Nach einer langen Zeit des Wartens veröffentlicht die US-amerikanische Band DEFTONES ihr mittlerweile achtes Studioalbum „Gore“. Nach „Diamond Eyes“ und „Koi No Yokan“ bleibt das Fünfergespann seiner Linie treu, verfeinert Altbewährtes dabei merklich und zeigt sich vermehrt kompromissloser als seine Vorgänger.
Im achten Album beweisen die Musiker aus Sacramento wieder einmal, dass es eigentlich kaum möglich ist, einen Fehler mit dem Kauf einer ihrer Platten zu machen: Vollmundig dröhnende Gitarrenwände verbinden sich mit Morenos tiefemotionalem Gesang. Diesen wechselt er kaleidoskopartig zwischen tief verzweifelt zu nahezu spiritualisiert sowie immer wieder durchdringend aggressiv. Auch Gitarrist Carpenter hat trotz (laut Medienerstattung) diversen Unstimmigkeiten ganz klar seinen Platz im Entstehungsprozess und auf dem Album gefunden.
Schon der Titel und das Artwork der neuen Platte sowie der Opener „Prayers/Triangles“ beweisen, dass sich der rote Deftones-Faden wieder einmal um Gegensätzlichkeiten schlingt. Moreno berichtet das Gefühl zu haben, dass es wie immer den „Flirt mit der Dynamik“ und dieser „Yin-und-Yang-Sache“ gibt, „Gore“ allerdings ein wenig anders sei, als seine Vorgänger. Dem kann man nur zustimmen. Die Scheibe hüllt den Hörer viel mehr in verzweifelte, vielleicht sogar depressive Schwaden als seine Wegbereiter; während es sich im nächsten Moment fast paradox kämpferisch, kraftvoll und immer wieder aggressiv entfaltet – so hat es einerseits Bezug zur bisherigen Diskografie der Deftones, bildet aber immer wieder Alleinstellungsmerkmale.
Im Wechselbad zwischen psychedelisch anmutenden Strophen und einem kraftvollen, fast Seelen zerreißenden Refrain eröffnen die Kalifornier „Gore“. Dass sich die Band immer wieder – ohne eine klassische Deadline zu haben – gemeinsam im Studio an ihre Songs machte, war vermutlich für das Album, aber auch die Banddynamik die richtige Entscheidung. Der Sound klingt vollmundig und vermittelt ein stückweit den Arbeitsprozess in Richtung Absolution, was dem Ganzen allerdings einen durchaus massenkompatiblen Beigeschmack gibt.
„Gore“ baut auf den Details seiner Songs auf. „Hearts and Wires“ zieht beispielsweise die Aufmerksamkeit seines Hörers durch das anfänglich gedämpfte, sphärisch wirkende Schlagzeug Cunninghams auf sich. Bei „Xenon“ hingegen stechen quietschende Gitarrenriffs ins Ohr und das weitschweifige „(L)MIRL“ lässt schnell mal an die Kollegen von Limp Bizkit denken. „Phantom Bride“ offenbart wiederum eine wunderbare Symbiose zwischen dem sphärisch schwebenden Melodien des Deftones-Sounds und dem treibenden Gitarrensolo des Alice In Chains – Kollegen Jerry Cantrell, welches sich durch beschriebene Melodien frisst und sich letztendlich im Streitgespräch gegen Carpenters Gitarrenparts stürmisch in die Höhe schraubt. Final holt Moreno nochmal richtig aus und präsentiert „Rubicon“ in wohlbekannter, verzweifelt klingender Manier. Unsäglich erhitzt schreit er gefühlt gegen die Gänze der Ungerechtigkeiten des Seins an – was die Botschaft hinter dem Begriff „Rubikon“ verstärkt und jetzt schon etwas neugierig auf Kommendes warten lässt.
Alles in Allem lädt „Gore“ zum aufmerksamen und immer wiederkehrenden Hören ein. Schnell begeistert, wird die Neugierde geweckt und es überträgt sich ein Prozess, den die Band wohl auch im Großen erlebt haben könnte. Man beginnt genau hinzuhören, entdeckt Neues, hinterfragt Gehörtes und findet immer wieder kleine, spannende Details, die nach und nach ein vollständiges Bild ergeben.
von Maria