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Exklusives Tourtagebuch: Desasterkids

Desasterkids Tourtagebuch Superhuman Tour

Foto: Michel Ludwig

Die Berliner Metal Band Desasterkids hat gerade ihre erste Headlinertour beendet, auf der sie ihr aktuelles Album „Superhuman“ (CD-Review) live vorgestellt haben. In unserem exklusiven Tourtagebuch geben die Desasterkids einen Einblick in ihre Tour.

 

Kaiserslautern, Freitag 31. August 2018

„Frustration macht sich breit. Wir sind mit unserem Latein am Ende…“

Tourauftakt oder auch: Pain In The Ass

Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage. Doch dann gibt es auch Tage wie Tour-Auftakte. Nach wochenlanger Vorbereitung und Planung fühlt man sich gewappnet, zur ersten Show seiner Tour zu fahren. Bevor ich anfange, möchte ich vorab diesen Tag in einem Satz beschreiben: „PAIN IN THE ASS“.

Um 08.00 Uhr ist Abfahrt in Berlin. Alle sind motiviert und haben Bock. Keine halbe Stunde auf der Autobahn, schon meckert der Sprinter: „Batterie defekt“. Wir fahren raus und rufen den ADAC. Um die Laune hoch zu halten, holt Iain seine Akustik-Gitarre heraus und spielt dem ADAC-Mann ein Lied vor. Es wurde nichts festgestellt und wir durften weiterfahren. Nun mit einer Stunde Verspätung wurden Pinkelpausen gestrichen und die großen Volvic Flaschen frei gemacht. Doch Urinieren war nicht das Problem. Unserem Ersatzgitarrist Vince wurde plötzlich schlecht. Da keine Ausfahrt in Sicht war, hieß es: Plätze tauschen und Fenster runter. Es war ein wenig wie bei Jackass. Wie sich später herausstellte – und Tommy und Iain am eigenen Leib erfahren durften – hatte Vince den Noro Virus verschleppt.

Foto: Michel Ludwig

„Die Leute haben Bock. Das muntert uns auf!“

Bei Frankfurt ereilt uns die nächste Panne. Das Bordnetz fällt aus. Wir fahren erneut heraus und rufen den ADAC. Iain übt schon mal den Song, dem er dem nächsten ADAC Menschen vorspielt. Die Diagnose diesmal: Lichtmaschine kaputt. Wir können nicht mehr weiterfahren. Die Nerven liegen trotz musikalischer Einlagen blank. Es ist auch mittlerweile 16.00 Uhr und wir sollten schon längst in Kaiserslautern sein. Andi ruft bei Europcar an. Einen Sprinter hat keiner mehr, aber einen Vito. Der Sprinter wird umgeladen; in seinen kleinen Bruder Vito passt erstaunlicherweise alles rein. Die Sitzplatzsituation ist jedoch deutlich beengter. Pünktlich zum Einlass kommen wir am Club an. Dumm nur, dass wir nicht als Zuschauer gekommen sind. Sorry auch noch einmal hier an alle die auf das Meet & Greet gewartet haben – wir holen das auf jeden Fall nach! Die Vorband war schon aufgebaut und gecheckt. Für uns hieß es nur noch, unser Master Rack durchzuchecken. Alles funktioniert bis auf die Midi Befehle unserer Kemper. Frustration macht sich breit. Wir sind mit unserem Latein am Ende. Bananen müssen unsere Wut entgegen nehmen. Also schalten wir heute manuell. Wenn der Fehler nicht in der Software liegt, sollte man auch die Hardware checken. Es war am Ende das Midi Kabel, welches defekt war.

Angeschlagen geht es auf die Bühne und man versucht den Tag mit seinen Songs zu überspielen. Die Leute haben Bock. Das muntert uns auf. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Wir haben vergessen unseren Laptop mit Strom zu versorgen und es wird trocken weiter gespielt. Hiermit landen wir wieder am Anfang der Geschichte: „PAIN IN THE ASS“
Danke, Kaiserslautern – es war trotzdem schön bei Euch!

