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Max Bobzin von Feine Sahne Fischfilet im Interview

Feine Sahne Fischfilet

Foto: Bastian Bochinski

„Wie viele Alben Du verkaufst, ist kein Argument für Dich. Dass Du Dich darüber definierst ist ein Armutszeugnis.“ – Waving The Guns

Das aktuelle Feine Sahne Fischfilet Album „Sturm & Dreck“ steigt direkt auf Platz drei der Deutschen Album-Charts ein. Wie ging es Euch, nachdem Ihr zum ersten Mal davon gehört habt?

Wir waren natürlich vollkommen baff. Man mag ja von diesem Chart-Zirkus halten was man möchte, wir haben uns trotzdem darüber gefreut, weil es auch eine Bestätigung für unser Werk ist. Aber um es mit den Worten von Waving The Guns zu sagen: „Wie viele Alben Du verkaufst, ist kein Argument für Dich. Dass Du Dich darüber definierst ist ein Armutszeugnis.“

Was versteckt sich hinter dem Albumtitel „Sturm & Dreck“?

Der Albumtitel steht stellvertretend für stürmische und dreckige Zeiten in denen wir uns gesellschaftlich befinden. Wenn es okay oder normal zu sein scheint, dass überall auf der Welt Rechtspopulisten aus dem Boden sprießen, dass AfD-Politiker die verbale Hemmschwelle „aus Versehen“ immer weiter senken und Naziangriffen den Weg ebnen, dass deutsche Waffen Kurden und Türken töten und dann auch noch Flüchtlingsheime angezündet werden, dann läuft irgendetwas verkehrt. Aber der Titel steht auch für „Mund abwischen, weitermachen!“ Denn vor allem mit Stagnation und Resignation wollen wir uns nicht abfinden. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt alles stehen und liegen zu lassen, sondern eigene, positive Akzente zu setzen.

„Wichtig ist, dass man sich bewusst wird, dass man nicht alleine da steht und sich vernetzt“

„Sturm & Dreck“ ist unfassbar druckvoll und sehr, sehr nah an Euren Live-Shows. Das ist eine klare Neuerung im Vergleich zu den Vorgängeralben. Was habt Ihr dieses Mal anders gemacht?

So ziemlich alles. Wir haben das Album mit anderen Leuten gemacht, haben es nicht wie beim letzten Mal am Stück, sondern in kurzen zwei bis drei Tagesblöcken aufgenommen, um parallel Festivals spielen zu können und ausgeruhter zu sein. Das Studio ist ein komplett anderes gewesen, mitten in Berlin und wir haben einen Produzenten an der Hand gehabt der uns vom Proberaum bis zu Release kritisch und unterstützend zur Seite stand. Wir haben auch nicht nachdem die Songs fertig waren nochmal ein halbes Jahr Reflektionszeit eingeplant, sondern sind quasi direkt als der letzte Song fertig war ins Studio gegangen. Einige Texte sind sogar erst im Studio entstanden. Dadurch haben wir den Moment besonders gut einfangen können und das Album nicht zerdacht oder kaputt gewerkelt.

„Willkommen im Dreck der Zeit“: Feine Sahne Fischfilet transportieren immer wieder ein Gefühl des Aufbruchs, der Solidarität, Euphorie und Dankbarkeit über das Album „Sturm & Dreck“. „Es ist für alle Leute, die noch nicht komplett im Arsch sind“, erklärt Ihr im Booklet weiter. Was kann man konkret machen, um aktiv zu werden? Wie geht man das Ganze an, um wirklich etwas zu bewegen?

Unser Appell an die Leute ist, dass sich jeder nach seiner Fasson einbringen und aktiv werden kann. Wenn Du geile Filme drehen kannst, nutze das, um Leuten kritische Themen näher zu bringen. Wenn Du genial kochen kannst, bekoche Leute bei politischen Events. Wenn Du gut reden kannst, bringe Deine Argumente auch mal in unangenehmen Umfeldern hervor. Egal ob Künstler, Jurist oder Arzt. Wichtig ist, dass man sich bewusst wird, dass man nicht alleine da steht und sich vernetzt. Wir haben keinen Bock auf Isolation und Abschottung.

„Alles auf Rausch“: Wie ist es plötzlich eine der „angesagtesten“ Punkbands dieses Landes zu sein und Termine bei der Tagesschau oder 1live zu haben und ein Teil der Dschungelcamp-Musik zu sein?

Wir feiern darüber. Wir haben immer gesagt, dass wir so viel nur geht mitnehmen wollen an medialer Aufmerksamkeit. Das haben wir immer so gemacht, das machen wir bestimmt noch eine Weile weiter.

„Auch bei Feine Sahne Fischfilet geht es um Bedrohung, Ängste und Hilflosigkeit“

Wie hat sich eigentlich Eure Beziehung zum Verfassungsschutz entwickelt und ist der damalige Eintrag nach wie vor spürbar oder verändert der gewachsene Bekanntheitsgrad die Thematik beziehungsweise macht sie vielleicht sogar hinfällig?

Die haben uns einen kräftigen Bekanntheitsschub gegeben. Wir sind aber nicht dankbar dafür, sondern verachten diese Behörde, die über Jahre Nazistrukturen aufgebaut und finanziert hat und die Aufklärung der NSU-Morde verhindert, zutiefst. Von denen wollen wir nicht gemocht werden, sondern sie gehören abgeschafft. Allein schon durch interne Leitlinien wie „Quellenschutz vor Opferschutz“ machen sie sich überflüssig, wenn sie nicht dazu imstande sind Verbrechen, von denen sie vorzeitig erfahren, zu verhindern, nur weil ein Nazi-V-Mann geschützt werden muss.

Feine Sahne Fischfilet kommen im April diesen Jahres auf die Kinoleinwand: Was gibt es über „Wildes Herz“ zu erzählen und was erwartet die Zuschauer?

Dazu dürfen wir nicht viel verraten und wollen auch niemanden spoilern, aber nur so viel: Es ist eine Dokumentation, die uns über drei Jahre begleitet hat und nicht nur den Werdegang der Band, sondern vor allem unsere Eigeninitiative nachzeichnet und intime Einblicke gibt. Es kommt auf jeden Fall auch vor, warum Monchi als Jugendlicher bereits hoch verschuldet war.

„Angst frisst Seele Auf“ ist nah an Fassbinders Melodrama „Angst essen Seele auf“: Fremdenfeindlichkeit, das Bild und die gesellschaftliche Rolle der Frau und besonders Ängste spielen sowohl bei Feine Sahne Fischfilet, als auch Fassbinder eine Rolle. Gleichermaßen ist es eine sehr persönliche Geschichte, die Ihr erzählt. Was steckt dahinter?

Der Titel ist eine Anlehnung an Fassbinders Werk und hat auch inhaltlich eine Parallele. Denn auch bei uns geht es um Bedrohung, Ängste und Hilflosigkeit. Wenn eine Naziband davon singt wie sie eine gute Freundin von uns abschlachten will, dann ist das schwer wegzustecken. Wir sind froh, dass wir das mit Musik ausdrücken können und stehen an der Seite von allen Opfern rechter Gewalt.

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