Die Ska-, Punk-, Hardcore-Institution The Suicide Machines meldete sich nach 15 Jahren zurück und veröffentlichten das Album „Revolution Spring“ am 27. März. Mit Frontmann Jason Navarro sprachen wir über ein buntes Potpourri an Themen. Er erzählt uns beispielsweise, wie er sich die Zeit nach Covid-19 vorstellen kann, wie er persönlich mit den aktuellen Einschränkungen umgeht, aber auch wie es nach 15 Jahren zu einem neuen Album kam. Wir sprachen außerdem darüber, warum es gerade jetzt wichtig ist zusammen zu rücken und sich beizustehen.
„Ich möchte, dass die Menschen anfangen mehr ihre Gemeinsamkeiten, als Unterschiede zu sehen.“
Hey Jay, die Welt steht still, bedroht durch das Coronavirus. Wie geht es Dir in dieser besonderen Zeit?
Ja, das stimmt, aber ich denke, dass dieser Stillstand auch etwas Positives hat. Ich sehe, dass die Menschen nun tatsächlich versuchen, sich gegenseitig mehr zu helfen. Auch wenn sie einander nicht kennen.
Ich bekomme endlich eine Auszeit von der Arbeit, in der ich mit meinen Kindern zusammen sein kann, um sie besser kennen zu lernen. Die Leute rufen sich gegenseitig an, anstatt sich SMS zu schreiben und das ist irgendwie ganz nett.
Wie verbringst Du die Zeit in der Isolation? Hast Du hilfreiche Tipps für unsere Leser*innen, die es Dir leichter machen, zu Hause zu bleiben?
Nun, ich komme endlich zu Projekten, die ich bisher aufgeschoben habe. Ich habe ein paar Gitarrenboxen neu verkabelt. Markiert beispielsweise den Sonntag im Kalender. Für mich heißt das, dass ich diese Projekt dann für die kommende Woche beginnen muss. Am besten ein Projekt, das Du bisher aufgeschoben hast. In der folgenden Woche markiert ihr den Sonntag vielleicht für etwas, das ihr unbedingt schon mal anfangen wolltet. Kunst vielleicht? Songwriting? Mindestens eine Stunde des Tages verbringe ich mit Training. Ich war zum Beispiel wieder draußen vor meinem Haus und habe auf meinem Skateboard Tricks, die ich schon mal konnte, neu gelernt. Nimm dir auch die Zeit um tatsächlich mit den Leuten abzuhängen, mit denen Du unter Quarantäne stehst.
Euer neues Album „Revolution Spring“ ist inzwischen auf dem Markt. Keine Band dieser Welt kann derzeit ein Konzert vor einer echten Menschenmenge spielen. Wie geht ihr als Band mit der aktuellen Situation um?
Ich muss mir darüber nicht viele Gedanken machen, denn ich verdiene meinen Lebensunterhalt nicht mit der Musik. Mir tun allerdings all jene leid, die das müssen.
„Ich glaube, die Amerikaner haben im Moment sowohl die Republikaner, als auch die Demokraten sehr satt. Das wird sicher noch interessant werden.“
Hattet ihr bereits Shows geplant?
Ja, wir hatten eine Release-Show gebucht und auch viele andere Shows.
Wie wird es Deiner Meinung nach aussehen, wenn die Welt wieder in Gang kommt?
Nun, ich stelle mir vor, dass sich Dinge wie Restaurantbesuche verändern werden, d.h. die Kapazitäten der Restaurants werden kleiner und die Sitzplätze sind weiter auseinander liegend. Ich sehe Menschen, die sich gegenseitig mehr helfen. Mit Sicherheit wird die Gesellschaft hygienischer, das ist sicher. Vielleicht gibt es sogar weniger Gewalt in den Städten? Die Waffengewalt in Detroit scheint sich durch den Lockdown auf jeden Fall verringert zu haben. Ich glaube, die Amerikaner haben im Moment sowohl die Republikaner, als auch die Demokraten sehr satt. Das wird sicher noch interessant werden.
