Wisst Ihr eigentlich noch, was vor 14 Jahren war? Soviel Zeit ist seit dem letzten Album von Sparta vergangen. 2006 gab es das Fußball WM-Sommermärchen, Fidel Castro hat abgedankt, die Vogelgrippe war in Deutschland angekommen, der Fall Natascha Kampusch hat weltweit für Aufsehen gesorgt – und Sparta haben mit “Threes” ihr letztes Album veröffentlicht. Das fühlt sich alles schon echt weit weg an. Umso besser, dass es nach dieser gefühlten Ewigkeit endlich wieder etwas zu hören gibt von der Band vom Ex-At The Drive In-Gitarrist Jim Ward. Zusammen mit Matt Miller (Bass), Gabriel Gonzalez (Gitarre) und Cully Symington (Drums) geht Jim Ward auf dem neuen Album “Trust The River” als Sparta an den Start. Ungeachtet der Änderungen der Besetzung kann man von einer wirklichen Reunion wohl nicht sprechen, da sich Sparta zwar für einige Jahre zurückgezogen, aber nie aufgelöst haben. Bereits 2017 fing Ward an neuen Songs zu arbeiten. Dass diese aber ein Sparta Album werden würden, war nicht von Anfang an klar.
„“Trust The River“ bietet einiges: Von verspielt verträumter Gitarrenmelodie bis zum treibenden Drumbeat über die gesangliche Dynamik, die sich auch mal bis zu energischem Geschrei steigern kann.“
Die Story steht im Vordergrund
Es ist recht wenig übrig geblieben vom Post-Hardcore der wilden Jahre. So geht es alles in allem zwar deutlich gemäßigter zu, aber der Drive ist definitiv da, wo er hingehört. Gesanglich hat sich auch Jim Ward über die Jahre gewandelt und ist sicher nicht zuletzt durch seine zahlreichen Einflüsse und verschieden Projekte dabei facettenreicher und interessanter geworden.
Die Lieder sind musikalisch vielfältig und nicht weniger beeinflusst von den Erfahrungen der zurückliegenden Jahre. Was immer wieder auffällt ist, dass sich die Songs auf ihren wesentlichen Kern konzentrieren – die Story steht im Vordergrund. Es gehört alles da so hin und ist nicht mit Anstrengung so produziert, dass aus einer kleinen Idee ein ganzer Song herausspringt. Vielmehr wird man immer wieder von frühen und abrupten Enden zurück ins Jetzt gerissen. Nicht, dass diese irgendwie unpassend wären, aber sie hinterlassen den unterbewussten Wunsch, direkt noch einmal von vorn anzufangen, weil man glaubt, dass man vielleicht etwas verpasst hat. Oder das Gefühl hat, dass es zu kurz war und man nicht genug Zeit hatte, den Spirit des Songs in sich aufzunehmen.
Habt Vertrauen
„Trust The River” ist mehr als nur ein Albumtitel, es beschreibt auch, wie man auf sein Gefühl vertrauen sollte, das sich alles so ergeben wird, wenn die Zeit reif dafür ist. Man muss nur der Natur seinen Lauf lassen. So ungefähr beschreibt Ward, dass er schon lange das Gefühl hegte, dass seine musikalisch härtere Seite und die nachdenklichere irgendwann eine Symbiose eingehen werden, wie mit diesem Album geschehen.
„Auf ganz natürlichem Wege kommt es zu dieser Einheit“, kommentiert Ward. „Diese beiden Welten in mir waren schon immer auf dem Weg zur Einheit. Und ich wusste tief in meinem Herzen, dass es so kommen würde.“
Vorab gab es für die Wartenden schon drei der zehn Songs von “Trust The River” als Single zu hören. Mit “Believe” meldeten Sparta sich bereits Ende Januar 2020 zurück und jeweils im Abstand von einem Monat später folgten noch “Empty Houses” und „Miracle“. Im Opener Track „Class Blue“ bekommt man bereits einen guten Querschnitt der musikalischen Ausrichtung von „Trust The River“ geboten. Von verspielt verträumter Gitarrenmelodie bis zum treibenden Drumbeat über die gesangliche Dynamik, die sich auch mal bis zu energischem Geschrei steigern kann.
Der zweite Song der Platte „Cat Scream“ ist ein Konzentrat aus freigesetzter Energie und Emotionen, der letztendlich den Ausschlag für die Entstehung des Albums gegeben hat und – wie auch „Graveyard Luck“ – bereits 2018 bei Youtube veröffentlicht wurde. Als einer der heimlichen Hits hat “Spirit Away” großes Potenzial. Eine schöne Ballade als Duett arrangiert, die sich beim näheren Hinhören als Abhandlung einer Entführung entpuppt und den Hörer mit einem fragwürdigen Bauchgefühl zurücklässt. Der Schlusspunkt wird mit „No One Can Be Nowhere“ gesetzt, der berechtigter Weise die finale Position erhält und noch einmal alles bietet. Besonders ist, dass das Intro des Songs unwillkürlich Assoziationen zu The Doors hervorruft.
Eine musikalisch zeitlose Reise
Man merkt, dass Sparta und allen voran der kreative Kopf der Band Jim Ward älter geworden sind und einiges an Erfahrung mitbringen. „Wenn Du 23 bist, gibt es nichts Besseres, als jeden Tag in einer anderen Stadt zu spielen und in irgendeiner Bar zu versacken. Heute möchte ich die Show spielen und am nächsten Tag die Stadt erkunden – Patti Smith hat mal gesagt, sie spielt nur noch an Orten, die sie gern besuchen möchte. Das möchte ich genauso machen. Der ganze Rest – der Erfolg und das Geld – das gibt mir alles nichts. Und das Leben ist viel zu kurz, um unglücklich zu sein.“
Musikalisch kann man das nach der Wartezeit auf jeden Fall als Zugewinn verzeichnen und findet mit „Trust The River“ eine musikalisch zeitlose Reise, die wie alle schöne Momente meist zu kurz erscheinen und gerne wiederholt werden möchten.