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Dicky Barrett von The Mighty Mighty BossToneS im Interview

The Mighty Mighty Bosstones

Foto: Lisa Johnson

Kurz vor der Veröffentlichung der neuesten Mighty Mighty BossToneS Scheibe „When God Was Great“ sprachen wir mit Dicky Barrett über das neue Album. Dabei ging es um die Arbeiten am Album, den Support aus der Szene und das dazugehörige Feedback, Brücken zu Rod Stewarts „The Killing of Georgie (Part I and II)“aber auch dem Umgang mit sehr persönlichen und oder emotionalen Songs. Ihr erfahrt bei uns außerdem, welches Hauptthema hinter „When God Was Great“ steckt und warum es zwar keine neue, aber sehr sinnvolle Strategie ist, Liebe besonders dann zu leben, wenn das unmöglich erscheint.

Uns wurde rückgemeldet, dass das Gefühl der Einheit und Liebe zusammen mit den Ska-Beats und – Rhythmen für viele Menschen eine beruhigende Quelle großen Trostes war.

Erzähl uns etwas über die Arbeit am Album? Wann ging es los?

Wir schreiben ständig ganz locker Songs und tauschen musikalische Ideen miteinander aus, aber irgendwann im letzten März, als Covid anfing ein Thema zu werden und die Lockdowns begannen, haben wir das Ganze intensiviert. Es ist schwer zu sagen wie und ich bin mir nicht sicher warum, aber wir wurden sehr produktiv und inspiriert. Die kreativen Schleusen öffneten sich und wir begannen in rasendem Tempo (wirklich gute Songs) zu schreiben.

Wann und in welchen Situationen wurden die Songs für „When God Was Great“ geschrieben?

Wie ich schon sagte – ab etwa März 2020 wurde es ernst und wir begannen Songs darüber zu schreiben, was um uns herum und auch weltweit passierte und wie wir uns dabei fühlten und wie diese Ereignisse uns beeinflussten. Es ist eine sehr observative Sammlung von Songs, die sich in ein sehr scharfsinniges Album verwandelt haben. Alles spielte sich in Echtzeit ab.

Wie empfandet Ihr die Arbeit mit Ted Hutt, Tim Armstrong und TJ Rivera. Glaubst Du, dass es wichtig ist mit „alten Bekannten“ zu arbeiten?

Wir lieben Ted Hutt. Dies ist das vierte Album in Folge, an dem er mit uns gearbeitet hat – die anderen drei waren „Pinpoints and Gin Joints“, „The Magic Youth“ und „While We’re At It„. Er ist ein sehr effektiver und sehr effizienter Produzent, super talentiert und er hat die gleiche Arbeitsmoral wie wir.

Tim Armstrong ist eine Legende und ein guter Freund. Er ist aus dem gleichen Holz, wie die BossToneS und Ted Hutt geschnitzt. Wir teilen dieselben Punkrock-Leidenschaften und sind seit der Zeit, als er mit seiner Band Operation Ivy an der Westküste erfolgreich „Energy“ veröffentlichte und wir vor hundert Jahren unser Debüt „Devil’s Night Out“ im Osten herausbrachten, auf demselben Weg. Sein Beitrag zu „When God Was Great“ war enorm. Wir waren in einer rundum ausgezeichneten Stimmung und es war für uns eine Freude, mit ihm zu arbeiten.

TJ Rivera ist der unbesungene Held des Albums. Ein junger Kerl (alle sind jünger als ich), der die Songs klanglich auf ein ganz anderes Niveau brachte. Ted, Tim, TJ und die Mighty Mighty BossToneS, wir nannten es das „Ska Punk Dream Team“.

Wie seid Ihr zu Hellcat Records gekommen?

