Neun ganze Jahre haben die Pop-Ska-Punkrocker von Goldfinger nichts mehr von sich hören lassen. Ist ja auch verdammt schwierig, wenn Frontmann John Feldmann dermaßen mit Aufnehmen und Produzieren beschäftigt ist, dass neben der Familie kaum noch Zeit für Anderes bleibt. Aber anscheinend hat es den guten Herrn Feldmann nach so langer Zeit dann doch zu sehr in den Fingern gejuckt und hat kurzerhand das neue Album „The Knife“ geschrieben. Für die Aufnahmen beziehungsweise auch der neuen Bandbesetzung hat er sich richtige Schwergewichte der Szene ins Boot geholt: Mike Herrera von MxPx am Bass, Story of the Year-Gitarrero Philip Sneed und an den Drums The Almighty Travis Barker von Blink-182. Das schreit ja förmlich danach, dass das Album nur gut werden kann, oder?
Los geht’s mit dem Opener „A Million Miles“, der mit gehörigem Tempo ordentlich losprescht. Aber… was ist das? Das klingt irgendwie wie…hmmm… ist das nicht Blink-182? Nur gut, dass ziemlich fix die Stimme von John einsetzt, denn sonst hätte der Opener auch locker auf Blink-182s letztem Album „California“ vertreten sein können. Und da kommen wir direkt zu einem nicht sehr großen, aber auch nicht wegzudiskutierenden Störfaktor, der beim Hören immer wieder vor allem bei den punkigen Stücken auftritt. Diese Songs (z.b. „A Million Miles“ oder „Put The Knife Away“) klingen nicht wirklich nach Goldfinger, sondern – wie schon gesagt – eher nach Blink-182.
Das liegt zum einen an der Produktionsart von John Feldmann, den doch manchmal etwas sehr oft vorkommenden „Oh-Ohs“, die wir in der Art auch schon vorher ausgiebig gehört haben, und an dem sehr prägnanten Drumming von Mr. Barker. Die Songs sind trotzdem gut, keine Frage, aber ein wenig mehr Individualität hätte dem Ganzen definitiv nicht geschadet.
Schuster bleib bei deinen Leisten
Aber Goldfinger haben ja schon immer auch gerne die Ska-Keule rausgepackt und das wurde glücklicherweise auf „The Knife“ nicht vernachlässigt. Direkt der zweite Song „Get What I Need“ erinnert mit seinen eingängigen Bläsern an die guten alten Zeiten von „Hang-Ups“ und lässt direkt die Sonne ins Zimmer. Auch andere Songs wie „Tijuana Sunrise“, „Liftoff“ oder „Say it out Loud“ profitieren sehr vom Einsatz der Bläser. Auch wenn diese an manchen Stellen etwas sehr synthetisch klingen. Dennoch bleiben die Songs deswegen noch einige Zeit später im Ohr.
Aber auch Non-Bläser-Songs wie „Orthodontist Girl“ oder „Am I Deaf“ wissen aufgrund ihrer augenzwinkernden Texte zu gefallen. Am meisten sticht hier jedoch „See You Around“ heraus. Dieser Song könnte locker aus der Pop-Punk-Ära, als The Ataris, Yellowcard oder The Starting Line richtig gut im Rennen waren, stammen. Ganz großes Kino in allen Belangen und einer der besten Songs des Albums.
So eine Gastmusikerliste lässt keine Wünsche offen
Was die Californier auf „The Knife“ an Gastmusikern aufbieten können, lässt so manch einen bestimmt vor Neid erblassen. Da hätten wir Mark Hoppus von Blink, 311 Leadsinger Nick Hexum, Mighty Mighty Boss Tones Nate Albert an der Gitarre von „Get What I Need“ , Josh Dun von Twenty One Pilots und Takahiro Moriuchi von One Ok Rock. Das bringt zusätzlich noch einmal ein wenig Abwechslung in die Songs. So wird man wenigstens ein wenig von der „Es-klingt-irgendwie-voll-nach-Blink“-Problematik abgelenkt.
Das Album endet mit dem Song „Milla“ , eine Liebeserklärung an John Feldmanns Tochter. Die Idee ist zwar nett, aber was sich hier alle Beteiligten bei dem Song gedacht haben, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben. Der Song klingt irgendwie wie ein Werbejingel und weiß leider kein Stück zu gefallen. Da wäre Herr Feldmann mit ein paar privaten Schlaflied-Auftritten nur für seine Tochter besser bedient gewesen.
Trotz des doch echt dürftigen Schlussliedes des Albums liefern Blinkfinger… ähhh… natürlich Goldfinger mit „The Knife“ ein gutes Sommer-Album ab, dem jeden Pop- und Ska-Punkrocker gefallen dürfte. Sie beweisen, dass sie noch nicht zum alten Eisen gehören. Und den letzten Song kann man ja zur Not auch überspringen…