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Jera On Air – Der Freitag

Foto: Maria Graul

Ysselsteyn, ein beschaulicher Ort in den Niederlanden, wo sich Fuchs und Igel noch „Gute Nacht“ sagen. Aber einmal im Jahr verwandelt sich die ländliche Idylle in einen Festivalschauplatz par excellence, wenn es wieder heißt: „Jera On Air, Motherfuckers!“
Neben dem Impericon Festival und dem Reload Festival ist dies das Event für Freunde der härteren Gangart. Als dann nach und nach auch noch das Line-Up bekannt gegeben wurde, war direkt klar: Das kann nur Weltklasse werden!

Von Pogo, Moshpits und jeder Menge guter Musik

Also flux die Camping-Ausrüstung gecheckt, Futter und Getränke besorgt und schon konnte es losgehen. Nachdem das Zelt stand und das erste Dosenbier angestochen war, musste erstmal ein Plan daher. Also wurde eifrig der Timetable studiert und sofort war klar: „Das wird sportlich!“. Tatsächlich war der Freitag innerhalb kürzester Zeit so was von picke-packe vollgestopft, dass man sich am liebsten dreiteilen wollte, um alle Bands sehen zu können.

Also: Auf ins Getümmel und ab zur sogenannten Vulture-Stage. Hier eröffnen Punkt 12.00 Uhr die Kanadier von Get The Shot den fröhlichen Festivalreigen. Zu wuchtigen Hardcoreklängen werden hier schon die ersten Circle Pits geformt und die Windmühlen ausgepackt. Hach, Festivals sind doch was Feines. Wo bei Club-Konzerten bei manchen Vorbands tote Hose herrscht, geben die Festivalbesucher immer ab Band Numero Uno ordentlich Gas. Das macht nicht nur Get The Shot augenscheinlich eine Menge Spaß.

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Nebenan eröffnen um Punkt 12.30 Uhr die Jungs von Any Given Day den Reigen auf der Eagle-Stage. Die Ruhrpottler sind richtig gut aufgelegt – das Publikum auch. Der Metalcore der Jungs aus der Heimat kommt beim Publikum gut an und es wird kräftig gemosht und gefeiert. So muss ein Festival beginnen! Kaum sind Any Given Day fertig und mit ordentlich Beifall von der Bühne verabschiedet, geht es im Laufschritt rüber zur Vulture-Stage.

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Aus Kentucky kommt nicht nur lecker Whiskey

Hier ballern Knocked Loose den Zuschauern bereits eine gehörige Breitseite ihres Hardcore um die Ohren. Der kommt beim Publikum selbstredend ziemlich gut an und es wird ordentlich Staub aufgewirbelt… aus Kentucky kommt halt nicht nur lecker Whiskey.

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No rest for the wicked und so geht’s im Eiltempo wieder zurück zur Eagle-Stage, denn dort machen sich jetzt die Paceshifters bereit, der Menge ordentlich einzuheizen. Hier ist es jetzt ziemlich voll und das wundert ehrlich gesagt auch keinen, denn die Jungs kommen ebenfalls aus Holland. Heimspiel quasi. Die Paceshifters klingen dermaßen nach Grunge und Alternative-Rock der 90er, dass man fast glaubt, dass man zurück in der Zeit gereist ist. Ganz großartig, was augenscheinlich auch das Publikum findet. Das erste kleine Highlight am heutigen Tage.

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Ab zum nächsten Highlight: Touché Amoré entern jetzt die Vulture-Stage. Neben ihrem aktuellen Song „Green“ haben die Jungs aus Los Angeles eine ganze Reihe von Krachern mitgebracht, die jedes Fanherz höher schlagen lässt. Die Festival-Meute ist hin und weg und feiert die Band frenetisch. Es ist auch immer wieder zu niedlich wenn Frontröhre Jeremy mit fast schon schüchterner Stimme seine Ansagen macht, um direkt danach alles niederzubölken. Herrlich!

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Fan-Favorites und andere Leckerbissen

Jetzt wird’s punkig, jetzt wird’s rotzig. Frank Carter and the Rattlesnakes machen direkt im Anschluss zu Touché Amoré auf der Eagle-Stage mächtig Bambule. Mittlerweile fragt man sich, wie es das Publikum schafft, diese Schlagzahl durchzuziehen, denn es wandern so einige ziemlich zügig bei extrem unmenschlichen Temperaturen zwischen den Bühnen hin und her, um ordentlich Party zu machen. Da kann man nur den Hut ziehen. Monsieur Carter macht ebenfalls ordentlich Action auf der Bühne und auf dem Publikum (!) und ist auch sichtlich angetan von dessen Energie. Dieses schafft es sogar, einen Circle Pit durch’s ganze Zelt aufzuziehen. Das ist echt mal ein Anblick!

