„FOUR“ – ein so einfacher wie passender Name, handelt es sich doch um die vierte Platte der niederländischen Punk-Virtuosen John Coffey. Das energiegeladene Quintett um
David Achter de Molen meldete sich in diesem Jahr nach gut sieben Jahren Bandpause zurück und zeigt uns nun, woran sie in all der Zeit (neben anderen musikalischen Projekten, versteht sich) gearbeitet haben.
Dampfwalze tanzt Dampf-Walzer
Schon mit den ersten Tönen des Openers „SING and hope it’s out of tune“ wird klar, dass die Utrechter ihren Biss nicht verloren haben. Ganz im Gegenteil, sie klingen wütender als je zuvor. Von Altersmilde ist da keine Spur und das, obwohl die einzelnen Versatzstücke der Truppe mit Bands wie Tusky und Beachdog in der Zwischenzeit etwas gediegener unterwegs waren. Wer sich aber Sorgen gemacht hat, dass diese lockeren Töne inzwischen zu stark Einzug ins John Coffey Rezept gehalten haben könnten, wird spätestens mit der ersten Single „STEAM WALTZ“ eines Besseren belehrt worden sein. Ganz wichtig dabei, das weiß jedes Kind, ist die All-Caps-Schreibweise des Titels, schließlich wird in dem Song viel geschrien. Und auch, wenn die Übersetzung nicht the yellow from the egg ist, wäre Mensch verziehen, wenn der Titel als das schöne deutsche Wort Dampfwalze verstanden würde. Das dazugehörige Video inklusive Tanzchoreografie legt aber eine andere Interpretation nahe.
Zwei von zehn Songs im Ohr und schon komme ich ins Schwitzen, allein vom Abzappeln mit den Fußspitzen. Guter Start.
Ein smoother Übergang
John Coffey haben sich neben ihren Hardcore-Punkigen Einschlägen schon immer auch über wahnsinnig eingängige und melodische Passagen in ihren Songs definiert. Parallelen zu Bands wie The Bronx kommen schließlich nicht von ungefähr. Die nächsten drei Titel des Albums beweisen, dass sie dieses Handwerk auch nach sieben Jahren quasi-Abstinenz noch perfekt beherrschen. „BOMB CULTURE“ startet schon direkt mit einem Riff, der über die gesamte Albumlänge im Ohr bleibt. Gleiches gilt für Christoffer Erik Borgaard Van Teijlingens Back-Up Gesang im vorab veröffentlichten „This Place Is Placeless“. Und auch die Hook vom zugegebenermaßen etwas einfallslos betitelten „The Sunset“ hängt direkt im Kopf und weigert sich, Miete zu zahlen. Apropos „The Sunset“, der Klaviereinstieg, gefolgt von einem wunderbar dröhnenden Drum- und Gitarrenaufbau verleiht dem Song eine sehr intensive Aura, die als perfekter Übergang für das dient, was als nächstes kommt.
Der Nächste
Für Track Nummer Zes (Niederländisch für „Sechs“) haben sich John Coffey Verstärkung von Landsmann Broeder Dielemann (Niederländisch für „Bruder Dielemann“) besorgt. Der Singer-Songwriter leiht „Naaste“ seine Stimme und hält einen instrumentell getragenen Monolog, der gegen Ende von einem Chor ergänzt wird. Das Lied ist ungewohnt schwerfällig und das mit Abstand experimentellste der Platte, hat aber gerade dadurch einen starken Wiedererkennungswert. Lobend erwähnt sollte auch sein, dass ich, im Gegensatz zu anderen Zwischenspielen (Looking at you „May I Be Exhumed?“ von Clowns), nicht das Bedürfnis verspürte, mir die Ohren abzureißen. Im Gegenteil, „Naaste“ ist das ideale Bindeglied in der Mitte des Albums, das alles irgendwie zusammenhält – bevor es mit „River Runs Dark“, dem härtesten Song des Albums, wieder fies auf die Fresse gibt.
Blick gen Horizont
Als Abschluss liefern David Achter de Molen & Co. eine Art Querschnitt ihres Songwritings:
„If you want fear now ist he right time“ – rotzig geschriene Strophen, denen ein ultra-eingängiger Refrain zum Mitsingen folgt.
„The revenue was sick“ – ein Garant für blutige Nasen im Mosh-Pit!
Und schließlich „Gaze at the horizon“ – alles andere als ruhig, aber im Vergleich zum Rest des Albums am ehesten als klassischer Rock zu bezeichnen, wodurch der Song ein bisschen Kontrast zum Abschluss bietet. Und der Titel ist hoffentlich Programm, denn wenn ich schon in Richtung Horizont starre, dann wartet dort auch bitte eine neue John Coffey Platte auf mich, verdammt nochmal!
Fazit
Die niederländischen Dampfwalzen legen mit ihrem Comeback einen ganz klaren Favoriten auf den Titel „Album des Jahres“ vor. Die Songs gewohnt stark geschrieben und liefern noch genau so viel Spielfreude und Energie wie früher – wenn nicht sogar noch mehr! Es ist John Coffey anzumerken, wie viel Spaß sie mit diesem Album hatten und wie viel sie noch in ihrem Tank haben. All Killer, no Filler – Fünf von fünf geworfene Biere!