The Amity Affliction veröffentlichen nach einigen Singles in den Jahren 2021 und 2022 nun ihr neues Album „Not Without My Ghosts“, das erstmals in Eigenproduktion entstand. Aufgenommen in den Grove Studios in New South Wales erwarten den Hörer insgesamt 10 neue Songs, von denen vier bereits vorab einen Ausblick auf das Gesamtwerk erlaubten. Die Vorfreude auf „Not Without My Ghosts“ teilen auch Sebastian und Sarah, die im KreuzverHör über musikalische Neuerungen und alte Bekannte sprechen und eben all das, was ein Amity-Album ausmacht.
Endlich wieder ein neues Amity-Album
Sarah: Endlich wieder ein neues Album von The Amity Affliction! Nicht, dass es ewig lange her ist, aber im Vergleich zum Rhythmus der letzten Jahre war es immerhin eins mehr, als gewohnt. Wobei es ja zwischendurch trotzdem reichlich Songs zu hören gab, einschließlich vier von “Not Without My Ghosts” – was war dein erster Eindruck von den Singles?
Für mich waren sie zum Teil ein bisschen überraschend, auf positive Weise. “Show Me Your God” klingt recht klassisch nach The Amity Affliction für mich, gerade die Singles mit den Features waren dann aber nicht unbedingt etwas, was ich erwartet hätte. Wobei ich finde, dass alle Songs ein bisschen komplexer klingen, als noch auf dem letzten Album (“Everyone Loves You… Once You Leave Them”). Und recht heavy, vergleichsweise, aber das war ja auch das Ziel.
Sebastian: Die neueste Single-Auskopplung “Not Without My Ghosts” ist auch wieder einer dieser ruhigen Songs, die Amity immer mal einstreut, wie zum Beispiel auch “The Gifthorse” auf dem “Misery” Album aus 2020. Aber du hast Recht, endlich ist wieder ein neues Amity Affliction Album draußen. Ich habe gehört, die Songs wurden schon vor teilweise 3 Jahren geschrieben und es gibt sogar schon neue Songs für ein Album danach. Vor allem finde ich gut, dass Amity wieder zur härteren Gangart zurückkehren und es allen einmal beweisen, dass sie es noch können, auch wenn sie das natürlich nicht müssten.
Sarah: Absolut! Thematisch findet sich der rote Faden, der sich so durch die ganze musikalische Schaffensgeschichte von The Amity Affliction zieht, ja auch auf dem neuen Album direkt wieder, was es irgendwie schon beim ersten Hören vertraut macht. Ein bisschen, wie jemand, den man schon lange kennt, aber mit dem man sich länger nicht mehr unterhalten hat, vielleicht. Da hat allein das erste Durchhören direkt glücklich gemacht. Ich finde es immer spannend zu sehen, was sich so im Laufe der Alben ändert und was gleich bleibt und wie sie sich vor allem immer treu bleiben, ohne dabei in immer dasselbe Schema zu fallen. So hat man zum Beispiel das Flüstern, das zu Screams wird oder ein paar melodische Elemente, die ihnen seit ein paar Alben zu gefallen scheinen, aber es klingt trotzdem neu und frisch.
Immer wieder Neues zu entdecken
Sebastian: Amity-typisch finden wir auch auf diesem Album die schönen melodischen Hooks in den Refrains, die von Ahren mit voller Kraft clean gesungen werden. Besonders empfehlenswert finde ich da “Between Death And The Setting Sun” im Feature mit Andrew Neufeld. Amity-Songs haben beim ersten Hören auch oft gar nicht den umwerfenden Wow-Effekt, jedoch kommt man nach mehrmaligen Hören immer besser an die Songs heran, hört immer neue Sachen heraus und hat sie schnell im Kopf fest sitzen. Dank den vielen beiläufigen Sounds im Songwriting von den Australiern gibt es auch stets neue Elemente zu entdecken in den Songs. Und wenn dann einmal die Cleans fest sitzen, kann man sich an die Shout-Parts von Joel oder den Features auf dem Album machen. Bei Amity weiß man einfach, was man bekommt und es ist meistens gut.
Sarah: Um auch nochmal darauf zurückzukommen, es finden sich auf fast der Hälfte der Songs Features mit anderen Künstlern. Sei es “I See Dead People” mit Louie Knuxx, “Death And The Setting Sun” mit Andrew Neufeld (Comeback Kid), “When It Rains It Pours” mit Landon Tewers (The Plot In You) oder eben der Titelsong “Not Without My Ghosts” mit Phem, was das erste Feature mit einer Sängerin ist; allesamt sehr cool zu hören und auch eine Neuerung – oder wenigstens etwas, was The Amity Affliction so noch nicht hatten. Ich glaube, “Death And The Setting Sun” ist auch einer meiner Lieblingssongs auf dem Album. Was denkst du zu den Zusammenarbeiten?
Sebastian: Ich finde es gut, dass Amity nun endlich auch mit Features arbeitet, nachdem ihre gesamte Diskografie aus ihnen allein bestand. Dies war wiederum auch immer ein cooler Aspekt von Amity, da man sie dadurch als in sich geschlossene Stärke gesehen hat. Joel und Ahren machen ja auch selbst so gut wie keine Feature Vocals bei anderen Bands. In der heutigen Musiklandschaft kommt man jedoch wahrscheinlich nicht mehr wirklich um Features herum und ich finde, die wurden hier passend eingesetzt. Wobei der Part von Landon Tewers für mich tatsächlich nicht so deutlich zu hören ist, Andrew Neufeld hingegen ist unverkennbar.
Alte und neue Stärken
Sarah: Insgesamt finde ich, es ist ein spannendes Album geworden, das einfach Spaß macht zu hören. Man erkennt den Fingerabdruck der Band klar wieder, aber man hört auch, wie sie sich immer weiter entwickeln. Und die Lyrics, naja, dazu gefällt mir das Zitat von Joel Birch, das es perfekt zusammenfasst:
Sebastian: Da stimme ich dir absolut zu. Dieses Album ist einfach wieder 100% Amity, nur diesmal zwei Stufen härter, nachdem sie vor allem mit “Misery” (2020) kurz etwas ruhiger und poppiger geworden sind. Ich denke, auch Joel Longobardi am Schlagzeug, der ja auch bei Defeater an den Drums sitzt, hat hier seinen Teil beigesteuert. Außerdem bemerkenswert ist, dass dieses Album in Eigenregie produziert wurde und von Gitarrist Dan Brown zum Leben erweckt wurde. Das im Hinterkopf verleiht dem Album nochmal eine ganz bestimmte Note, die “Not Without My Ghosts” zu einem Muss für jeden Amity-Fan macht.