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Jetzt kommt eine Band, die laut Vorab-Umfrage auf der Facebook-Seite des Jera On Air richtig entgegen gefiebert wurde. Die Rede ist von Stray From The Path, die von Sekunde eins mit dem Opener „Outbreak“ alles in Schutt und Asche legen. Wahnsinn, was die New Yorker für eine Energie versprühen. Dieser Funke springt auch sofort aufs Publikum über und trotz des kräfteraubenden Vorprogramms wird hier noch einmal eine ordentliche Schippe draufgepackt. Es wird gemosht, gesprungen und gepogt an jeder Ecke. Auch Knocked Loose-Röhre Bryan Garris gibt sich die Ehre und übernimmt seinen Part des Songs „All Day & A Night“ nur zu gerne. Warum auch nicht, wenn man schon mal da ist. Das Publikum zeigt sich außerdem sehr textsicher und bölkt fröhlich mit. Vor allem aber die Zeile „Nazi-Punks Fuck Off“ im Song „Good Night Alt-Right“ wurde dermaßen laut vom Publikum mitgesungen bzw. schon geschrien, dass man es höchstwahrscheinlich in ganz Europa gehört hat. Richtig so!

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Metalcore-Fans kommen heute auch definitiv nicht zu kurz. Direkt im Anschluss geht’s wieder schnurstraks zur Eagle-Stage, um mit den Jungs von Blessthefall zu feiern. Der Fünfer aus Arizona fackelt nicht lange und fegt die Menge mit Songs wie „Dead Air“ oder „Melodramatic“ förmlich von den Füßen und macht den Auftritt zu einem wahren Leckerbissen. Das Publikum hat noch lange nicht genug und macht auch hier gewaltig Action vor der Bühne, was Sänger Beau Bokan oftmals ein dickes Grinsen ins Gesicht zaubert.

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Respekt!

Jetzt geht’s endlich mal zur dritten Bühne auf dem Gelände – der Buzzard-Stage – wo sich Red City Radio schon gewaltig darauf freuen, dem Publikum kräftig einzuheizen. Ihr Gainesville-Punk weiß zu gefallen und zaubert so manchen Zuschauer ein Lächeln aufs Gesicht. Pop-Punk kann das Jera On Air definitiv auch. Auf der Eagle-Stage geben sich nun Neck Deep aus England die Ehre und brauchen nicht lange, bis der ganze Mob auf und abspringt. Ein herrliches Bild, was sich einem da bietet. Eine große Party mit vielen (noch) unbekannten Freunden. Allgemein fällt auf, dass einfach gefühlt alle Leute wirklich sehr gut drauf sind und eine Menge Spaß zusammen haben, egal ob man sich kennt oder nicht. So muss Festival! Das Publikum zeigt sich auch hier extrem textsicher und schmettert Songs wie „Kali Ma“ oder „In Bloom“ kräftig mit. Sehr zur Freude von Frontmann Ben, der das Publikum deswegen auch gern mal alleine singen lässt.

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Auch aus England, auch Punk-Rock, aber auf anderer Bühne machen direkt im Anschluss Templeton Pek auf der Buzzard-Stage da weiter, wo Neck Deep aufgehört haben. Die Jungs haben auch Songs ihres neuen Albums „Watching The World Come Undone“ mit im Gepäck, die begeistert vom Publikum abgefeiert werden.

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Wir bleiben in England, aber drehen den Härtegrad um eine gehörige Portion nach oben. Bury Tomorrow hacken auf der Vulture-Stage mit Ihrem Metalcore alles kurz und klein, was ihnen in die Quere kommt. Die Vulture-Stage ist gehörig am Beben aufgrund des wuchtigen Sounds des Fünfers aus Portsmouth und Sänger Jason Cameron animiert das Publikum immer wieder zu Circle- und Mosh-Pits. Lobend zu erwähnen ist hier Andy von Any Given Day, der kurzerhand am Bass eingesprungen ist und die Songs am heutigen Tag vorher noch alle gelernt hat. Respekt!

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Time for the Heavyweights

Nach so einem Mammutprogramm schreit der Körper geradezu nach einer Pause und so werden erstmal die örtlichen Fressbuden ausgecheckt und der Elektrolytehaushalt wieder auf Vordermann gebracht. Der Tag ist ja noch lange nicht zu Ende. Endlich ist auch mal Zeit, das Gelände und die ganzen Stände genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben den obligatorischen Merchständen sind auch wieder Charity-Organisationen wie Sea Sheperd oder die Hardcore Help Foundation am Start, die auch gut und gern von allen Besuchern aufgesucht werden.

Nach der wohlverdienten Pause geht’s jetzt so langsam richtig ans Eingemachte und mit Anti-Flag entert jetzt eine richtig große und gestandene Band der Szene die Vulture-Stage. Die Energie des Quartetts ist wirklich einzigartig und bei Songs wie „The Press Corpse“ oder „Fuck Police Brutality“ schlägt jedes Punkerherz höher. Bassist Chris#2 feuert das Publikum immer wieder zu neuen Höchstleistungen an und dieses liefert nur zu gerne ab.

