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Im KreuzverHör: KMPFSPRT – Gaijin

Nachdem die Kölner Band KMPFSPRT 2017 zum Durchatmen nutzte, treten sie 2018 das Pedal wieder durch. Gerade mal zwei Jahre nach der letzten Platte „Intervention“ (CD-Review), kommt „Gaijin“ kurz nach Frühlingsbeginn in den Plattenladen Deines Vertrauens. Archi und Maria tauschen sich in unserem KreuzverHör über das Tempo der Kölner, die Attitüde des Albums und David Guetta aus.

KMPFSPRT
Gaijin

VÖ: 30.03.2018

People Like You Records

Archi: Ein neues Album von KMPFSPRT: die Ankündigung hat mich relativ spontan getroffen. Gefühlt war das letzte Album noch gar nicht so “alt” bzw. lange her – irgendwas war da auch mit Besetzungswechsel am Schlagzeug und solchen Dingen.

Maria: “Intervention” ist bei Release auch gerade fast genau zwei Jahre jung und du hast völlig Recht, Daniel Plotzki sitzt jetzt bei KMPFSPRT am Schlagzeug. Somit wurde “Gaijin” in voller Besetzung geschrieben und eingespielt.

Archi: Auf jeden Fall habe ich mich gefreut und die erste Vorab-Single hat schon Bock auf mehr gemacht. Und der Titel “Gaijin” hat mir auch direkt gefallen – gerade im Bezug auf KMPFSPRT-Gitarrist David Schumann und sein Buch “Tokyo Diaries”. Schon da habe ich gelernt, dass dies ein Begriff für “Ausländer” bzw. grob gesagt auch “Außenseiter” ist. Finde ich einen passenden Albumtitel.

“Don’t judge a book by it’s cover”

Maria: Als ich erstmalig über das Wort “Gaijin” nachdachte, habe ich das “am Rande stehen” schnell sehr negativ besetzt. Man bewertet mittlerweile auch viel zu starr und definitiv auch zu schnell. “Gaijin” ist eigentlich der perfekte Begriff: Egal wohin wir gehen und welche Grenzen wir überwinden wollen oder müssen, wir werden immer erstmal die “Neuen” sein – gleichermaßen in Hamburg oder Japan. Das gibt allerdings total viele Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung – man kann den eigenen Horizont ja nie genug erweitern.

Archi: Definitiv und der persönliche Bezug zum Begriff macht es bei KMPFSPRT umso spannender. Aber, wie sagt man so schön? “Don’t judge a book by it’s cover” – Das gilt auch für Alben und ihre Titel.

Maria: …schmunzelt…

Archi: Also zum Musikalischen: Beim Opener „Trümmer“ dachte ich im ersten Moment, hier hätte es eine Verwechslung gegeben und es wäre ein neuer Song meiner alten Punk-Helden Dritte Wahl und im Verlaufe des Titels finde ich mich plötzlich in einem Farin Urlaub Song wieder – das war erstmal einigermaßen verwirrend. Wie ging es dir beim ersten Hören?

“Gaijin” legt scharf beobachtend den Finger auf gesellschaftlich aktuelle, aber auch absolut zeitlose Themen

Maria: Spannend, die Assoziationen hatte ich überhaupt nicht. Da du mir ja totalen Druck gemacht hast, das Album endlich zu hören, habe ich es zum ersten Mal, mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, in den Öffis durch Hannovers Nacht gehört. “Trümmer” habe ich irgendwie so weg konsumiert, wobei ich mittlerweile den Spannungsaufbau des Titels echt stark finde. Ganz aufmerksam wurde ich tatsächlich erst, als im Song “Schwarz” gesungen wurde: “Das Leben draußen macht keinen Sinn. Wohin es geht, wir sind Gaijin. Wir kleiden uns schwarz, weil es dunkler nicht geht”. Da musste ich ordentlich grinsen und dir sofort schreiben, dass der Song ja wohl mindestens für mich geschrieben sei. Identifizierung hoch zehn.

