Website-Icon Count Your Bruises Magazine

Schmutzki im Interview

Schmutzki Mehr Rotz Als Verstand

Foto: Niclas Moser

Schmutzki veröffentlichen am 14. September ihr Album „Mehr Rotz als Verstand“. Vorab sprachen wir mit der Band aus Stuttgart über das neu erschaffene Label BÄM Records, Veränderungen seit „Spackos Forever“ und die liebste Kneipe der Jungs.

„In der aktuellen Musiklandschaft muss man (vermeintlich) einfach einen Hit generieren, um genug Profit zu erwirtschaften, um eine Major Label zufriedenzustellen.“

Wie seid Ihr zu der Entscheidung gekommen “Mehr Rotz Als Verstand” auf Eurem bandeigenen Label BÄM Records zu veröffentlichen?

Bereits bei unserem letzten Release hat sich gezeigt, dass wir manche Ansichten, Methoden und Erwartungen einer großen Plattenfirma nicht teilen bzw. erfüllen können. In der aktuellen Musiklandschaft muss man (vermeintlich) einfach einen Hit generieren, um genug Profit zu erwirtschaften, um eine Major Label zufriedenzustellen. Viele Künstler ziehen deshalb externe Songschreiber hinzu. Dagegen haben wir uns aber immer gewehrt und unser eigenes Ding durchgezogen. Letztendlich war das wohl für das Label zu wenig. Jetzt stehen wir auf eigenen Beinen und das fühlt sich super an!

Welche Erfahrungen macht Ihr mit eurer neuen DIY-Kultur? Selbstbestimmter Punk-Spirit oder chaotische Selbstüberschätzung?

Wir haben schon immer vieles selbst gemacht: Angefangen bei den Songs, über die Artworks, Videos und Merchandise, bis hin zu all den Aktionen, für die wir in der Vergangenheit bekannt geworden sind. Das kam schon immer aus unserer Feder und wurde zu großen Teilen auch von uns umgesetzt. DIY-Kultur war also auch bei Major schon immer unser Weg. Jetzt haben wir mit Cargo Music einen tollen Indievertrieb, der uns bei vielen Entscheidungen gut berät und mit Uncle M und Community zwei Agenturen, die helfen unsere Ideen umzusetzen aber auch selbst coolen Input liefern. In gewisser Hinsicht herrscht sogar weniger Chaos als zuvor, weil man für viele Dinge nicht mehr tausende Schleifen drehen muss, sondern einfach machen kann was man für richtig hält.

Was unterscheidet die DIY-Arbeitsweise vom Major Label?

Als Band ohne Management und mit eigenem Label trägst du natürlich die gesamte Verantwortung für das Gelingen eines Release. Vor allem auch die finanzielle. Wo früher das Label einen Vorschuss bezahlt hat und man sich erstmal keine großen Sorgen machen musste, ob eine Platte Geld einspielt oder nicht, müssen wir heute schon ganz genau überlegen, wo wir unsere beschränkten Mittel einsetzen. Das hat aber auch einen großen Vorteil: Man entscheidet sehr bewusst was man tut, verbrennt weniger Zeit und Geld und wird im besten Fall sogar erfinderisch, um den finanziellen Nachteil auszugleichen. Und genau das machte ja die Kraft des DIY-Gedanken schon immer aus!

„wenn jeder Rapper irgendwann über seine Mama singen muss, dann jeder Punkrocker über seine liebste Kneipe.“

Wie hat sich Euer Alltag und Euer Leben seit der DIY-Entscheidung verändert und was bedeutet die neue Aufgabenteilung für Euch?

Wie schon beschrieben, hat sich grundsätzlich gar nicht so viel verändert. Ein paar Aufgaben sind hinzugekommen und einige Entscheidungen, die wir eigenverantwortlich fällen müssen. Arbeitsteilung war aber bei uns schon immer Alltag! Beat verschickt Merch, Flo schneidet Videos und Dany bastelt Artworks. Solange wir oft genug auf unsere Todo-Liste schauen, kann nichts schief gehen. Auf der anderen Seite haben wir auch bewusst gesagt, dass wir es nicht übertreiben wollen und jeden „Quatsch“ mitmachen müssen. Denn gerade in der schwierigen Situation, in der sich kleinere und mittlere Bands heute befinden, ist doch eines besonders wichtig: Die Freude an der Musik nicht zu verlieren.

“Mehr Rotz als Verstand” erscheint zwei Jahre nach “Spackos Forever”. Was ist in der Zwischenzeit, vor allem musikalisch, bei Euch passiert?

Man redet ja immer vom schwierigen dritten Album. Und ja, es war nicht leicht. Wir haben relativ früh angefangen neue Songs zu schreiben, aber immer wieder alles verworfen und von neuem begonnen. Wir wollten irgendwie was neues machen, das alte aber nicht völlig verlassen. Dabei sind eine ganze Menge Songs entstanden, die in viele verschiedene Richtungen gezeigt haben. Da waren wir dann erst einmal ganz schön ratlos, wo es denn jetzt wirklich hingehen sollte. Also haben wir uns einfach ganz intuitiv unsere Lieblingslieder rausgesucht und plötzlich hat das ganze als Album überraschend viel Sinn ergeben. Letztendlich macht es für uns genau den Spagat zwischen dem überdreht-sympathischen Schmutzki, das unsere Fans so lieben und dem neuen, etwas nachdenklichen Schmutzki, das aber niemals sein Augenzwinkern verloren hat. Im Studio haben wir dann versucht, die Songs möglichst ehrlich und ohne Schnörkel auszuarbeiten. Aus unserer Sicht klingt “Mehr Rotz als Verstand” jetzt endlich so, wie wir immer klingen wollten: Laut aber ehrlich!

