Patricia Morrison der legendären Goth-Rock-Formation Sisters Of Mercy gewinnen, die fabelhaft in das neue Album einschwört, was uns zu den Songs des Albums bringt.
Kreativität, die keine Grenzen kennt
Los geht’s mit der sofort mitreißenden Nummer „Be My End“, die auf Anhieb richtig gut gefällt. Es scheint, als haben Creeper nichts an Drive verloren und vor allem der Refrain lädt zum lautstarken Mitsingen ein. Mit der ersten Vorab-Single „Born Cold“ geht es etwas weniger schnell, aber genauso energiegeladen weiter.
„Cyanide“ wiederum ist da schon etwas gesetzter und kommt fast ein wenig funkig um die Ecke. Kannte man von Creeper so noch nicht, aber gefällt definitiv und lässt schon erahnen, was für ein Potenzial in der Band tatsächlich noch steckt.
„Annabelle“ wiederum trägt voll und ganz die Handschrift der Creeper, die wir kennen und der Refrain ist wieder dermaßen mitreißend, dass man zusammen mit den Hintergrund-Shouts („God can’t save us!“) von Hannah Greenwood mitgrölen möchte.
Es fällt zwar auf, dass Creeper sich von Ihren Punk-Wurzeln verabschiedet haben, aber das ist keinesfalls negativ und man vermisst es auch nicht beim Hören der neuen Scheibe.
Ein klein wenig zu viel des Guten
Ab „Paradise“, was auch gut in einem Tarantino-Film im Hintergrund laufen könnte, verlässt die Band für etwas länger die bekannten Gewässer und man findet Einflüsse von Nick Cave, David Bowie oder auch Suede. Da liegt auch tatsächlich der einzige kleine Kritikpunkt an dem neuen Werk der Band aus Southampton. Auch wenn die Songs für sich genommen sehr gut ausgearbeitet und komponiert sind, ist es hier und da im Zusammenspiel der Songs nicht ganz passend und hakt ein wenig im Hörfluss.
Ab „Napalm Girls“, welches übrigens wieder mit einem absolut genialen Refrain aufwarten kann, ist das Album aber wieder stimmig unterwegs und gipfelt mit „All My Friends“ in einer Hymne, die dem Fan-Liebling „Misery“ in nichts nachsteht.
Zusammengefasst ist „Sex, Death & The Infinite Void“ ein herausragendes Album geworden, welches zurecht Creeper auf ein ganz neues Level katapultieren wird. Nur der klitzekleine Kritikpunkt verhindert hier die Bestnote, da hat das Debütalbum doch noch ein wenig die Nase vorn. Nichtsdestotrotz kann man jedem das neue Album nur wärmstens ans Herz legen. Ganz großes Kino oder in diesem Fall Musical.