Wir riefen Brett Gurewitz von Bad Religion, dem zufällig auch Epitaph Records gehört, an. Denn obwohl wir die letzten drei BossToneS-Platten selbst über unser eigenes Label Big Rig herausgebracht hatten, waren wir immer noch unsicher und wussten nicht, wie man eine Platte veröffentlicht und durch diese turbulenten und beschissenen Zeiten navigiert. Brett wusste es auch nicht, aber er war bereit es zu versuchen und er schien darauf erpicht, eine BossToneS-Platte zu machen. Brett schlug vor, sich mit Tim Armstrong in Verbindung zu setzen. Er hat sein eigenes Studio.

„Wir kontaktierten unsere Freunde und einige unserer Helden“

Welches Hauptmotiv würdest du der Platte zuordnen und was genau bedeutet dieser „collective sense of loss” für Euch?

Wir waren durch all das, was gerade auf der Welt passierte motiviert und wir haben musikalisch dokumentiert, wie sich diese Ereignisse für uns angefühlt haben. Das haben wir gemacht, so gut wir konnten.

Seid Ihr so auch zu dem Albumamen gekommen?

Der Song „When God Was Great“ spielt in Cambridge Massachusetts, der Heimat der Harvard University und der Heimatstadt der BossToneS Joe Gittleman, Ben Carr, John Goetchius und Nate Albert. Es ist ein Coming-of-Age-Song und sein Titel bedeutet im Grunde „als die Dinge besser waren“.

Woher kommt das Wechselspiel mit den Albumtiteln der Bosstones Platten?

Es gibt elf Mighty Mighty BossToneS Alben. Das erste ist „Devil’s Night Out“ es gab einen Song auf dem Album namens „Devil’s Night Out“. Das nächste Album hieß „More Noise and Other Disturbances“, da gab es keinen Titelsong. Ich fuhr einfach damit fort abwechselnd einen Titeltrack und keinen Titeltrack zu haben, bis hin zum BossToneS Album elf „When God Was Great“. Ich hoffe, das ist nicht verwirrend.

Wen bekommen wir auf „When God Was Great“ alles zu hören und wie kam es zu den Kollaborationen?

Wir kontaktierten unsere Freunde und einige unserer Helden und fragten sie, ob sie Teil eines Songs sein wollten, den wir unter dem Namen „The Final Parade“ schrieben. Ein achtminütiger Knaller, auf den wir richtig stolz sind.

„Während Rom brannte, wollten wir die Welt wissen lassen, dass die BossToneS und ihre Freunde mit Skanking & Cranking beschäftigt sind.“

Stimmt es, dass es eine Zeit gab, in der der Song 15 Minuten umfasste?

Ja, aber er hatte nur für vielleicht 15 Minuten eine Länge von 15 Minuten.

„The Final Parade“ kann im ersten Moment das Gefühl eines Endes auslösen, aber es steckt so viel mehr in diesem Song, den Ihr mit dieser ganzen Menge Szene Held*innen aufgenommen habt. Erzählt uns was darüber.

Während Rom brannte, wollten wir die Welt wissen lassen, dass die BossToneS und ihre Freunde mit Skanking & Cranking beschäftigt sind. Business as usual sozusagen und einem „alles ist gut“ Gefühl. Uns wurde rückgemeldet, dass das Gefühl der Einheit und Liebe zusammen mit den Ska-Beats und -Rhythmen eine beruhigende Quelle großen Trostes für viele Menschen war.

Gibt es Künstler mit denen Ihr unbedingt zusammenarbeiten wolltet?

Wir haben versucht Suggs von Madness zu erreichen und er sagte uns, wir sollten uns verpissen. Das stimmt natürlich überhaupt nicht, er war beschäftigt und  schickte liebe Grüße.

Wieso bekommt der Rod Stewart Song „The Killing of Georgie (Part I and II)“ bei Euch eine Fortführung? Erzähl uns bitte etwas über die Zusammenhänge und Hintergründe des Songs.

