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Dritte Wahl – 10

10

Kurz vor ihrem 30-jährigen Bandjubiläum präsentieren Dritte Wahl ihr zehntes Studioalbum. Passenderweise trägt das neue Schmuckstück den Namen „10“ und erscheint auf dem bandeigenen Label Dritte Wahl Records. In der Vergangenheit ließen Alben der Rostocker gern bis zu fünf Jahre auf sich warten. Nun präsentiert der Vierer – innerhalb sportlicher zwei Jahren nach „Geblitzdingst“ – seinen neuen Tonträger.

Die Band über das Album:

„Die Songs haben sich wie von selbst geschrieben und waren einfach deutlich schneller fertig. Wir hatten sogar mehr Material beisammen als nötig gewesen wäre. Da eine Auswahl zu haben, war auch eine schöne Sache. Sowohl auf der letzten Platte, als auch auf 10 sind die Songs einfach ‚passiert‘. Wir haben nichts forciert oder gewollt, sondern einfach geschehen lassen. Und deswegen klingt 10 insgesamt etwas rauer, etwas mehr nach Punkrock.“

Der perfekte Spagat zwischen den bandtypischen Wurzeln und einer absolut authentischen Weiterentwicklung

„10“ lässt sich in keiner Qualität lumpen. Schnell geht es gesellschaftskritisch hoch her. Dritte Wahl gehörten noch nie zu den Bands, die den Mund hielten und so beschäftigt sich bereits der Opener „Scotty“ mit der Diskrepanz, in der sich aktuell jeder Normaldenkende befinden sollte. „Die Menschen hauen hier einfach alles kurz und klein, wenn ich mich umschaue fällt mir nichts mehr dazu ein“ , mahnt die Band die bestehende Kurzsichtigkeit, Oberflächlichkeit und Ignoranz der Sippschaft an und bleibt der Thematik über einen Großteil des Albums treu.

Musikalisch halten Dritte Wahl den perfekten Spagat zwischen ihren bandtypischen Wurzeln und einer absolut authentischen Weiterentwicklung, auf einer leicht experimentellen Grundlage. Der Titel „Zum Licht Empor“ lässt den Hörer jedoch aufhorchen. Musikalisch gewagt, wird es umso wichtiger, den Text genau zu inhalieren. Der Refrain erinnert dann jedoch schnell an das Arbeiterlied „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“, welches erstmals 1898 von politischen Gefangenen auf dem Marsch in die sibirische Verbannung gesungen wurde. Parallelen darf hier jeder selbst entdecken.

Darauf einen Korn!

Abwechslung gibt es bei dem erinnerungsgeschwängerten Song „So Lange Her“ oder der verzweifelten Piratenhymne „Runde um Runde“ . Trotz, dass sich hier thematisch vorerst von der politischen Ebene distanziert wird, holt einen diese jedoch schnell in aller Konsequenz ein. Frust, Resignation, Hoffnungslosigkeit scheinen das Resultat eines jeden Kampfes zu sein. Darauf einen Korn!

„10“ steckt voll mit Haltung und Aussage. Schlägt man sich immer wieder mit der „Ja, ist das denn überhaupt noch Punk“-Diskussion rum, muss man sich mittlerweile wohl mehr und mehr bewusst machen, dass es für die Szene immer wichtiger wird Reflexion, Standhaftigkeit und Tiefgang zu fordern. Oberflächlich können die Anderen. Das ist auch Frontmann Gunnar Schröder bewusst:

Für mich bedeutet Punksein, genauso zu leben, wie ich will, dabei aber möglichst wenigen Leuten zu schaden. Was in unserer globalisierten Welt schon schwer genug ist. Aber ich kann nicht immer nur darüber singen, wie scheiße alles ist, ich muss auch was tun. Der erhobene Zeigefinger ist einfach nicht mein Ding. Ich muss nicht vorpreschen und den Leuten sagen, was sie zu tun haben. Ich kann aber mit meinen Texten zum Nachdenken anregen. In schwierigen Zeiten wie diesen, in denen es keine einfachen Lösungen gibt, kann es wichtig sein zu sagen, wo man steht.“

In gerade einmal zwei Jahren, schaffen es Dritte Wahl mit „10“ ein absolut rundes, angenehm durchdachtes und forderndes Deutschpunkalbum zu entwickeln. Es bedarf vermehrtes Hören, bis annähernd das Gefühl entsteht, „10“ verstanden zu haben. Ob Mitgrölhymne oder diesem gewissen Straßenkampfsound – Dritte Wahl liefern mehr als solide ab. Da kann die nächste Tour gerne kommen!

Maria

Bei Maria reichen sich Punk und Politik nicht einfach nur die Hand, sie liegen sich quasi eng umschlungen im Arm und trinken Schnäpschen auf die alten Zeiten. Wenn sie nicht gerade davon träumt durch die Welt zu reisen, ihrem Ärger auf Demos Luft macht oder ihrem Weltschmerz nachhängt, testet sie die neuesten Eiskreationen der Stadt, träumt vom Sommer und von Festivals oder sortiert ihre Platten zwischen der Terrorgruppe, Wizo, Propagandhi und No Use For A Name.

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Maria

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