Archi: “Schwarz” ist auf jeden Fall DER Knaller der Platte und ich denke, nicht nur du wirst dich damit identifizieren können. Mein anderer heimlicher Favorit ist übrigens “Freut euch nicht zu spät” – da erkenne ich mich bzw. den täglichen Struggle mit dem man so kämpft wieder: “Du hast die Rolex – doch ich hab die Zeit. Du hast auch den Benz – doch ich hab’s nicht weit”.

Maria: Textlich legt “Gaijin” echt scharf beobachtend den Finger auf gesellschaftlich aktuelle, aber auch absolut zeitlose Themen. Das ist echt unfassbar stark.

Archi: Ich habe das Gefühl, KMPFSPRT sind textlich definitiv bissiger und noch kritischer geworden, haben dabei aber musikalisch ein wenig den berühmten Fuß vom Gaspedal genommen – vielleicht auch, um dem Text mehr Raum zu geben. Der Gesang hat sich dabei ebenfalls geändert, ist noch einen Ticken melodiöser geworden. Da war und bin ich mir noch nicht sicher, wie ich das finde – wo ich gerade die gewissen “Härte” doch sehr an KMPFSPRT geschätzt habe.

Wenn KMPFSPRT mit Punk dieser Art David Guetta aus den Charts verdrängen, dann bin ich definitiv weiterhin dabei

Maria: Mich holt der Sound tatsächlich an vielen Stellen nicht mehr ab. Ich bin, wie gesagt, ein großer Fan der Texte und deren Interpretierbarkeit, finde mich aktuell allerdings eher mit durchgetretenem Fuß am Gaspedal. “Asche” ist dann allerdings wieder eine dieser Stellen, an der ich die Ohren gespitzt hatte. Der Charakter, die Flexibilität und das Volumen der Stimme Richard Meyers beeindrucken mich da schon sehr. Leider am Ende auch wieder einen Ticken zu melodisch.

Archi: Wie gesagt ,ein Sound zwischen Punkrock und etwas poppiger Melancholie ist ja erstmal nichts schlechtes, vor allem wenn dahinter eine Attitüde wie bei “Gaijin” steht.

Maria: Ich erwische uns dabei, wie wir immer wieder von Massenkompatibilität schreiben. Das erlebe ich hier auch. Realistisch betrachtet kann ich aber auch zu “Gaijin” sagen, dass ich froh bin, dass Musik mit Herz, Verstand und einer wirklich guten Attitüde letztlich “massentauglich” wird. Manchmal träume ich ja heimlich davon, dass der Punk nach und nach mehr David Guettas aus den Deutschen Charts schiebt.

Archi: Ich kann mir gut vorstellen, dass die Songs, wenn sie live etwas rougher abgeliefert werden, ordentlich knallen. Das werde ich mir definitiv mal geben. Und wenn KMPFSPRT mit Punk dieser Art David Guetta oder auch den ganzen Deutschrock-Kram aus den Charts verdrängt, dann bin ich definitiv ebenfalls weiterhin gerne mit dabei!

 

Über Maria
Another night of chaos is so easy to arrange“

Bei Maria reichen sich Punk und Politik nicht einfach nur die Hand, sie liegen sich quasi eng umschlungen im Arm und trinken Schnäpschen auf die alten Zeiten. Wenn sie nicht gerade davon träumt durch die Welt zu reisen oder ihrem Ärger auf Demos Luft macht, testet sie die neuesten Eiskreationen der Stadt, träumt vom Ruhrpott Rodeo oder sortiert ihre Platten zwischen der Terrorgruppe, Wizo, Propagandhi und No Use For A Name.

Über Archi
„I hate this place, but I love these chords.“

Archi wurde musikalisch von Dritte Wahl und der Terrorgruppe groß gezogen und ist mittlerweile irgendwo zwischen The Gaslight Anthem, The Menzingers und Hot Water Music zu Hause. Wenn er nicht gerade selbst auf irgendeiner Bühne der Republik seine Wut auf Nazis, Sexisten und andere Vollidioten rausbrüllt, sitzt er mit einem großen Stück Pizza Zuhause vor seiner PS4.

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