Willkommen beim Punk Rock Holiday 2023 in Slowenien – dem ultimativen Treffpunkt für alle Punkrock-Enthusiast:innen! Vom 07. bis zum 12. August tauchen wir in die malerische Kulisse am Ufer der smaragdgrünen Soča, umgeben von den atemberaubenden Julischen Alpen, ein. Punkrockfans aus der ganzen Welt kommen hier zu den Klängen internationaler und lokaler Punkrock-Bands zum vielleicht größten Klassentreffen der Welt zusammen. Mitreißende Musik, energiegeladene Auftritte und unvergessliche Erlebnisse sind an diesem besonderen Fleckchen Erde garantiert. Glücklicherweise sind Tolmin und das Festival nicht stark von den schweren Überschwemmungen und Unwettern betroffen.
Aufgrund des schweren Regens der letzten Woche wird in Hannover gerade der Sonntag des Fährmannsfestes abgesagt. Wir setzen den Blinker links und starten auf der Autobahn Richtung Süden. Punkerferien stehen auf dem Papier und das bedeutet in erster Instanz mindestens 12 Stunden Fahrt. Den Ausgleich bringt eine ordentliche Ladung Euphorie, da der Alltag schon so erfolgreich vergessen ist, wie die obligatorische Banane auf dem düsteren Boden des Schulranzens am letzten Tag vor den Ferien. Nachdem unsere offensichtlich für Irritationen sorgende Erscheinung das prüde Bayern halbwegs aus der Fasson brachte, steht Etappe zwei auf der Tagesordnung die uns direkt in das obligatorische Festival-warm-up des Montags geleitet. Uffreschend, sagen wir Euch! Wir dürfen schon an Tag Null auf explosive Klänge und eine geballte Ladung Energie gespannt sein! Die Hauptbühne wird von hochkarätigen Bands wie Authority Zero, Dog Eat Dog und Satanic Surfers zum Leben erweckt.
Ein hochkarätiges warm-up
Authority Zero bringen mit ihrem melodischen Punkrock und eingängigen Rhythmen das Publikum in Bewegung. Da bekommt Jason DeVore direkt den Strohhut eines Crowdsurfers aufgesetzt und verkündet: „Today is not only the preshow – which fucking looks like the real deal – today is the first day of kindergarten!“ – was natürlich sinnbildlich zu verstehen wäre, würde er nicht hinzufügen, dass der Sohn des Drummers heute seinen ersten Tag im Kindergarten hatte. Dog Eat Dog mischen geschickt Punk, Hardcore und Hip-Hop zu einem einzigartigen Sound, der zum Tanzen einlädt. “Wherever you’re from, you’re welcome with Dog Eat Dog!” bestätigt er sein Publikum und erinnert die Anwesenden daran, wie glücklich man sich schätzen dürfe, hier in Tolmin das vielleicht letzte Festival der Welt ohne Barrikaden zu feiern. Recht hat der Typ! Die Satanic Surfers setzen mit ihrem schnellen und aggressiven Skatepunk einen dynamischen Akzent. Dieser Montagabend verspricht, die Festivalatmosphäre bereits im Vorfeld zu entfachen und uns auf eine Woche voller unvergesslicher Musik und Spaß vorzubereiten.
Der Dienstag startet kraftvoll auf der Beach Stage. FLINTA-Bands teilen hier ihre Geschichten, aber vor allem auch musikalischen Eindrücke mit uns. For I Am überraschen mit einem Elektro-Intro, was erstmal nicht darauf schließen lässt, dass wir hier eine Punkrock-Band vor uns haben. Mit ihrem mitreißenden Sound und ihren kraftvollen Texten ziehen sie das Publikum in ihren Bann und machen gleichzeitig darauf aufmerksam, dass alle Beteiligten hier sicher zusammen feiern und stagediven sollen. Noch bevor Melonball die Bühne betreten, fliegt eine aufblasbare Melone über die Köpfe des Publikums. Schon alleine wegen ihres Namens gehören die Musiker:innen zum Inventar des Festivals. Auch mit einer Coverversion des Songs “Von der Kunstfreiheit gedeckt” von Danger Dan können sie vollends überzeugen.
Erwähnenswert sind außerdem Maid of Ace, die mit ihrem energiegeladenen Punkrock und der rebellischen Attitüde die Menge mitreißen. Die vier all Flinta Geschwister sind ein seltenes, aber wichtiges Vorbild in der Punkszene.
„Are you fucking ready or what?“
Auf der Main Stage sind unsere heutigen Highlights Buster Shuffle, die zur Feier von Billy’s Geburtstag Elton John erklingen lassen. Die Intensität steigt, als Agnostic Front die Bühne betreten. Einige Festivalbesuchende beginnen, sich von der Bühne in die Menge zu rollen – eine Eigenart, die nicht alle nachvollziehen können. Doch die Menge ist in Bewegung und die Energie spürbar. Die Dropkick Murphys holen nochmal die letzten Kräfte aus dem Publikum heraus und die Bühne wird zum Schauplatz eines epischen Auftritts. Während „Shipping Up to Boston“ erklingt, stürmt die Hälfte des Publikums die Bühne und das Spektakel nimmt kein Ende. Die Worte „Leave the stage now (but come back soon)“ vermitteln zwar das Versprechen einer Rückkehr, klingen aber wenig authentisch, wenn man den aktuellen Frontmann Ken Casey dabei beobachtet, wie er mit einem großen Grinsen im Gesicht Festivalbesucher:innen von der Bühne tritt. Er scheint nicht so zufrieden mit der Menschenfülle auf der Bühne zu sein, obwohl ein Murphy wissen sollte, dass das so normal am Fuß der Soča ist, wie der St. Patricks Day in Boston. Mit einer Mischung aus Euphorie und Wehmut verabschieden sich die Festivalbesuchenden auch von diesem Tag in die After Show Parties und freuen sich sichtlich auf den nächsten Tag.
