Rammstein ist eine jener deutschen Bands, die weit über die deutschen Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Fragt man im Ausland nach bekannten deutschen Bands, fällt in den meisten Fällen der Name der Berliner Rockband. Auch hier in ihrer Heimat gehören Rammstein zu den ganz großen Nummern. Kein Wunder also, dass Till Lindemann und seine Weggefährten die HDI Arena in Hannover – die rund 44.000 Menschen umfasst – innerhalb kürzester Zeit mit einem Fingerschnips restlos ausverkaufen. Heute Abend bieten Rammstein, die für ihre provokanten und spektakulären Liveshows bekannt sind, genau dies: Eine Show, die definitiv im Gedächtnis bleibt. Und das nicht nur, weil sie ihr brandneues, selbstbetiteltes Album vorstellen, das bereits vor Veröffentlichung für ordentlich Zündstoff gesorgt hat.
Ein fulminantes Spektakel, wie man es von Rammstein gewohnt ist
Ein Marsch in der Abendsonne
Nachdem das Pariser Klavier-Duo Duo Jatekok den Abend eröffnet hat, schleicht sich langsam die Dunkelheit über die HDI Arena. Wer ein Rammstein-Konzert besucht kann sich sicher sein: Hier wird einiges geboten. Immerhin ist die Rock-Band für ihre fulminanten Bühnenshows bekannt und natürlich sollen auch die Besucher auf dieser Tour ein wahres Spektakel geboten bekommen.
Rauch steigt auf, mit einem lauten Knall kündigen glitzernde Funkenfontänen den Beginn der Show an. Schlagzeuger Christoph Schneider betritt Bühne, nach und nach folgen die restlichen Mitglieder während die Leute in den ersten Reihen rhythmisch im Takt klatschen. „Ich kann auf Glück verzichten, weil es Unglück in sich trägt“, startet Frontmann Till Lindemann mit „Was ich liebe“ in den Abend. Im Hintergrund flackern weiße Lichter im Takt. Aus den mitten im Stadion platzierten Säulen steigt schwarzer Rauch empör, der die gesamte HDI Arena in dunkle Schwaden hüllt, während außerhalb die Abendsonne untergeht. Im Anschluss entledigt sich Lindemann seines langen Mantels und marschiert in goldenen Springerstiefeln im Takt von „Links 2 3 4“ vom 2001er Album „Mutter“ während an der Bühnenwand lange Banner blutrot leuchtend das Rammstein-Logo in die Menge werfen. Die Besucher strecken zu den Klängen und Lindemanns „Links!“-Rufen immer wieder die Fäuste in die Höhe.
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„Ich beiß‘ der Puppe den Hals ab“
Derweil bildet sich in der Mitte der Arena langsam ein kleiner Moshpit. So recht will er allerdings keine Fahrt aufnehmen – die Besucher wippen lieber kopfnickend im Takt mit, vereinzelt wird die lange Mähne geschüttelt, während auf der Bühne weiter Funken sprühen, Raketen abgefeuert werden oder Feuer- und weiße oder schwarze Rauchfontänen in die Luft schießen. Eine kurze Aufforderung Lindemanns reicht allerdings, um nahezu alle Besucher zum Mitklatschen zu bewegen. Lindemann selbst nimmt zu „Sehnsucht“ erstmals – wie häufiger an diesem Abend – seine berühmte Pose ein: Die Knie leicht gebeut, während die Faust und der Kopf stockig im Takt nach oben und zur Seite schnellen. Zwischen den Songs wird zwar immer wieder eine kunstvolle Pause eingelegt, auf eine Ansprache oder gar Begrüßung wartet Hannover allerdings vergebens. Dennoch: Zum Hit „Mein Herz brennt“ nimmt die Stimmung nach einer guten halben Stunde erstmals so richtig Fahrt auf. Während die Besucher aus voller Kehle den Refrain mitgrölen, zündet Lindemann passend zur roten Bühnenbeleuchtung ein ebenfalls rot-loderndes Bengalo.
Die Sonne ist hinterm Stadion verschwunden, als Till Lindemann mit einem überdimensionalen Kinderwagen die Bühne betritt und seine Mitstreiter den Song „Puppe“ vom neuen, selbstbetitelten Album anstimmen. „Ich beiß‘ der Puppe den Hals ab“ dröhnt es aus den Boxen, während der Wagen in Flammen aufgeht und schließlich schwarzes Konfetti sowohl auf der Bühne, als auch aus den im Stadion platzierten Säulen schießt, auf die Besucher hinab regnet und schließlich durch den Wind hoch in die Lüfte aus dem Stadion hinaus getragen wird.
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Lichtermeer für verlorene Engel
Mit einer Remix-Version und leuchtenden, tanzenden Strichmännchen wird „Deutschland“ eingeläutet – jener Song, mit dem sich Rammstein eindrucksvoll zurückmeldeten und mit deren Video sie einen regelrechten Skandal auslösten. Mit „Radio“ folgt gleich im Anschluss eine weitere Single, die vor der Albumveröffentlichung ins Rennen geschickt wurde. Zu „Mein Teil“ schiebt Lindemann einen riesigen, dampfenden Kessel auf die Bühne, er trägt eine Metzgerschürze und eine riesiges Messer in der Hand. Im Kessel sitzt Keyboarder Flake Florenz und drückt weiter fleißig in die Tasten, selbst dann, als Lindemann den Kessel mit einem Flammenwerfer befeuert, den er sogar gegen einen noch größeren eintauscht, während sich Florenz im Kessel duckend versteckt, um den Flammen zu entgehen. Als er unversehrt aussteigt, jubelt die Menge. Aber zu früh gefreut? Er setzt sich einen Helm auf, Lindemann greift zu einer auf Rädern gestützten Kanone, um weiter auf ihn zu feuern. Florenz gibt schließlich auf und kapituliert mit weißer wedelnder Flagge.
Die Sonne ist mittlerweile fast verschwunden, als die Hits „Sonne“ und „Ohne Dich“ angestimmt werden. Zu letzterem hält sich die Pyro zurück – für den Gänsehautmoment sorgt das Publikum, als es das gesamte Stadion in ein glitzerndes Lichtermeer verwandelt. Ohne ein Wort tritt die Band an den Bühnenrand und verbeugt sich vor diesem, um dann von jener zu verschwinden. Kurze Zeit später taucht die Band auf einer kleinen Bühne inmitten des Stadions auf, um mit dem Duo Jatekok – die den Abend eröffneten – am Klavier gemeinsam „Engel“ zu performen. Das Stadion erleuchtet in lilafarbenes Licht, überall blitzen im Publikum erneut kleine Lichter auf. „Wir haben Angst und sind allein, Gott weiß ich will kein Engel sein“ bilden die Menschen gemeinsam mit Lindemann einen riesigen Chor.
„Scheiße nee, ist das geil!“
Mit insgesamt drei Schlauchbooten wird die Band schließlich über die Köpfe des Publikums hinweg wieder Richtung Hauptbühne getragen. „Scheiße nee, ist das geil!“, kann ein Besucher seine Begeisterung kaum zügeln. Eines ist natürlich klar: Die Show ist noch nicht vorbei. Das imposante Bühnenbild entfaltet sich in der Dunkelheit nun endlich zu Songs wie „Ausländer“,„Du riechst so gut“ und „Pussy“ in voller Pracht.
Während einige Besucher auch vor dem Stadion den letzten Klängen von Rammstein lauschen, zündet am Maschsee neben der HDI Arena ebenfalls ein kleines Feuerwerk und bereitet den Fans einen sanften Ausstieg aus dem heutigen Konzertabend.