Ghøstkid gehört zweifelsohne zu den wenigen guten Nachrichten im Jahre 2020. Das Solo-Projekt von Ex-Eskimo Callboy-Sänger Sebastian „Sushi“ Biesler versprach bereits mit der ersten Single eine Menge geballte Energie und eine unkonventionelle Vermischung von Stilen und vermeintlichen Genre-Grenzen. So ist aus einer anfangs traurigen Trennung eine neue großartige Band entstanden, die sich am Freitag dem 13. vorstellt. Ghøstkid ist dabei nicht nur der – für uns – neue Alter Ego von Sushi, sondern auch der Titel jenes Albums.
„Ghøstkid legen hier ein sehr starkes Debüt vor und setzen ein musikalisches Ausrufezeichen: Genre-Schubladen? Sind von gestern!“
„Am I okay?“
Das geht mit „Føøl“ direkt wuchtig los. Mit theatralischem Chor und verzerrten Gitarrensounds macht die Band Nägel mit Köpfen. Klargesang wird hier nur spärlich aber effektiv eingesetzt und verleiht dem Song die richtige Dramatik. „Start A Fight“ gab es bereits als erste Single zu hören, insofern hat sich sicherlich jeder mittlerweile ein eigenes Bild davon gemacht. Dennoch: Der Song macht verdammt Spaß! Mitsingen, mit dem Kopf wippen, das Mobiliar zerlegen – egal, weiter mit dem nächsten Titel! Der heißt „Sharks“ und entschleunigt für einen Moment.
„Am I okay?“ fragt die erste Zeile und gibt einen reflektierten Einblick, lässt dem Hörer gleichzeitig Raum, sich auch selbst mit dem Text zu identifizieren. Hier wird auf rabiate Screams verzichtet und stattdessen auf einen mitreißenden Refrain gesetzt. Musikalisch wird mit verschiedenen Stilmitteln experimentiert, die das Stück wunderbar abrunden.
„Drty“ zieht dann wieder zügig an, mit ähnlich verzerrten Sounds wie auch bei den ersten beiden Songs, doch wirkt es trotz allem insgesamt etwas weniger kraftvoll.
Prominente Unterstützung wohin das Auge sieht
„This Is Nøt Høllywøød“ die Erste, hier mit Timi Hendrix von Trailerpark, enthüllt dann das nächste – auch bereits vorher bekannte – Highlight. Der Song vereint Pop, (Nu) Metal, Industrial, Rap und Trap – und das sehr gut! Klare Hörempfehlung. Das folgende „Yøu & I“ punktet vor allem mit überraschend emotionalen Screams und gesungenen Parts, die für Gänsehaut sorgen, die das Album um eine weitere spannende Facette bereichern.
Für „Supernøva“ haben sich Ghøstkid Unterstützung von Markus Bischoff von Heaven Shall Burn geholt. Der Titel war die zweite Single, die wir hören durften und ist wieder eine moderne, mächtige Metal-Nummer, wenn man überhaupt einem Song einen Stempel aufdrücken kann. Denn auch hier gibt es so viele verschiedene Elemente zu entdecken, die einfach eine Freude beim Hören sind. Mit Mille Petrozza ist auf „Crøwn“ direkt der nächste prominente Gast vertreten. Der Kontrast zwischen schnellen, Scream-lastigen Strophen und einem im Vergleich langsameren Refrain ist nicht nur eine gute Mischung, sondern auch eine nötige, denn ansonsten wäre der Song vermutlich eine Spur zu stressig. Die rockigen Gitarren sind auch hier eine gelungene Ergänzung.
Die 11 Songs machen verdammt Lust auf mehr
Einmal tief durchatmen kann man dann bei „Cøld Wørld“, das einer Ballade nahekommt. Sushis Klargesang steht hier im Vordergrund und mehr bräuchte das Lied auch gar nicht; natürlich ist es aber auch instrumental sehr gut gestaltet. „Zerø“ ist gefühlt die Nummer, mit der ein Konzert eröffnet werden könnte. Das Intro zumindest kommt einem etwas bekannt vor und die folgenden Screams würden sich perfekt eignen, das freundschaftliche Schlachtfeld zu eröffnen. Ob das so passieren wird? Wir werden es sehen! Schön verzerrt und mit tragendem Refrain ist das Live-Potenzial jedenfalls enorm.
Zum Schluss gibt es „This Is Nøt Høllywøød“ die Zweite auf die Ohren. Auch Johnny 3 Tears von Hollywood Undead fügt sich gekonnt in den Song ein, der sich dadurch tatsächlich fast wie ein ganz anderer Titel anhört. Beide Versionen sind sehr interessant, auch im Vergleich zueinander. Außerdem findet das Album hiermit ein starkes Ende. Leider! Denn die 11 Songs machen verdammt Lust auf mehr.
Ghøstkid steht für sich
Ghøstkid legen hier ein sehr starkes Debüt vor und setzen ein musikalisches Ausrufezeichen: Genre-Schubladen sind von gestern! Die Mischung macht sich großartig und vor allem Spaß beim Hören. Die verzerrten Gitarren und Bässe machen es manchmal schwer, einzelne Elemente rauszuhören und lassen manche Songs sehr ähnlich klingen, das tut „Ghøstkid“ aber alles in allem keinen Abbruch. Dass man hier und da an Eskimo Callboy erinnert wird ist angesichts des Frontmanns und Kopfes hinter dem Projekt logisch und ist eher ein nostalgischer Pluspunkt, als in irgendeiner Form störend. Am Ende ist nämlich klar: Ghøstkid steht für sich und ich freue mich auf alles, was da noch kommt.