Der Mittwoch des Festivals brachte eine vielfältige Palette an Auftritten und unvergesslichen Momenten mit sich. Der Tag beginnt mit unseren Friends aus Hannover, den Teenage Love Guns, die das größtenteils deutsche Publikum mit Texten über Freundschaft, Vaterwerden und Depressionen berühren. Der erste mutige Stage Diver wurde über die Menge getragen und die Zurückhaltung wich einer ausgelassenen Feier.
Auf der Akustik Bühne sorgte Jen Bombop von den Bombpops für Abwechslung, indem sie „Love is a Battlefield“ und „The Idiots Are Taking Over“ von NOFX coverte. Die Fans wurden mit diesen Vertrautheiten verwöhnt und sangen begeistert mit. Auf der Main Stage geht es mit Scowl weiter. Trotz einer Knieverletzung des Gitarristen ließ sich die Band nicht davon abhalten, eine energetische Show abzuliefern. Obwohl die Circle Pits immer noch von männlicher Dominanz geprägt sind, war die Energie unbestreitbar.
Highlight des Tages bietet Frank Turner. Er begrüßt die Menge und erklärt, dass es sich so anfühlt, wie nach Hause zu kommen. Er hatte bereits 2019 auf dem Festival gespielt. Außerdem verrät er, dass der Drummer am nächsten Tag Geburtstag habe (vielleicht wird er 18 oder so). Während eines Akustik-Songs soll dieser seinen ersten Stage Dive absolvieren. Spektakulär und triumphierend kehrt er zur Bühne zurück. Turner fordert das Publikum auf: „Are you fucking ready or what?“ – und die Menge explodiert vor Begeisterung.
Der Donnerstag auf dem Festival war erneut ein aufregender Tag voller beeindruckender Momente. Auf der Beach Stage startet Missstand mit uns in den Tag. Die Band feierte ihre 350. Show auf der Bühne und zelebrierte diesen Meilenstein gebührend! Die Menge ging voll mit, und die Stimmung war auf dem Höhepunkt.
Crowdsurf-Nachwuchs
The Venomous Pinks sind zum ersten Mal beim Punkrock Holiday und sichtlich beeindruckt von der Atmosphäre. Die Sängerin ist so ergriffen, dass sie sich fast verschluckt. Viele Kinder stagediven und auch eine Frau wirft sich oben ohne in die Menge. Gemeinsam mit Bad Cop Bad Cop sind sie gerade auf Tour und teilen sich auch hier in Tolmin die Bühne. Nicht ganz, denn letztere sind heute auf der Mainstage unterwegs und heizen ordentlich ein.
Die ein oder andere Verletzung bleibt auch nicht aus. Während des Auftritts von Pennywise musste ein Besucher aufgrund eines gebrochenen Beins von der Bühne geholt werden. Die Band reagierte mit Großzügigkeit und spendierte Merchandise. Die Frage, ob es jemals einen Auftritt ohne „Bro Hymn“ geben wird, schwingt im Raum. Dieser Klassiker ist eine feste Tradition und gehört zu den unverzichtbaren Momenten eines Pennywise-Konzerts. Der Donnerstag war ein weiterer Tag voller intensiver Emotionen, kraftvoller Botschaften und mitreißender Auftritte. Die Vielfalt der Bands und die Energie der Menge setzten die Festivalstimmung in vollem Umfang fort. Es folgt auch schon der letzte Abend der Woche. Jaya The Cat sorgten für eine spektakuläre Show mit unerwarteten und energiegeladenen Momenten, die perfekt in das Setting passen. Ein regelrechtes Stage-Dive Battle entfachte, während die Band die Menge in Bewegung hielt. Es gab sogar einen High-Five-Moment mit dem Soundtechniker, der die Interaktion zwischen Band und Crew hervorhob. Auf der Bühne sorgte eine Seifenblasenmaschine für zusätzlichen Spaß und Atmosphäre.
Pulley brachten eine Botschaft der Möglichkeiten und des Mutes auf die Bühne. Sogar nacktes Stage Diving und Crowdsurfing waren Teil des Geschehens, was die ausgelassene Stimmung der Menge widerspiegelte. Die Band schaffte es, die Menge mit ihrer Energie und Musikalität in ihren Bann zu ziehen und sorgte für unvergessliche Augenblicke.
Das Punkrock Holiday in Tolmin ist ein Festival voller Überraschungen, unvergesslicher Bühnenmomente und interaktiver Erlebnisse von Bands und Fans. Die Festivalatmosphäre blieb lebendig und inspirierend, während die Bands das Publikum mit ihren Auftritten in den Bann zogen. Und wer zwischen den Bands nicht auch mal die Soca besucht und sich von einem aufblasbaren Stück Pizza, einem Einhorn oder Flamingo treiben lässt, hat nur die Hälfte des Festivals erlebt!