„Stößchen Hannover, oder was sagt man hier?“
Pensen Paletti eröffnet mit seiner Bumm-Gitarre und den humorvoll gesellschaftskritischen Texten den Abend im Kulturzentrum Faust. Die meisten kennen den Hamburger aus seinen Bands Das Pack und Monsters Of Liedermaching. Dass das Ausnahmetalent auch allein dem Entertainment maximal gewachsen ist, stellt er am heutigen Abend einmal mehr unter Beweis.
Paletti übergibt sein Mirko an die ebenfalls aus dem Ruhrpott stammende Band Pott Riddim. Gerahmt von zwei Papppalmen und in Bühnennebel gehüllt betritt der Fünfer die Bühne. „Stößchen Hannover, oder was sagt man hier? Sagt man Prost?“, animiert Sänger Makko das zahlreich vertretene Publikum und erntet Applaus. Stille herrscht allerdings bei der Frage, ob jemand Bock habe arbeiten zu gehen. Während der aktuelle Song zum gleichnamigen Album „Nie Mehr Arbeiten Gehen“ angestimmt wird, kann man das hannoversche Publikum jedoch schnell wieder ausgelassen tanzen sehen.
Die Sondaschule als sehr willkommene Gästen der hiesigen Musikgemeinde
Unter viel Applaus betritt die Sondaschule die Bühne der ausverkauften 60er-Jahre-Halle. „Hach ist das schön, unfassbar“, begrüßt Frontmann Costa Cannabis die Fans der Band. Das Publikum ist heute Abend bunt gemischt und definitiv in Feierlaune. „Ihr wollt tanzen, das habe ich gesehen!“, stellt Costa fest und führt fort „Ich gebe eine Melodie vor und Ihr folgt ihr.“ Angestimmt wird „Manchmal Läuft“ vom Album „Schön Kaputt“. Die Temperaturen in der Faust schnellen gewaltig in die Höhe. Passend dazu gibt es zu den Dauerbrennern „Sommer, Sonne, Strand und Meer“, „Sklave Der Uhr“ oder „Durch Deine Augen“ ordentlich Pogo und mitgegröle. Textsicher zeigt sich das hannoversche Publikum nicht zum ersten Mal. Die Sondaschule gehört zu den regelmäßig sehr willkommenen Gästen der hiesigen Musikgemeinde. Auch die Band nimmt die Hochstimmung des heutigen Abends wahr und Costa reagiert: „Ich hab ’nen Termin in Hannover heute und da sind die Leute viel, viel besser drauf.“
Der Titel „Alles Gute“ geht heute mit breitem Grinsen und charmanten Zynismus an das älter Semester: „Für alle, die immer noch leben und uns schon länger kennen, als zehn Jahre: Wir wünschen Euch was!“ Zu „Hängematte“ schwingen die Arme der Besucher unbändig durch die Luft. Karomuster hat hier heute definitiv keiner am Arsch. Die Sondaschule gehört eindeutig zu den Bands, die das Trinkverhalten ihrer Gäste in ausgelassener Gesellschaft aktiv und begleitet fördert. Eine wirklich großartige Nacht am Ufer der Ihme.
„Ich will Euch springen sehen. Springen gegen Nazis!“
Mit den Worten „Jetzt wird’s ernst!“, leitet die Sondaschule ihren Albumtitel „Schere, Stein, Papiere“ ein. Im Hintergrund thront das riesige Banner der Band mit dem dazugehörigen Albumcover. Ohne groß Reden zu schwingen geht es mit „Palermo“ weiter. Schon nach den ersten Tönen rastet das Publikum förmlich aus. Immer mehr Crowdsurfer sind über den Händen der anderen zu beobachten.
„Ostberlin“ bedarf auch keiner großen Ankündigung seitens der Band. „Alerta“-Rufe reichen, um den Politsong der aktuellen Platte zu identifizieren. Das Publikum beherrscht auch die neuen Titel. Als einen Gast der Text ausgeht, geht gleichermaßen Costa die Stimme aus. Verzückt schmunzelnd gesteht er: „Du hast so schön mitgesungen und auf einmal war der Text weg. Ich gucke jetzt ihn an“, zeigt er auf einen anderen Fan. „Arschlochmensch“ bringt die Faust zum Beben. Es habe sich eingebürgert, dass es nicht reiche, einfach Nazis raus zu schreien: Wir müssen es morsen, Hannover. Ich will Euch springen sehen. Springen gegen Nazis!“
Publikumschöre und Crowdsurfer bei der Sondaschule
Der Stimmungsmacher „Amsterdam“ lädt zum Schunkeln ein und in all seiner Doppeldeutigkeit gibt Costa den Besuchern gute Ratschläge an die Seite. Immer wieder setzen lauthals Publikumschöre ein. Sowohl die Frage nach verbleibender Energie, als auch der Lautstärketest von Männern und Frauen, Alt und Jung oder Hannoveranern und Gästen wird euphorisch vom Publikum angenommen. Bei „Dumm Aber Glücklich“ lädt Costa zum Tanzsolo und der Zenit des Abends scheint längst überschritten.
„Zu Kurz Um Lang Zu Denken“ wird als Titel für die Band kommuniziert und gleichermaßen ans Publikum zurückgegeben: „Das nächste Lied ist für uns und Ihr seid herzlich eingeladen, dass es auch für Euch ist.“ Die Publikumsnähe spielt bei der Sondaschule ganz klar eine große Rolle. Damit ist der letzte Song des offiziellen Sets verstrichen. Traditionell lässt sich das Publikum jedoch nicht so schnell verabschieden und setzt zu „Hey, hey, Sondaschule, Sondaschule“ an. Die Band lässt sich nicht lang bitten und legt kurzerhand erneut los.
„Wir haben eine Tradition: Alles, was bis 120 kg wiegt, geht nach oben. Das Publikum hat bei uns immer zwei Etagen“
Bei „Für Immer Nie Nüchtern“ liegen sich viele Besucher in den Armen. Es ist eine dieser Hymnen, die man nicht einfach tatenlos beobachten kann. Laut formen sich die Stimmen der Einzelnen zu einem glücklichen Chor. Costa feuert an: „Wir haben eine Tradition: Alles, was bis 120 kg wiegt, geht nach oben. Das Publikum hat bei uns immer zwei Etagen.“ Wir sind ganz klar kurz vor dem krönenden Abschluss dieses Abends: „Was für ein schöner Abend Hannover. Ich bedanke mich und gehe vor Euch auf die Knie.“ Das Publikum erwidert das Gefühl der Band und springt, johlt mit oder klatscht. Mit ordentlichem Strobo schickt die Band ihre Gäste nach Hause. Der Titel „Time Of My Life“ erklingt vom Band und untermalt die Essenz dieser Nacht, während so langsam die letzten „Hey, Hey, Sondaschule“-Chöre verklingen.
Am Ende bleibt eins so sicher, wie das Amen in der Kirche: Wenn die Sondaschule zum Tanz bittet fragt man nicht – man tanzt.