Frank Turner ist mit seiner Band The Sleeping Souls im Capitol in Hannover zu Gast, um sein neues Album “Be More Kind” vorzustellen. Die Vorfreude der Hannoveraner, den britischen Musiker, auf der Bühne in der Landeshauptstadt zu sehen war im Vorfeld groß. Die Show ist seit Wochen ausverkauft. Die Show eröffnen Xylaroo und Pup.
„Das ist eine verdammte Punkrockshow!”
Texte werden mitgegrölt und Arme in die Höhe gerissen
Schon eine Stunde bevor sich die Türen des Capitol in Hannover öffnen, versammeln sich die ersten Fans, um sich einen guten Stehplatz zu sichern. Es ist 19.30 Uhr und das Capitol schon gut gefüllt. Xylaroo wärmt das Publikum mit ein paar Songs auf. Unter anderem spielen sie eine Cover Version des Red Hot Chili Peppers Song “Under the Bridge”. Eine halbe Stunde später stehen auch schon die kanadischen Punkrocker PUP auf der Bühne. Jetzt wird es schon richtig warm im Inneren denkmalgeschützten Backsteinhochhauses. Einige im Publikum scheinen extra für die Kanadier zum Konzert gekommen zu sein. Texte werden mitgegrölt und Arme in die Höhe gerissen. Das bestätigt sich, als Sänger Stefan Babcock das Publikum fragt, ob sie jemand schon kennt. Ein lautes “Yeah” ist die eindeutige Antwort.
“Be More Kind” – die Botschaft des heutigen Abends
21.00 Uhr ist es endlich soweit. Das Intro beginnt, Lichtblitze durchfluten den Raum, ein lautes Jubeln erhellt das Capitol und dann steht Frank Turner, der Gentleman des Punkrock, auch endlich auf der Bühne und feuert „1933“, die Hymne der aktuellen Platte, von der Bühne. Die Empore des Capitol beginnt im Takt zu beben. Das letzte Deutschlandkonzert ist etwas über ein Jahr her. Der letzte Besuch in der Landeshauptstadt noch länger. Da wundert es nicht, dass die Stimmung sofort ausgelassen ist.
“Der Grund aus dem wir heute hier sind ist, dass wir euch wirklich vermisst haben”, lässt Turner das Publikum wissen. Außerdem wünscht sich der smarte Musiker, dass die heutige Show eine Punkrockshow wird. “Be More Kind” ist aber nicht nur der Titel des aktuellen Albums (KreuzverHör), sondern auch die Botschaft, die er auch am heutigen Abend vermitteln möchte. Das bedeutet aufeinander Acht zugeben. Jeder soll ein Teil der Musik werden. Er selbst gibt dabei sein Bestes, das Publikum in jeden seiner Songs einzubinden. Zu “Brave Face” erzählt er, dass er dabei einen Gospelchor im Kopf hatte. Da es aber sehr teuer ist, einen Gospelchor mit auf Tour zu nehmen, wird das Publikum aufgefordert diesen Part zu übernehmen. Die Fans erfüllen diesen Teil nur zu gern. Und so erschallt, im Publikumschor vereint, der Refrain des Liedes.
“Willkommen zur Show Nummer 2272”
Auch nach zwanzig Jahren auf der Bühne, ist dem 36-jährigen keine Überheblichkeit anzumerken. Äußerst sympathisch gibt er seine Deutschkenntnisse zum Besten.
Später fällt ihm noch ein Satz ein, den er extra geübt hat, aber beinahe vergessen hätte: “Willkommen zur Show Nummer 2272”.
Show Nummer 2272 zeichnet sich durch einige besondere Momente aus:
Bei “Be More Kind” steht er das erste Mal so gut wie allein mit seiner Gitarre auf der Bühne, nur mit Scheinwerfer und Akustikgitarre. Die Wand beleuchtet mit dem Titel des Songs. “Eulogy”, den ihm ein Fan im Jahr 2013 adaptiert hat, singt er auf deutsch. Geschichten werden erzählt, zum Beispiel wie er den PUP Bassisten auf einem Schiff kennengelernt hat. Diese Geschichte führt dazu, dass Bassist Tarrant Anderson, mit dem er seit zwölf Jahren zusammen auf der Bühne steht, sich das erste mal dazu bewogen fühlt auf der Bühne zu sprechen. Kurze Zeit später, gleich noch ein weiteres Mal. Die Songs „St. Christopher Is Coming Home“ vom Album “ Love Ire & Song“, „Balthazar, Impresario“ der Platte „England Keep My Bones“ und „The Ballad of Me and My Friends“ von der 2007er Platter “ Sleep Is for the Week“ präsentiert er ohne seine Sleeping Souls auf der Bühne
Der Gentleman des Punkrock tanzt in Hemd und Krawatte im Circle Pit
Auch heute steht der Gentleman des Punkrock mit Hemd und Krawatte auf der Bühne, und hat seine Punkrock-Wurzeln doch nicht vergessen. Er äußert, dass er dieses musikalische Schubladendenken eh nicht mag. Seine Eltern meinten damals zu ihm, dass der Punkrock nur eine Phase wäre, aus der er einmal herauswachsen würde. “Am Anfang hab ich gesagt, dass ich mir wünsche, dass dies eine Punkrockshow wird. Und was soll ich sagen? Das ist eine verdammte Punkrockshow!”
Damit es auch wirklich eine Punkrockshow bleibt, darf ein “fucking Circle Pit” nicht fehlen. Auf Tuchfühlung mit dem Publikum geht Turner immer wieder. Nach einem Stage Dive par excellence bittet er einerseits innerhalb des Circle Pits zum Tanz und lässt sich singend von der Crowd direkt zurück zur Bühne tragen. Mit dem Zugaben „Don’t Worry“, „I Still Believe“, „Four Simple Words“ und „Polaroid Picture“ in der Songbook Version, endet ein wirklich großartiger Sonntagabend. Für das Finale eines großartigen Konzertes holt sich Turner alle Akteure des Abends auf die Bühne. Die Show mit der Nummer 2272 wird wohl allen Beteiligten lang in einer sehr angenehmen Erinnerung bleiben.