Wie kannst Du Dir Eure erste Show nach dem Lockdown vorstellen?
Eine verdammte Party, das steht fest.
Das aktuelle Album ist auf Fat Wreck Chords erschienen, wie kam es zum Labelwechsel?
Nun, wir brauchten einen Neuanfang und Fat Wreck Chords machte absolut Sinn. Es ist ein Label, bei dem wir immer dabei sein wollten, also habe ich einfach Erin und Mike angesprochen und das wars.
Wie zufrieden bist Du mit Eurem neuen Album „Revolution Spring“ und wie ist es nach so langer Zeit zu einem neuen Album gekommen?
Ich liebe unsere neue Platte; es ist meine zweite Lieblingsplatte von uns. Wir haben uns nicht die Mühe gemacht zu schreiben, bis die Inspiration kam. Wir haben uns dann ein paar Monate lang entspannt und gewartet, bis unsere Ideen wieder auftauchten. Die letzten zweieinhalb Jahre haben wir also geschrieben, bis wir 28 Songs hatten, die wir wirklich gut fanden. Dann war uns klar, dass es Zeit zum Aufnehmen wurde. Wir hatten es nicht eilig, da wir damit nicht unseren Lebensunterhalt verdienen müssen und wir wollten, dass es die absolut beste Platte wird, die wir je gemacht haben.
Was habt Ihr in den letzten 15 Jahren gemacht? Seid Ihr in anderen Bands aktiv gewesen?
Ja, wir arbeiten alle viel. Ich bin noch bei “J. Navarro & the Traitors”, “Break Anchor” und “Hellmouth”. Rich spielt bei “Hifi Handgrenades” und bei “Bastardous”. Ryan ist ebenfalls bei “Hifi Handgrenades” und “Rebel Spies”. Justin war noch bei “Fordirelifesake” und “Hellmouth” aktiv.
„Ich versuche, mich mehr um meine Stadt und die Menschen um mich herum zu kümmern, denn dort werde ich am meisten gebraucht!“
Ihr werdet oft mit „Less Than Jake“ oder „Rancid“ verglichen. Was sind Deine musikalischen Vorbilder?
Zu Beginn dieser Band liebte ich Operation Ivy, Bad Brains, Negative Approach, Gangsterspaß, die erste Fishbone-Platte und The Specials. Auch einige Hip-Hop-Produktionen, wie die Fu-Schnickens und Boogie-Down-Produktionen.
Was läuft derzeit auf Deinem Plattenteller?
Ich stehe wirklich auf Kate Tempest, Cat-bite, Skints, Skitsystem, Protoje und Youth Code.
Ihr versteht Euch als politische Band. Wo siehst Du in diesen Zeiten den dringendsten Änderungsbedarf?
Ich sehe uns nicht als eine politische Band. Ich glaube nicht, dass ein Lied irgendetwas in der Welt ändern kann, aber es kann vielleicht jemanden motivieren oder den Funken überspringen lassen. Ich versuche, mich mehr um meine Stadt und die Menschen um mich herum zu kümmern, denn dort werde ich am meisten gebraucht und kann tatsächlich Lebensmittel und Vorräte beschaffen, um die Obdachlosen oder Bedürftigen zu versorgen.
Was möchtest Du der Welt gern sagen?
Ich möchte, dass die Menschen anfangen mehr ihre Gemeinsamkeiten, als Unterschiede zu sehen. Ich möchte, dass Menschen sich gegenseitig helfen, wenn sie es können. Oder, dass sie helfen, die Dinge um sich herum zum Positiven zu verändern. Ich möchte, dass dieses Album jetzt mehr denn je zumindest die Gedanken der Menschen von diesem Wahnsinn des Virus ablenkt und sei es auch nur für 30 Minuten. Vielleicht kann es ein Lächeln oder etwas Hoffnung und neue Energie geben.
Das letzte Wort gehört Dir!
Passt gut aufeinander auf und danke, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, mich zu interviewen und für das Interesse an unserer Musik. Peace!