Schwedischsprachige Musik? Muss das sein? Ja, denn wenn man von Gatuplan spricht, dann muss das tatsächlich sein. Hinter dem Projekt steckt mit Bassist Inge Johansson ein Altbekannter, der unter anderem schon bei Against Me! aktiv war und nun mit seinem Soloprojekt durchstarten will. Dazu hat er vielversprechende Musiker um sich geschart und präsentiert mit „Kampen Går Vidare!“ das erste Studioalbum. Das hat es in sich und lohnt sich auch, wenn man die schwedische Sprache nicht versteht.
„‚Kampen Går Vidare!‘ lebt von seinen Melodien, seiner Abwechslung und seinem Facettenreichtum. Dieses Album zeigt sehr schön auf, was alles unter dem Dach des Punkrock möglich ist und das ist auch 2021 mehr als großartig!“
Eine etwas verdrehte Mischung
„Der Kampf geht weiter!“ (Kampen Går Vidare!), so heißt übersetzt das erste Album von Inge Johansson als Solokünstler. Unter dem Namen Gatuplan hat der frühere Bassist von The (international) Noise Conspiracy, Against Me!, CSS, Cryssis and Stilett einige Musiker um sich versammelt, unter anderem Fredrik Eriksson (No Fun At All) und zwei Mitglieder von De Lyckliga Kompisarna. Und nicht nur die Band wurde bunt zusammengewürfelt, auch musikalisch hat sich Inge Johansson scheinbar überall im Punk bedient und so eine Platte voller Anspielungen, Abwechslung und toller Momente und Melodien geschaffen. Irgendwo war zu lesen, dass Gatuplan wie eine etwas verdrehte Mischung aus Rancid und The Streets klingen. Und je mehr man darüber nachdenkt, macht dieser Vergleich Sinn und hilft ein wenig bei der Einordnung des Stils, den Gatuplan hier auf „Kampen Går Vidare!“ zelebriert. Man hört aber auch die Ramones, The Specials oder sogar Moneybrother als Inspirationen heraus.
Ein Hoch auf den Punkrock und Dee Dee Ramone
Dabei geht es eigentlich relativ verhalten los und wenn man es genau nimmt ist der gute Opener „Radio Gatuplan“ der vielleicht schwächste Track auf diesem Album. Der Start wirkt sogar etwas sperrig und holprig, wird dann aber schnell flotter und sehr eingängig. „Min Revolution“ (Meine Revolution) ist dann einer dieser offenkundigen Protestsongs. Sprechgesang in den Strophen trifft auf einen flotten und punkigen Refrain mit einer tollen Melodie. Zu den deutlich erkennbaren Protestliedern gehören auch „Millenial Blues“, ein treibender Punkrocksong der nicht an Systemkritik spart und das etwas rockiger angelegte „Scandinistas“, welches mit Protestchören von der Straße startet und mit einem spannenden Gitarrenriff endet.
„Inge Johansson zollt hier den Ramones, dem Punkrock und vielen anderen Respekt und hebt sich mit seiner Hommage an die genannten von der Masse anderer Bands deutlich ab. Dabei gelingt Gatuplan ein tolles Stück Punkrock!“
Hammondorgel und Offbeat bei Judas Priest und Iron Maiden
Mit „Apan På Ryggen“ (Der Affe auf dem Rücken) darf auch eine etwas Hip-Hop-lastige Ballade nicht fehlen, die wohl am ehesten zum Crossover gezählt werden kann. Richtig tanzbar wird es dann unter anderen beim sehr von Powerpop beeinflussten „All Tid i Världen“ (Alle Zeit der Welt). Klasse sind bis hierhin schon wirklich alle Songs. Allerdings gibt es auch noch die Lieder, die das noch toppen können: Dazu gehören das fröhliche, beinahe Sommerfeeling versprühende und sehr Ramoneslastige „Cashen Dom Tas“. Dazu zählt auch die Punkhymne „Punkhjärta“ (Punkherz), eine Hommage an den Punkrock mit Anspielungen unter anderem an Rancid und viele andere Bands. Und natürlich muss an dieser Stelle mit „Dee Dee Ramone“ auch die Hommage an den früheren Bassisten der Ramones genannt werden. Was für ein Hit und jetzt schon ein ernsthafter Kandidat für den Punksong des Jahres.
Ganz stark sind auch „Din Värld Min Värld“ (Meine Welt, Deine Welt), das mit einem Offbeat überrascht und dennoch seinen punkigen Charakter nie verliert, das groovige „Stureplansfrisyr“ (Stureplanfriseur), welches vor allem durch seinen Background-Gesang punktet sowie „Staden Med Levande Döder“ (Die Stadt der lebenden Toten). Letzterer Track macht Spaß, ist das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i und setzt noch einmal auf Hammondorgel, Offbeat und bringt sogar Anspielungen an Judas Priest und Iron Maiden mit ein. Was für ein Schlusspunkt und was für eine wirklich unglaublich tolle Platte!
Ein vielschichtiges und abwechslungsreiches Punkrock-Album der Extra-Klasse
Inge Johansson legt hier mit seinem Soloprojekt Gatuplan insgesamt zwölf Songs vor, die im Grunde allesamt tanzbar sind und auch in Clubs funktionieren werden. Außerdem liefert er eine unglaubliche Frische für den Sound des Punkrocks dieser Tage. Es sind gleißermaßen Protestsongs, die den Finger sozial- und politkritisch in die Wunde legen. Musikalisch läuft „Kampen Går Vidare“ mal mehr mal weniger unter dem Dach den Punkgenres, wird dabei aber nie langweilig und überrascht ständig mit neuen Facetten, neuen Melodien und oder tollen Momenten. Gatuplan spielen hier mit unzähligen Bausteinen des Punkrocks und was dabei rauskommt, ist wirklich großartig. Und dazu kommt die facettenreiche Stimme von Inge Johansson, der sehr viel hineinlegt und durch seine wechselhafte Art des Gesangs zusätzlich für viel Abwechslung sorgt. Kein Song ist so wie der Vorgänger und so gelingt Johansson somit mit seinem Gatuplan-Debüt schon ein ganz heißer Anwärter auf das Album des Jahres!