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NOFX – Single Album

Erst letztes Jahr veröffentlichten NOFX die Split „West Coast vs. Wessex“ mit Frank Turner. Jetzt legt die Band bereits das „Single Album“ nach. Und wie man es von NOFX erwartet klingt auch der neue Output nach all den Trademarks der Band, die die Fans so lieben. Trotzdem bewahrt sich das Album eine recht ansehnliche Eigenständigkeit.

„“Single Album“ ist kein Album für zwischendurch. Gibt man der Platte aber etwas Zeit und Raum, wird man belohnt und kann sich an einem Stück Musik erfreuen, das vielschichtig, ideenreich und treffsicher geschrieben ist.“

Alte Stärken und neue Töne

An der Frequenz, in der NOFX neues Material auf den Markt werfen, kann man als Fan wirklich nicht meckern. Aber schafft es die Band die Musik auch interessant und frisch zu halten? Überraschenderweise lautet die Antwort, auch 2021 ganz klar „ja“, denn auch auf „Single Album“ überzeugen die Jungs wieder vollends. Beachtlich nach fast dreißig Jahren Bandgeschichte.

Wenn auch die Grundformel gleich bleibt, so wissen NOFX durchaus, wie und vor allem wann sie welche Karte ausspielen müssen, um die Songs und auch den Bogen eines ganzen Albums aufrecht und spannend zu erhalten.

„Single Album“ startet langsam, aber druckvoll mit „The Big Drag“. In über fünf Minuten merkt man, dass die Band nur darauf wartet, nach vorne zu preschen und die Punkkeule zu schwingen. Dabei gefällt auch der etwas stampfendere Sound des ersten Songs sehr gut. Fat Mikes Stimme trägt das Stück und auch, wenn im letzten Drittel nochmal die Energie der Band durchbricht, beginnt das Album mit angezogener Handbremse.

Humor und Melancholie

„I Love You More Than I Hate Me“ verbindet dann wieder den gewohnten Humor der Band mit dem treibenden Punk, für den sie so berühmt ist. Doch schon hier kommt leicht das Gefühl auf, dass NOFX an manchen Stellen die Songs etwas runterspulen, was sich schnell als Stilmittel herausstellt, denn eine gewisse gespielte Langeweile trägt das „Single Album“ und dient als roter Faden.

Es folgt „Fuck Euphemism“ und damit für mich der erste richtig große Ohrwurm der Scheibe. So will man die Band hören. Mit einer Friss-Oder-Stirb-Attitüde werden die Lyrics vor die Füße des Hörers geschmissen und zum ersten Mal bricht so richtig die Energie der Band durch. Hier spielen NOFX alle Karten aus, die sie in der Hinterhand haben. Kein Wunder, dass dieser Song bereits im Vorfeld als Single herhalten musste.

Mit „Fish In A Gun Barrel“ wird dann das Tempo wieder gedrosselt. Für mich ist der Song eines der Albumhighlights. Ohne zu viel vorwegzunehmen: hier haben NOFX einige Parts untergebracht, die man so nicht erwartet hat, die aber auch bei mehrmaligem Hören immer wieder positiv auffallen. Hier merkt man, dass sich die Band nicht auf ihren Lorbeeren ausruht, sondern auch mal das ein oder andere Experiment wagt, um sich zu entwickeln.

Schon im ersten Albumdrittel zeigt sich eine gewisse Grundstimmung, die sich bis zum letzten Song wie ein roter Faden durch das Album zieht. Alles wirkt einen Ticken schwerfälliger und ja, vielleicht auch trauriger, als gewohnt. Die Lyrics sind vom erwarteten Sarkasmus durchzogen, aber alles wirkt einen Funken ernster, als man es gewohnt ist. Dabei passt diese Schwerfälligkeit sehr gut in die Zeit, in der das Album erscheint. Vielleicht wird  man in einigen Jahren „Single Album“ die Entstehungszeit noch immer anhören.

Zwiegespalten, aber mit rotem Faden

Dabei wirkt das Album für mich oft zwiegespalten. Songs, wie „Linewleum“ und „Fuck Euphemism“ stehen energetisch eher auf der aufgeweckten Seite, während „Birmingham“ und „Fish In A Gun Barrel“ eine eher müde gewordene Stimmung verbreiten. Dabei ist das keineswegs als Abwertung gemeint, denn die Songs treffen allesamt einen Nerv. Es macht sich nur eine hörbare Spannung zwischen Melancholie und Party breit und diese wirkt auch nach mehreren Hördurchgängen interessant und einzigartig. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber „Single Album“ ist ein organisches, lebendes, atmendes und sehr in die Zeit passendes Stück Musik, mit dem wohl viele in der momentan angespannten Lage connecten können. Klar, wenn man bedenkt, dass Zeitgeist und weltpolitische Lage, sowie die Auswirkungen einer Pandemie an keinem der Künstler spurlos vorbeigezogen sein dürfte.

Aber auch, wenn hier und da die Melancholie in das Werk eintröpfelt, so strotzt „Single Album“ doch auch immer wieder vor Energie und Witz.

Eigenständigkeit und Tiefe

Wer die letzten dreißig Jahre nichts mit NOFX anfangen konnte wird auch mit dem „Single Album“ nicht zum Fan. Wer die Band aber schätzt und mag, der bekommt das geboten, was er schon lange liebt und findet das Ganze frisch aufbereitet und mit einem zum Zeitgeist passenden Tropfen Melancholie garniert. Eine gewisse Nachdenklichkeit tut den Songs ehrlich gesagt recht gut und sorgt für den Funken Eigenständigkeit, den „Single Album“ braucht, um in der Masse an Alben der Band herauszustechen.

Auch wenn die Scheibe von Anfang einige Punkte getroffen hat, muss ich doch zugeben, dass sie ihr wahres Potenzial erst nach mehrmaligem Hören entfaltet hat. Zwar knallen einige Songs von Anfang an, aber ein Werk wie „Single Album“ muss erstmal verdaut werden, auch wenn es zu Beginn sehr eingängig wirkt. So sollte man etwas Zeit und Geduld mitbringen und nicht erwarten, dass sich die Scheibe sofort komplett entfaltet. Bringt man eben diese Zeit und Geduld mit, so zeigt sich das Werk nochmal etwas tiefschichtiger, als gewohnt.

Gerade Songs, wie das anfangs unmotiviert wirkende „Your Last Resort“ haben etwas gebraucht, damit der Funke wirklich überspringt. Ob es „Single Album“ letztendlich schafft lange zu überzeugen, kann ich noch nicht sagen, das Potenzial ist aber vorhanden, denn die Songs wirken mit der richtigen Menge an neuen Ideen garniert und haben eine Stimmung, einen roten Faden wenn man so will, die noch etwas anhalten könnte.

„Fuck Euphemism“ ausgenommen, wollen sich erstmal keine großen Ohrwürmer der Marke „Franco Un-American“ oder „Idiots Are Taking Over“ einstellen, aber die Stärken des Albums liegen in den abwechslungsreichen Midtemponummern, die man der Band so erstmal nicht als typisch zuordnen würde. Das Album steckt voller Ideen und hält auch immer mal wieder die „alten“ NOFX bereit.

„Single Album“ ist kein Album für zwischendurch. Gibt man der Platte aber etwas Zeit und Raum, wird man belohnt und kann sich an einem Stück Musik erfreuen, das vielschichtig, ideenreich und treffsicher geschrieben ist.

Video: NOFX – Fuck Euphemism

Hier erhältlich
NOFX – Single Album
Release: 26. Februar 2021
Label: Fat Wreck Chords

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