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Jetzt geht’s wieder Schlag auf Schlag und auf der Eagle-Stage wird das nächste Schwergewicht in den Ring geschickt. Die mächtigen Sick of it All zeigen erneut, warum sie selbst nach 30 Jahren immer noch zur absoluten Spitze der Hardcore-Szene gehören. Direkt ab dem Opener „Injustice System“ geht es vor der Bühne zu wie in einem Tollhaus. Ein wahrlich gelungener Auftritt der Herren aus New York. Die Herren haben sogar tatsächlich hingekriegt, einen noch gewaltigeren Circle-Pit ins Leben zu rufen als bei Frank Carter & The Rattlesnakes. Welch ein Spektakel. Hut ab!

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Wenn der letzte Vorhang fällt

In einem Atemzug kann man wohl zusammen mit Sick Of It All auch Modern Life Is War nennen. Die geben direkt im Anschluss auf der Vulture-Stage ebenfalls gehörig Gas. Songs wie „Marshalltown“, „By The Sea“ oder der Fan-Favourite „D.E.A.D.R.A.M.O.N.E.S.“ heizen dem Publikum bei zum Glück langsam sinkender Temperaturen gehörig ein und machen gewaltig viel Spaß. Man kann echt nur vom Glück reden, dass Modern Life Is War wieder da sind. Der Auftritt war einfach fantastisch.

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Mit leichter Wehmut geht es jetzt zur Buzzard-Stage. Nein, nicht weil Modern Life is War schon vorbei sind, sondern weil jetzt eine der Größen der deutschen Metalcoreszene eine ihrer letzten Shows spielen wird. A Traitor Like Judas haben beschlossen, nach sage und schreibe 18 Jahren Bandgeschichte das Kapitel zu beenden. Dass das natürlich nicht still und heimlich passieren soll, versteht sich irgendwie von selbst und ATLJ wären nicht ATLJ, wenn sie es auf ihrer Abschiedstour nicht gehörig krachen lassen würden. Das Publikum schickt sich auf jeden Fall an, die Braunschweiger gebührend in den Ruhestand zu schicken. Hier werden noch einmal, sehr zur Freude der Band, sämtliche Kraftreserven mobilisiert, damit die Jungs diese Show nicht so schnell vergessen. Und das dürfte ihnen ziemlich gut gelungen sein. Ein wohliger, aber auch wehmütiger Gänsehautmoment!

Zeit für ein weiteres Highlight auf dem Jera On Air. Enter Shikari sind jetzt an der auf der Eagle-Stage an der Reihe und wer die Briten schon einmal im Vorfeld live erleben durfte, weiß: „Jetzt wird’s verrückt… aber so richtig verrückt!“. Passend zum verrückten Sound des Quartetts geht’s auch völlig verrückt in die Vollen. Sowohl von Seiten der Band, allen voran Frontmann Rou, als auch seitens des Publikums, das zu dem wilden Mix aus Metal und Elektro ebenso wild feiert. Enter Shikari machen einfach verdammt viel Spaß und wenn man nicht gerade im Pit um das nackte Überleben kämpft, kommt man aus dem Staunen nicht mehr raus, was die Briten dort oben auf der Bühne zum Besten geben.

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Das Jera On Air besticht als großartiges Festival

Noch sichtlich durchgeschüttelt geht es wieder im Eiltempo zur Vulture-Stage, wo es auch gleich mit den Keepers of the Faith gehörig abgeht. Die Rede ist von niemandem geringeren als der Urgewalt Terror. Scott Vogel und der Rest der Bande haben das Publikum von Beginn an in der Hand. Zu Songs wie „Live By The Code“ oder „Return To Strength“ verwandelt sich der Ort vor der Bühne in einen buchstäblichen Hexenkessel. Hier wird dermaßen die Abrissbirne geschwungen, dass es ein Wunder ist, dass alles noch stehen geblieben ist. Es ist immer noch erstaunlich, welche Energie das Publikum nach solch‘ einem Tag hat. So macht es vor allem für die Bands richtig Spaß, hier zu spielen.

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Last but not least gibt es direkt nach Terror noch den Headliner am heutigen Tag auf der Eagle-Stage. Also noch einmal alle Kraftreserven mobilisiert, denn niemand Geringeres als Billy Talent bitten zum Tanz und die Kanadier haben eine ganze Palette Hits im Gepäck. Neben den obligatorischen „Red Flag“ und „Fallen Leaves“ darf sich das Publikum auch auf Songs wie „Devil in a Midnight Mass“, „Afraid Of Heights“ oder „Try Honesty“ freuen, welches das Publikum lauthals mitsingt. Sänger Benjamin Kowalewicz ist mehr als angetan von der Energie und Einsatzfreude und bedankt sich mehrfach bei der immer noch feierfreudigen Festivalmeute.

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So geht ein grandioser, wenn auch anstrengender erster Tag zu Ende und mit eine kühlen Hopfengetränk wird hier und da noch einmal über seine persönlichen Favoriten am heutigen Tage sinniert. Tag zwei kann – allein wegen diesem tollen Publikum – nur ebenso grandios werden.

 

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