Ein Ohm ist eine Messgröße eines Widerstandes in der Elektrotechnik. Diese Definition hat jedoch höchstwahrscheinlich nichts mit dem neuen und mittlerweile neunten Album der Deftones zu tun. Wie der Titeltrack, der vorab veröffentlicht wurde, schon vermuten ließ, wird es düster, was das Video von „Ohms“ sehr visuell mit seinen dystopischen Bildern veranschaulicht.
„Ohne Widerstand begeistert das neue Werk „Ohms“ der Deftones und beweist einmal mehr, warum sie auch nach über dreißig Jahren immer noch nicht wegzudenken sind“
Trauer, Wut und Hoffnungslosigkeit
Das könnte vor allem daran liegen, dass die Band aus Sacramento wieder ins Studio von Terry Date für ihr neuntes Album gegangen ist, um Ohms aufzunehmen. Das letzte Mal waren die Deftones 2008 mit Terry Date im Studio, um ein Album aufzunehmen, was nie das Licht der Welt erblickt hat. Es handelt sich um Eros, welches aufgrund des tragischen Unfalls vom damaligen Bassisten Chi Cheng nie wirklich fertig gestellt wurde. Dass aufgrund dessen eine ganze Menge Trauer, Wut und Hoffnungslosigkeit auf Ohms mitschwingt, liegt also irgendwie zwangsläufig auf der Hand und das ist genau die Stimmung, in der die Deftones schon immer geglänzt haben. „Ohms“ hat ja schon einen kleinen Vorgeschmack geliefert und definitiv eine Menge Lust auf mehr gemacht.
Ein gelungener Spagat
Der Anfang macht, wie in der Bibel, der Song „Genesis“, der mit seichten Synthesizern und einem Gitarrenspiel – welches sehr angenehm an den Anfang von Pink Maggit erinnert – startet, nur um kurz danach richtig loszubrechen. Hier klickt es gleich an allen Ecken. Gitarrist Stephen Carpenter, der übrigens das erste Mal eine neunsaitige (!) Gitarre für die Aufnahmen benutzt hat, legt gleich mit bösen Riffs und ohrwurmverdächtigen Melodien im Refrain los, während Schlagzeuger Abe Cunningham und Bassist Sergio Vega mit ungeheuerlicher treibender Kraft den Song nach vorne preschen lassen. Dazu noch die gut platzierten Synths von Frank Delgado, die wie Summen eines Hornissenschwarms wirken, um den Song noch bedrohlicher wirken zu lassen, und die unverwechselbaren Gesänge und Shouts von Sänger Chino Moreno und schon ist der erste Hit des Albums fertig. Ein Wahnsinnseinstand.
Direkt im Anschluss folgt der Song „Ceremony“, der schon fast hymnenhaft daherkommt und nach mehrmaligem Hören zum klammheimlichen besten Song des Albums avanciert. So facettenreich sind einfach nur die Deftones und die packen hier wirklich einiges aus der Trickkiste aus, was den Song jedes Mal aufs Neue zu einem echten Hörgenuss macht.
Ein Genuss für neue und alte Fans
Ganz anders geht es im Song „This Link Is Dead“ zu, der die Deftones von einer Seite zeigt, die man seit „When Girls Telephone Boys“ nicht mehr gehört hat. Mein lieber Herr Gesangsverein, ist der brachial. Vor allem Chino schreit sich hier dermaßen die Seele aus dem Leib, als ob er vom Teufel höchstpersönlich besessen wird. Wahnsinn.
Tatsächlich gibt es auf dem Album eine Bandbreite an Songs, die sowohl die neueren Deftones-Fans (erste Hälfte des Albums) als auch Fans der ersten Stunde begeistern werden (zweite Hälfte des Albums), ohne dass dies in irgendeiner Art erzwungen wirkt, nur um die breite Masse zu befriedigen. Deftones sind eben die Deftones und sie machen, was ihnen grad in den Sinn kommt. Das war schon immer so und das ist auf „Ohms“ nicht anders und das ist auch gut so.
Fast gleichauf mit großen Alben
Betrachtet man das neue Werk der Band, fällt auf, dass es wieder eine extreme Dichte an herausragenden Songs gibt. Die Qualität erreicht fast durchgehend die der Über-Alben „Diamond Eyes“ und „White Pony“, aber leider auch nur fast. Einzig und allein der Song „Urantia“ reicht nicht an die Qualität der restlichen neun Songs heran und verpasst somit die Bestwertung und vor allem einen Platz neben den beiden besagten Über-Alben, was sich sonst das neue Werk redlich verdient hätte. Ohne Widerstand (Wortspiel beabsichtigt) begeistert das neue Werk „Ohms“ der Deftones und beweist einmal mehr, warum sie auch nach über dreißig Jahren immer noch nicht wegzudenken sind und immer noch die abgefahrenste Alternative-Metal Band auf diesem Planeten sind.
Video: Deftones – Ohms