In der letzten Zeit ist eine Musikrichtung wieder richtig stark im Kommen. Emo is back – und das im ziemlich großen Stil. Sei es das „When We Were Young“-Festival, wo die Creme de là Creme der damaligen Emoszene ein fulminantes Comeback feierte oder durch Künstler wie Olivia Rodrigo und Willow Smith. Und wenn man von einem Emo-Revival spricht, kommt man um einen der ganz großen Namen nicht herum: Paramore. Eine der Gallionsfiguren der damaligen Emoszene bringt nach nunmehr fast sechs Jahren ein neues Album heraus. Und was war die Euphorie groß, als Paramore auf den Sozialmedien verkündet haben, dass sie wieder da sind. Vor allem Frontfrau Hayley Williams neue alte Haarfarbe ließ viel Platz für Spekulationen zu. Ihre Haare sind wieder rot, so wie zu Zeiten der „All We Know Is Falling“ oder „Riot“. Besinnt sich das Trio – bestehend aus Taylor York, Zac Farro und Hayley Williams – etwa wieder auf ihren alten Sound, der sie damals so unglaublich populär hat werden lassen?
Paramore ist erwachsen geworden
Spätestens seit der ersten Auskopplung und der Titeltrack des neuen Albums „This Is Why“ wissen wir, dass das definitiv nicht so sein wird. Wer sich aber auch mit den vorherigen Alben der Band befasst hat, kann auch nur zu dem Schluss kommen, dass sie diesem Sound auch einfach entwachsen sind. Anstatt sich an Altes verzweifelt festzuklammern, brechen Paramore direkt mit dem namensgebenden Titeltrack des Albums wieder eigenen Grenzen auf und pfeifen auf Konventionen. Herausgekommen ist ein Song, der ein absoluter Ohrwurm ist und definitiv die Beine nicht stillhalten lässt. Dabei ist das Thema des Songs nicht wirklich tanztauglich. Es geht um die Frustration in der COVID-19-Zeit zu leben. Sei es, dass man als Band nicht touren konnte aufgrund des vermaledeiten Virus, die Proteste gegen die rassistische Diskriminierung der nicht-weißen Bevölkerung der USA oder der Sturm auf das Capitol am 06. Januar.
Auch der nächste Song des Albums „The News“ schlägt in diese Kerbe. Es geht um das Thema „Doomscrolling“, also das schon fast zwanghafte Verhalten schlechte Nachrichten zu lesen. Das Thema ist aber wiederum in einer sehr tanzbaren Nummer verpackt und man kommt nicht umhin, ein paar Parallelen zu Bloc Party oder Foals zu erkennen. Indie anstatt Emo, 70er-Funk anstatt Melancholie. Das ist die neue Zauberformel des neuen Albums und diese steht Paramore extrem gut zu Gesicht. Und wer bei „C’est Comme Ca“ immer noch die Füße still hält, der geht wahrscheinlich auch zum Lachen in den Keller.
Hayley Williams trifft immer die richtige Stimmung
Gerade die seichtere Produktion der Gitarren- und Schlagzeugtracks lassen Hayley Williams enorm Platz, um ihr ganzes Spektrum und Können ihrer stimmlichen Fähigkeiten auszuspielen. Und lasst Euch gesagt sein: ihr Repertoire ist gewaltig. Sei es im Song „Big Man, Little Dignity“, wo sie sehr gut ihren Hass, aber auch ein Stück weit Faszination zu einem widerlichen Menschen (es könnte vielleicht Donald Trump sein) transportiert, auf „You First“ die stressigen und chaotischen Jahre verarbeitet und zu dem Schluss kommt, dass auch im Alter nach solch einer Zeit nicht unbedingt alles besser wird, selbst wenn alles ok ist oder auf dem ruhigen und melancholischen „Liar“ – Hayley Williams trifft immer die richtige Stimmung.
Taylor York und Zac Farro machen dabei einen fantastischen Job und bereiten ihrer Frontfrau einen wunderschönen und gemütlichen Teppich, auf dem sie sich jederzeit wohlzufühlen scheint. Manchmal ist weniger doch mehr und klingt auch nach mehr.
Pompös, dramatisch und umwerfend
Mit „Thick Skull“ endet das Album, so wie man es sich von Paramore wünscht. Pompös, dramatisch und umwerfend. „This Is Why“ ist definitv kein Emo-Revival-Album, dem ganzen sind Paramore schon meilenweit entwachsen, was sie mit diesem Album erneut eindrucksvoll beweisen und sie dürfen sich mit fug und recht zu den einflussreichsten Künstlern unserer Zeit nennen.