„We are having the time of our lives“
Not Scientists eröffnen den Donnerstagabend im Bei Chéz Heinz pünktlich um 20.00 Uhr mit einem knackigen „Hallo“. Ohne viel Tamtam geht es schnörkellos ins Volle. Treibende Gitarren und ein unfassbar cleaner Gesang holen das Publikum schnell vor die Bühne. Für einen großen Teil der Gäste stellt die Prunkrock Band aus Lyon die Überraschung des Abends dar. Spätestens bei der Gute-Laune-Hymne „I´m Brainwashing You“ bleibt kein Fuß mehr ruhig stehen.
Immer wieder schickt Frontmann Jim seinen Dank ins Publikum: „Cool, thank you and a special thanks to The Flatliners. It is an awesome band. It´s a pleasure to be on tour with them. We are having the time of our lives.“ Die Kollegen von Prawn bezeichnen Not Scientists als „bad going and bad influenced“, da sie es par excellence verstehen zum Alkoholkonsum zu animieren. Not Scientists bildet den Nachfolger der Pop Punk Band UncommonMenFromMars. In Perfektion wissen es die Musiker, ihr Publikum mit einem wirklich satten Musikerlebnis abzuholen und zu überzeugen. Die Zuhörerschaft dankt es der Band applaudierend und pfeifend.
„like run away from America!“
Nach einer kurzen Umbaupause betreten Prawn die in tiefrotes Licht gehüllte Bühne des Kellers des Vertrauens. Die Indieband aus Ridgewood, New Jersey trumpft mit einem wunderbar vollem Sound auf. Das Publikum lässt sich von den Klängen des Vierers treiben. Wenige Tage zuvor veröffentlichen Prawn ihr neues Album „Run“. Frontmann Tony Clark erklärt dazu: „Run, like run away from America!“
Das hannoversche Publikum hält mal wieder seine so geliebten Sicherheitsabstand zur Bühne. Clark schaut sich das nicht lange an und bittet die Zuhörerschaft näher zu treten. Diese folgt und versammelt sich nah an der Bühne. Den Sound Prawns kann man durchaus als experimentell beschreiben. Die über drei- und vier-Minuten-Songs sind von ausschweifenden instrumentalen Parts durchzogen, fesseln die Gäste und bilden eine sphärische Atmosphäre.
Flatliners mit angezogener Handbremse in Hannover
Bei Hannover Concerts Produktionen kann man sich auf einen perfekt durchgetakteten Produktionsablauf verlassen. Wieder bleibt gerade kurz Platz für ein kühles Getränk, eine Zigarette oder ein schnelles Durchatmen, bis der ACDC-Klassiker „Hells Bells“ durch den Keller dröhnt und den heutigen Hauptact auf die Bühne schickt. The Flatliners gehören mittlerweile zu einer gern gehörten Konstanten der Punkrock Szene.
„Fantastic to be back“, schreit Chris Cresswell ins Publikum. Mit „Eulogy“ gibt es gleich als zweiten Song eine dieser großen Flatlinershymnen auf die Ohren. Einer der Songs, der auf keiner Punkparty im Béi Chéz Heinz fehlte und fehlen durfte. Das Publikum gibt freiwillig und ohne Aufforderung den halben Meter zur Bühne auf und setzt das wilde und ekstatische Feiern an. Doch die Band aus dem kanadischen Toronto hat heute offensichtlich die Handbremse angezogen und spielen ihre Songs langsamer als gewohnt. Auch eine kleine Beschwerde gibt es prompt. Die Flatliners lieben das „Heinz“, aber die Säule in der Mitte stört laut Cresswell echt. Einer wird dadurch immer von den anderen Bandmitgliedern getrennt.
Ein Abend zwischen allen Qualitäten
Die Titel des aktuellen Albums „Inviting Light“ (Review) wechseln mit den Klassikern der Flatliners. Immer wieder fällt hierbei das gedrosselte Tempo auf. Warum das so ist, lässt sich nur erahnen und die Reaktionen des Publikums fallen dazu absolut unterschiedlich aus. Während die einen mit hängenden Köpfen von absoluter Enttäuschung reden, sind wieder andere begeistert oder immer noch nicht mit dem Schwärmen über Not Scientists fertig. Dass sich der Sound des Vierers verändert hat, ist spätestens seit der letzten Veröffentlichung klar. Dass sich dies allerdings auch auf die alten, so geliebten Stücke wie beispielsweise „Count Your Bruises“ auswirkt, muss erst mal eine Weile sacken.
Und so verhält sich auch das Publikum. Die durchaus vorherrschende Tanzfreude wird immer wieder etwas eingepackt und man folgt eher aufmerksam kopfnickend. Alles in allem erleben wir einen sehr runden Abend mit allen vorstellbaren Qualitäten: Überraschungen, Enttäuschungen, guten Freunden, guter Musik und auch, wenn es vielleicht nicht zu 100% so lief wie gewünscht, durfte einmal mehr diese wunderbare – durch Musik verbundene – Szene erlebt werden.