Montag – der Tag, den tourende Bands wohl am meisten fürchten. Die Meisten der Gäste sind noch platt vom Wochenende und wenn es dann, wie an diesem Montag, auch noch regnet, wünscht man sich eigentlich mit Wolldecke vor den heimischen Fernseher gekuschelt. Da könnte man schon verstehen, wenn Montags-Shows eher weniger gut besucht wären. Doch nicht so an diesem Montag, als Spanish Love Songs und Ducking Punches im Bei Chez Heinz zu Gast sind. Etwa 200 Besucherinnen und Besucher trotzen der beginnenden Winter-Lethargie und finden sich zu einem bunten Stelldichein der Emotionen im Kellerclub ihres Vertrauens ein.
„Come Closer – We’re vegans, we don’t bite!“
Den Anfang machen Ducking Punches aus dem britischen Norwich. Mit dem Satz „Come Closer – We’re vegans, we don’t bite“ zieht das Quartett im feinsten britischen Englisch direkt die ersten Lacher und Sympathien auf seine Seite. Geboten wird Punkrock, der Technik, Spielfreude und Atmosphäre mit zum Teil düsteren Lyrics vereint. Es sind deutliche Parallelen zu den Musikerkumpels Apologies, I Have None zu erkennen. Neben den musikalischen Schnittstellen drehen sich auch die Texte zu großen Teilen um die Themen Selfcare und Mental Health. So lernt das Publikum vor dem Song „Six Years“ beispielsweise, dass in Großbritannien der größte Killer von Männern unter 45 der Tod durch Suizid ist – eine Information, die viele im Raum schlucken lässt. Abgesehen von der Schwere der Themen bieten Ducking Punches ein abwechslungsreiches Gemisch aus alten Songs und Stücken der neuen Platte „Alamort“. Dass die Band kein unbeschriebenes Blatt ist, zeigt sich dabei schnell: Es gibt Crew-Singalongs auf und vor der Bühne und für gewisse Parts in den Songs, ertönt sogar ein „Szenenapplaus“.
Es wird mitgesungen, getanzt und sich in den Armen gelegen
Nach einer kurzen Atempause geht es dann direkt weiter mit Spanish Love Songs, deren Album „Schmaltz“ (CD-Review) in diesem Jahr eingeschlagen ist, wie eine Bombe. Was sich auch besonders daran zeigt, dass die Platte am Merchtisch restlos vergriffen ist. Direkt zu Beginn, bei Songs wie „Sequels, Remakes & Adaptations“ oder dem großartigen „The Boy Considers His Haircut“ merkt man, wie gut die Kalifornische Band bei ihrem Publikum ankommt. Die Stimmung ist deutlich gelöster, als bei dem Opener und für einen Moment vergisst man, dass es ein verregneter Montag ist und alle morgen wieder zur Arbeit oder Uni müssen. Unter einem wirklich guten Sound wird mitgesungen, getanzt und sich in den Armen gelegen. Lässt man den Blick durch den Saal schweifen, schaut man überall in fröhliche und in die Musik der Spanish Love Songs vertiefte Gesichter.
Atmosphärische Intimität unter Luftballongirlanden
Selbst Sänger Dylan Slocum muss sicherheitshalber noch einmal nachfragen, ob heute wirklich Montag ist und stellt im selben Atemzug fest, dass in Deutschland jeder den Titel “Schmaltz” viel besser ausspricht, als die Musiker selbst. Vor dem Song „Aloha to No One“ verlässt die Band die Bühne und lässt Dylan allein zurück – dieser greift in einer kurzen Ansprache -cool an den Pfeiler der Heinz-Bühne gelehnt- ebenfalls das Thema Mental Health auf, bevor er zu einer emotionalen Interpretation des erwähnten Songs ansetzt. Mit zitternden Händen und brüchiger Stimme – in Kombination mit einer Girlande Luftballons, die sich durch den Raum zieht, wirkt die Intimität dieser Situation mehr als alleinstehend. Somit ist es durchaus bizarr, dass zwei Gäste mit dieser Atmosphäre nicht ganz umzugehen wissen und müssen mit Blicken und Worten ermahnt werden, diesen Moment nicht kaputt zu machen.
Mit einem musikalischem Feuerwerk in die Nacht
Kurz darauf brennt der Song „Buffalo Buffalo“ ein wahres Feuerwerk ab, es platzen ein paar der Luftballons und die Band verschwindet von der Bühne, nur um kurz darauf noch einen weiteren Song zum Besten zu geben und dann endgültig vollkommen ausgepowert die Segel zu streichen. Das Publikum kann nicht genug bekommen und applaudiert und jubelt noch minutenlang – bis sich alle, mit einem Lächeln im Gesicht, in die Nacht verabschieden.