Mit “Beste Bar der Stadt” habt ihr eine Hymne an Eure Lieblingskneipe verfasst. Wie kam es dazu?

Eigentlich liegt es ja für eine Band wie uns extrem nahe, einen solchen Song zu schreiben. Es ist immer super, wenn man ein allgemeingültiges Thema hat, das man aber selbst aus seinem ganz persönlichen und authentischen Blickwinkel schildern kann. Und das „Kap“ ist eben nicht nur die Beste Bar in Stuttgart, sondern auch der Ort, wo wir vor sieben Jahren unser erstes Konzert als Schmutzki gespielt haben. Und auch nach dieser langen Zeit ist dieser Laden immer noch der, den wir jedem empfehlen, der zu Besuch in Stuttgart ist und einen Ort mit netten, bodenständigen Leuten sucht, die Gitarrenmusik noch zu schätzen wissen. Und natürlich haben wir da selbst viele verrückte Sachen erlebt, oft auch mal über die Stränge geschlagen, aber wurden immer wieder freundlich empfangen. Ich denke das kennt doch jeder. Und wenn jeder Rapper irgendwann über seine Mama singen muss, dann jeder Punkrocker über seine liebste Kneipe.

„Die Musikpresse ist natürlich gerade bei deutschsprachiger Musik auch sehr streng und teilweise gnadenlos.“

Welche drei Songs liegen Euch besonders am Herzen?

„Zu Jung“, weil er sehr gut die neue, nachdenklichere Facette von Schmutzki abbildet und sich trotzdem nahtlos in die Reihe unserer besten Songs einordnet. Wer irgendwie über die Mitte der Zwanziger raus ist und sich langsam fragt, ob man jetzt nicht mal erwachsen werden sollte und diese Frage mit einem klaren „Nein“ beantworten muss, wird mit diesem Song vermutlich viel anfangen können. So wie wir.

„Beste Bar der Stadt“, weil es bei Schmutzki immer die Königsdisziplin war und ist Songs zu schreiben, die echte Gefühle ausdrücken ohne dem Kitsch zu verfallen und das zwinkernde Auge zu verlieren.

„Mehr Rotz als Verstand“, weil er wie einige andere Songs auf dieser Platte für uns wie eine Zeitmaschine funktioniert und uns in die alten Zeiten zurückbeamt, wo Musik einfach nur Spaß war und das Geschäft drumherum noch eine süßer Traum. Der Song drückt unsere ehrliche Dankbarkeit für das was wir erreicht haben aus, aber macht sich keine Illusionen: „So geil wie damals, wird es nie wieder sein“.

“Spackos Forever” musste teils scharfe Kritik der Musikpresse einstecken. Warum wird das mit dem kommenden Album anders?

Bei „Spackos Forever“ hatten wir einfach das Bedürfnis mal voll auf die Glocke zu hauen: Kein Blatt vor den Mund, so viel Gitarrenspuren wie möglich und bloß keine Angst vor Niemandem. Klar kam das auch aus einer gewissen Unsicherheit heraus, nachdem wir gemerkt haben, dass das mit dem Rockstarding gar nicht so easy läuft. Da mussten wir uns selbst ein bisschen aufpumpen um danach die Puste zum weitermachen zu haben. Dass man in so einem Modus auch mal übers Ziel hinausschießt, ist ja klar und die Musikpresse ist natürlich gerade bei deutschsprachiger Musik auch sehr streng und teilweise gnadenlos. Bei „Mehr Rotz als Verstand“ dreht es sich mehr um persönliche Themen und alles ist nicht mehr ganz so schwarz & weiß. Vielleicht kann dieses Album sogar rückwirkend auf „Spackos Forever“ ein positives Licht werfen, weil man hier sehen kann, dass wir gar nicht so krass von uns überzeugt sind. Aber wer danach sucht, wird sicherlich auch auf „Mehr Rotz als Verstand“ ein paar gute Vorlagen für Verrisse finden, versprochen!

Könnt Ihr einen Ausblick auf den Rest des Jahres und die anstehende Tour geben?

Eigentlich versuchen wir uns möglichst wenig vorzubereiten. Wer hofft das Schmutzki 2018 mit Choreo, Pyro und interaktiver LED-Wall auf Tour kommen, wird enttäuscht. Wir werden ein bisschen proben, aber auch nicht zu viel – sonst werden wir noch zu gut. Ein Tour-Shirt müssen wir noch entwerfen, sind uns aber über die Farbe noch uneins. Ansonsten verlassen wir uns wie immer auf unsere Fans, die das ganze schon irgendwie Schaukeln werden!

Video: Schmutzki – Beste Bar der Stadt

Hier erhältlich

Schmutzki – „Mehr Rotz als Verstand“
Release: 14. September 2018
Label: BÄM Records

Diese Website nutzt Cookies.

Diese Website nutzt Cookies.

Die mobile Version verlassen