Stuttgart, Donnerstag 13. September 2018

„Das war ein echt besonderer Moment für uns“

Foto: Michel Ludwig

„Über den Aufschlag geht es nicht hinaus…“

Nach sieben Stunden DLF mit interessanten kulturellen, weltpolitischen und wirtschaftlichen Beiträgen und Diskussionen endet die 680 km Autobahnstrecke von Berlin nach Stuttgart. Schön habt Ihr es hier! Erinnert uns an Berlin Mitte. Liebe Schwaben, wenn Ihr Mitte schon bei Euch habt, hört doch bitte auf, nach Berlin zu kommen und unsere Mietpreise zu erhöhen.

Spaß beiseite – im Juha West haben wir das letzte Mal vor fünf Jahren zusammen mit Heights und Shields auf einer unserer ersten Touren vor 10 Leuten gespielt. Da wir eigentlich mit mehr Stau und bayrischen Polizeikontrollen gerechnet hatten, kamen wir viel zu früh an. Deswegen haben wir uns Tischtennisschläger geschnappt und eine Runde Tischtennis gespielt, bis wir eingesehen haben, dass wir alle nichts drauf haben und es über den Aufschlag nicht hinausgeht.

„Für uns eine fette Steigerung seit 2013!“

Da Sport bekanntlich hungrig macht, ging es an die Snacks. Also wird sich ein glutenfreies Toastbroat mit Kürbisaufstrich, veganer Wurst und Pizzaschmelz geschmiert. Vegan ist der neue Lifestyle, den Desasterkids auf dieser Tour voll ausleben. Nachdem der Soundcheck durch ist, wird sich in den Backstage verkrochen. Das örtliche Bier inspiziert. Stuttgarter Hofbräu – kann man machen. Euphorisiert von den guten Vibes der letzten Tage sollte dies auch nicht das letzte Bier an diesem Abend werden. Kurze Zeit später trudeln auch Venues ein, mit denen wir das letzte Mal auf der Springbangers Tour 2017 unterwegs waren. Fühlte sich an, als wäre seit der letzten Tour kein Tag vergangen und man macht da weiter, wo man aufgehört hat, nur mit neuem Album und vor seinen eigenen Fans. Auf dem Meet & Greet treffen wir einen Fan, der sich ganz stark bei Andi bedankt, dass er so offen mit seiner Homosexualität umgeht. Er selber ist bisexuell und fand Kraft durch uns, das offen aussprechen zu dürfen. Das war ein echt besonderer Moment für uns.

Venues heizen Stuttgart ordentlich ein. 136 Leute stehen im Club; das ist für uns eine fette Steigerung seit 2013. Dann sind wir endlich dran. Die Stimmung ist bombastisch. Ab Zeile eins singen die Leute aus der ersten Reihe mit. Es wird gesprungen, Hände fliegen in die Luft, doch der atemberaubendste Moment ist, als alle Leute im Saal ihre Handys herausholen und ihre Taschenlampe anmachen, um zu „Dead On The Inside“ mitzuwippen. Nach „#sicksicksick“ haben die Leute noch nicht genug und schreien nach einer Zugabe. Also feuern wir noch einmal zwei Songs hinterher. 
Stuttgart – das war der Wahnsinn!

Foto: Michel Ludwig

Köln, Samstag 15. September 2018

„Wir wären nicht Desasterkids, wenn nicht irgendetwas schief gehen würde“

„Wie beim Boxenstopp bei der Formel 1“

Am Vortag waren wir in München. Wie das so üblich ist im Backstage in München, gibt es auf dem Gelände irgendwo eine Aftershow-Party. Während der eine Teil von uns zeitig ins Bett kriecht, geht die andere Hälfte noch ausgelassen feiern. 
Dieses Mal sind wir ohne Polizeikontrolle aus München herausgekommen. Doch zu früh gefreut: Nach sieben Jahren passiert es – unser erster Auffahrunfall. Während Iain immer noch um sein Leben schreit, rufen die anderen die Polizei und machen eine Schadensaufnahme. Es ist Gott sei Dank nichts Schlimmes passiert. Kein Personenschaden. Während wir am Seitenstreifen auf die Polizei warten, überholen uns Venues, die eigentlich schon zwei Stunden vor uns losgefahren sind. Keine Ahnung, wo die immer langfahren. Sie fahren die nächste Raststätte sofort runter und rufen uns an, ob bei uns alles in Ordnung ist. War es.