Der Song wurde einige Tage nach dem Tod von George Floyd geschrieben. Es geht nicht so sehr um George und das, was ihm passiert ist sondern eher darum, wie die Menschen auf das reagiert haben, was mit ihm passiert ist. Wir waren und sind immer noch ohne wirkliche Führung bzw. Menschen die wissen, was zu tun ist und uns helfen können unseren Weg durch die Dunkelheit zu finden. Als Martin Luther King (ein großartiger Mann) ermordet wurde, hielt Robert Kennedy (ein anderer großartiger Mann) eine Rede, die vielen Menschen zumindest ein kleines Stück Trost und einen Hoffnungsschimmer gab – natürlich wurde auch er getötet. Diese Tage sind vorbei. Ich kann Dir nicht sagen warum, aber wir gehen in die falsche Richtung.

„The Killing of Georgie (Parts I & II)“ war ein sehr mutiger Song für einen Typen, wie Rod Stewart, als er den 1976 schrieb und aufnahm. Er hat damit, trotz der Angriffe, die er wahrscheinlich erleiden musste, genau das Richtige gemacht. Es war wahrscheinlich ein bisschen arrogant von mir zu denken, dass ich das Recht habe Teil III zu schreiben, aber es fühlte sich so an, dass die Ungeheuerlichkeit des Ereignisses und die tragischen Umstände mir grünes Licht gaben.

„Man sollte aber keine Angst haben.“

Was geht einem durch den Kopf, wenn man mit Worten arbeitet, die geschichtlich so viel Bedeutung haben?

Es fühlt sich gleichzeitig beängstigend und äußerst wertvoll an. Man muss einfach den Kopf schützen und nach vorne stürmen.

Habt Ihr das Gefühl es gibt gerade einen gesellschaftlichen und politischen Wandel? Wie nehmt Ihr das wahr?

Das scheint ja immer irgendwo im Gange zu sein und manchmal auch überall. Ich habe das Gefühl, dass etwas viel Größeres, als ich es überhaupt begreifen kann, in irgendeiner Weise stattfinden wird. Es ist vermutlich gut auf Sicherheit zu bauen, man sollte aber keine Angst haben.

„The Truth Hurts“ beschäftigt sich mit dem Tod eines engen Freundes. Verarbeitest Du die damit verbundene Gefühle über das Texten und was geht in dir vor, wenn Du diese Songs live spielst? Ich stelle mir das als ein riesiges emotionales Feuerwerk vor.

Das trifft es wohl ganz gut. Songs zu spielen, die für mich persönlich sind, ist immer eine interessante Erfahrung. Man muss den Song die Emotionen aufarbeiten lassen, die der Auslöser für die Entstehung des Songs waren, sonst ist er nur ein minderwertiges Exemplar.

„Das ist das Hauptthema von ‚When God Was Great'“

Family and friends get together again“ – wie war die Arbeit mit Euren Kindern?

Das ist das Hauptthema von „When God Was Great“ und alles, was ich mit meinen Kindern mache, ist für mich pure Freude – so kitschig das auch klingen mag. Ich werde Dir die vier bis fünf Stunden ersparen, die ich darüber berichten könnte, wie wunderbar sie sind und wie sehr ich sie liebe.

Was wünschst Du Dir für diese Welt?

Ich hoffe, wir finden einen Weg, die Spaltung zu beenden. Sich auf das zu besinnen, was wir teilen und was wir gemeinsam haben. Die Unterschiede zu respektieren und zu schätzen. Liebe zu leben, wann immer es möglich ist und es auch dann zu versuchen, wenn es unmöglich erscheint. Nichts davon ist neu und es ist auch keine neue Strategie. Wir sind im Moment einfach sehr verloren und ich hoffe, dass wir unseren Weg finden werden.

Das letzte Wort hast Du!

Peace!

Video: The Mighty Mighty BossTones – The Killing of Georgie (Part III)

Hier erhältlich
The Mighty Mighty Bosstones – When God Was Great
Release: 07. Mai 2021
Label: Hellcat Records

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