Love A sind zurück auf den Brettern der Welt: Auf der nach einem Bon Jovi-Song benannten „You Give Love a Bad Name“-Tour haben die Trierer am Freitag auch im Kulturzentrum Faust Halt gemacht. In Hannover wird das Quartett von der deutsch-niederländischen Indie-Punk-Band Get Jealous begleitet.
Musik kennt kein Gender
Punk mit Pop-, Indie- und Riot Grrrl-Einflüssen – das ist das Erfolgsrezept von Get Jealous. Erst im Oktober haben Otto, Marike und Marek ihr dreizehn Songs umfassendes Debütalbum „Casually Causing Heartbreakes“ veröffentlicht. Neun Tracks davon sind nach Frauen benannt, mit denen Otto (they/them), zuständig für Gesang und Gitarre, intensiv-romantische bis chaotisch-toxische Momente erlebt hat. Mit „I’m Sorry Michelle“ eröffnet das Trio dann auch pünktlich den Abend. Die kurzen, lauten Punk-Passagen münden in eingängigen Pop-Melodien, bei denen unweigerlich gute Laune aufkommt.
Nicht nur das Publikum trägt nach kurzer Zeit ein Grinsen auf dem Gesicht – auch der Band sieht man an, dass der Spaß bei ihnen klar im Vordergrund steht. Herrlich unprätentiös agieren die Drei auf der Bühne, fast ist es, als ob man ihnen bei einer Probe zuschaut. Nach einer kurzen Übersetzungshilfe von Bassistin Marike fordert Otto die Zuschauer auf Deutsch auf: „Heb deine Hand, falls du schon mal so verliebt in jemanden warst, dass du denjenigen einfach aufessen wolltest.“ Ein paar Leute können das Gefühl nachvollziehen und heben ihre Hände – damit folgt „You Don’t Have To Be So Scared“.
Es gibt keine Minute, in der Langeweile aufkommen könnte: Otto lässt das Publikum in die Hocke gehen und mit dem sympathischen niederländischen Akzent leistet die Mehrheit den Anweisungen Folge. Beim Song „Alg. P.“ springt Otto von der Bühne und lässt sich auf Händen zur Bar tragen, von wo sie die Mitsingenden dirigieren kann. Zurück auf der Bühne legen Otto und Marike beim Spielen von „Sex After Parties“ Tanzschritte hin, auf die Elvis Presley neidisch geworden wäre. Doch schon beim nächsten Stück geht es wieder in die Menge: Otto lässt es sich nicht nehmen, gemeinsam mit den Faust-Besuchern einen Moshpit zu eröffnen. Marike kündigt darauf an, dass sie auf jeder Tour einen deutschen Song in die Setlist aufnehmen würden, der Otto beim Lernen der Sprache helfen soll. Als Wir sind Heldens „Denkmal“ ertönt, gibt es kein Halten mehr: der ganze Saal singt mit.
Get Jealous sind nicht nur hervorragende Musiker, sondern Menschen, die es schaffen, Freude zu verbreiten.
Die Sache mit dem Altern
Nach einer kurzen Pause betreten Love A die Bühne, um ihre Instrumente zu stimmen. „Wir sind jetzt sehr viel jünger, wie ihr seht“, scherzt Sänger Jörkk zur Begrüßung. „Wegen Dominik, der nur noch skandinavische Krimiserien guckt und nicht mehr mit uns saufen geht.“ Der angesprochene Bassist kann darüber nur lachen und den Kopf schütteln. Mit „Nachbarn II“ eröffnen Love A ihre Setlist. Der erste Applaus für die Band ertönt, aber dem Frontmann ist er noch zu verhalten.
Mit „Nichts ist leicht“ und „Trümmer“ geht es weiter. Die kraftvollen, eingängigen Melodien ergeben zusammen mit den unbequemen, analytischen und oft ins Schwarze treffenden Texten jene unverwechselbare Mischung, die die ehemalige Love Academy eben ausmacht. Und die wird von den Fans mit empor gereckten Fäusten, Gesang und Schweiß zelebriert. „Irgendwas Schlaues wollte ich jetzt sagen, aber das ist so gar nicht meine Art“, verkündet Jörkk sarkastisch, bevor er sich erneut dem Thema des gefühlten Alters zuwendet, das an diesem Abend viel Raum in seinen Ansagen einnimmt. „Wieder auf der Bühne zu stehen ist ja immer so, als ob man aus dem Grab steigt. Aber das Gute ist: Es verunsichert mich nicht mehr, wenn jemand einen anderen Text singt als ich.“
Natürlich dürfen neben den Klassikern auch aktuelle Songs nicht fehlen. Als Love A „Will und kann nicht mehr“ vom 2022 veröffentlichten Studioalbum „Meisenstaat“ anstimmen, das von Schlagzeuger Karl produziert wurde, singt der ganze Saal die Hymne der Resignation mit und scheint Zeilen wie „Kurz vorm Ziel fängt dich dann dieses Leben ab, boxt dich hart ins Gesicht, zieht dich einfach ab“ zu fühlen. Jörkk heizt das Publikum weiter an: „Es gefällt uns gut – ihr gefallt uns gut.“ Zu „Unkraut“ werfen sich die ersten Stagediver in die Menge, die Stimmung wird immer aufgeheizter.
Den Höhepunkt bildet das Pascow-Cover „Too Doof to Fuck“: Etliche Besucher nutzen die härteren Gitarrenriffs des Songs zum Crowdsurfen, der Rest singt und springt – in der Faust wird es immer wärmer. Bevor es in die Zugabe geht, ordert Jörkk von der Bühne aus ein frisch gezapftes Bier und kommt noch einmal auf den Altersunterschied zu Basser Dominik zu sprechen. Ob Scherz oder nicht – so richtig lachen kann darüber keiner mehr. Nach einer kurzen obligatorischen Pause, während der die Band nicht mal die Bühne verlässt, gibt es noch eine Handvoll Hits, angefangen mit „Oder?“. Dass das Publikum beim anschließenden „Windmühlen“ textsicherer ist als der Sänger selbst, stört zu diesem Zeitpunkt des Abends niemanden. Noch eine Runde mitsingen, moshen und Bier verspritzen – dann geht es beseelt hinaus in die kalte Novembernacht.