Wir dürfen kurze Zeit später weiterfahren. Wir schaffen es trotzdem noch pünktlich zum Soundcheck in Köln. Wir spielen zum ersten Mal im Tsunami Club. Selbst Andi, der den Großteil seines Lebens in Köln verbracht hat, kennt den Club nicht. Als wir in Köln ankamen und zum Club fahren wollen, stellen wir fest: Das ist gar nicht so einfach. Die Kölner Südaltstadt feiert sich aus irgendeinem Grund selber. Da es sowieso fast nur Einbahnstraßen gibt, macht es das nicht einfacher. Vor dem Club angekommen, heißt es „Ihr habt 10 Minuten zum Ausladen.“ Der Grund ist, dass in der Einbahnstraße, in der wir stehen, Linien Busse im 10 Minuten Takt fahren. Mit unserem Sprinter in der Straße blockieren wir also die Fahrbahn. Kaum geparkt, kommt auch schon der erste Bus. Also noch einmal um den Block. Beim zweiten Anlauf stehen alle schon wie beim Boxenstopp bei der Formel 1 bereit und wir haben es tatsächlich geschafft, alles in 10 Minuten auszuladen. Die Parksituation für unseren Van ist demnach bedingt durch das Straßenfest auch nicht so einfach. Andi fährt den Van 15 Minuten weg vom Club.

Foto: Michel Ludwig

„Eine schreit Frau merkwürdige Sachen durch ein Megaphon. Wir aus dem Osten kennen das“

Das Laden hat aber noch kein Ende. Der Club hat eine gefühlte 15 Meter tiefe Treppe, an der wir unsere Sachen heruntertragen müssen. Einige blaue Flecken später ist auch das geschafft. Der Club ist gemütlich. Der Backstage so groß wie die Besenkammer, in der Boris Becker sein Kind gezeugt hat. Darauf erstmal ein Kölsch. Vor dem Club standen schon bei unserer Ankunft Fans, die auf das Meet & Greet warten. Deswegen beeilen wir uns mit dem Aufbau und dem Soundcheck. Venues kamen übrigens später an als wir. Ich glaube mittlerweile, die fahren rückwärts. Nach dem Meet & Greet gehen wir um die Ecke etwas essen. Tommy mit seiner beherzten Art hat einige extra Wünsche zu seiner Bestellung. Die Kellnerin lässt ihn ganz schön abblitzen. 
Gestärkt geht es zurück zum Club.

Plötzlich stehen viele ältere Menschen da. Erst dachten wir, viele Fans haben ihre Eltern draußen warten lassen, doch dann schreit eine Frau merkwürdige Sachen durch ein Megaphon. Wir aus dem Osten kennen das. Aber eine Montagsdemo auf einem Samstagabend? Wie sich später herausstellte, handelte es sich um ein Theaterstück, was im Freien aufgeführt wird. Schande über uns, dass wir so wenig Intellekt haben, diese Kunst auf Anhieb zu verstehen. 
Egal, ab auf die Bühne. Es war kochend heiß! Viele bekannte Gesichter aus Koblenz in der ersten Reihe. Es war mal wieder genial, aber wir wären nicht Desasterkids, wenn nicht irgendetwas schief gehen würde. Zu „Dead On The Inside“ holt Iain seine Akustik-Gitarre heraus und die Klinkenbuchse verschwindet im Korpus. Zum Glück beherrschen wir Krisenmanagement und Andi sponsert sein Mikrofon, um die Gitarre abzunehmen. Nach der Show mussten wir den Club schnell räumen – alles wieder 15 Meter nach oben. Draußen warteten noch ein paar Fans, die mit uns abhängen wollten. Das gefiel dem Club gar nicht. Der Türsteher forderte die Leute mit einem beherzten „PSSSSCHT“ auf ruhiger zu sein, da sonst die Nachbarn sich über den Club beschweren und das 5000€ kostet. Die alkoholisierte Menge fand das natürlich sehr witzig. Boxenstop-mäßig schaffen wir es unter den Umständen den Bus in 5 Minuten einzuräumen. Vor unserem Hotel warteten noch ein paar Freunde, mit denen wir dann bis nachts um 03.00 Uhr draußen gequatscht haben. Köln – danke für diesen erlebnisreichen Tag!

Foto: Michel Ludwig

Einen Bericht samt Bildergalerie zur Show der Desasterkids im Lux Club in Hannover findet Ihr hier.

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