Im neuen TOUCHÉ AMORÉ Album „Stage Four“ steckt viel Herz: Herzblut, Herzschmerz, Herzlichkeit. Denn Frontmann Jeremy Bolm verarbeitet auf dem mittlerweile vierten Studioalbum seiner Post Hardcoreband aus Los Angeles den Tod seiner geliebten Mutter – und dass dadurch reichlich Gänsehautmomente vorprogrammiert sind, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Sogar an jene höhere Macht wendet sich Bolm in seiner Trauer, obwohl er sich gleichzeitig vom eigenen Glauben distanziert: „You died at 69, with a body full of cancer. I asked your god „how could you?“ but never heard an answer“, singt er im Song „Displacement“, der in geballter Trauer die Verzweiflung des Verlustes ausdrückt.
Das ist definitiv eine der Stärken von TOUCHÉ AMORÉ: Die Texte sind auf den Punkt und somit unglaublich aussagekräftig und ergreifend. Außerdem schafft es die Band ihren Worten musikalisch einen starken Ausdruck zu verleihen. Dementsprechend steckt weit mehr hinter dem Albumtitel, als der Verweis auf die Tatsache, dass „Stage Four“ das vierte Album der Band ist. „Stage Four“ weist nämlich auf das vierte Stadium der Krebserkrankung hin, der Jeremy Bolms Mutter 2014 erlag, während ihr Sohn auf der Bühne stand und das tat, was er liebt.
Allerdings ist „Stage Four“ nicht nur das persönlichste TOUCHÉ AMORÉ Album, sondern auch das erste, auf dem Frontmann Jeremy Bolm wirklich singt – und das steht ihm und den Songs verdammt gut. “With this record being so heavy, content-wise, I also think it’s our catchiest,” so Bolm. “I never sang before, so I took a chance with that. I’m so thankful that everybody involved has been so supportive and delicate with the subject matter.”
Somit haben sich TOUCHÉ AMORÉ einer großen musikalischen Veränderung und sogar einer klaren Weiterentwicklung unterzogen, die in näherer Betrachtung der alten Werke nur schlüssig ist: Während es auf „…To The Beat Of A Dead Horse“ noch deutlich rauer, rotziger und Hardcorelastiger zuging, wurde es auf dem 2011er Werk „Parting The Sea Between Brightness And Me“ zunehmend melodiöser, was auf dem letzten Album „Is Survived By“ ein weiteres Mal verstärkt wurde und nun in „Stage Four“ gipfelt. Ebenfalls auffallend: Damals betonte Jeremy Bolm noch, dass alle TOUCHÉ AMORÉ Songs so kurz seien, weil Wiederholungen sie langweilen würden. So überschritt kaum ein Track die 2-Minuten-Grenze. Das ist nun auf „Stage Four“ anders: Da darf auch schon mal die 4-Minuten-Grenze angekratzt werden.
Alle elf Songs sind in sich stimmig und man merkt, dass es sich nicht um eine einfache Aneinanderreihung verschiedener Werke handelt: Die Songs sind viel tiefgreifender und fügen sich zu einem großen Zusammen – musikalisch als auch lyrisch. Mit „Flowers And You“ startet es stark, aber auch eher poppig in die neue Platte ein, wovon ebenfalls der Song „Rapture“ betroffen ist. Gänzlich ungewohnt sind natürlich Songs wie „Water Damage“, in dem Bolm zu sanften Klängen in tiefer Stimmlage singt. Nahezu episch endet das Album mit dem bereits im Vorfeld präsentierten Song „Skyscraper“.
TOUCHÉ AMORÉ haben mit „Stage Four“ ein weiteres starkes Album ihrer Bandkarriere geschaffen, das nicht nur musikalisch absolut hochwertig ist, sondern abermals bis an die Substanz geht. Jeder Song ist einzigartig und auf seine Art und Weise in typischer TOUCHÉ AMORÉ Manier ergreifend.
von Hanna