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Track By Track: Amalia Bloom – Picturesque

Amalia Bloom

Foto: Ettore Pernigotti

Amalia Bloom kommen aus Vicenza in Norditalien. Nicht unweit von Venedig ist es zwar malerisch und ruhig, doch leben vor allem Jugendliche dort im ständigen Konflikt mit einer Heimat, die sich oft wie eine Sackgasse anfühlt. Auf ihrem zweiten Album „Picturesque“ ergründet die Emo-Post-Hardcore-Band ihr gespaltenes Verhältnis mit dem Ort, den sie trotzdem „Zuhause“ nennen. Erfahrt in unserem Track By Track Feature mehr über die Songs der Norditaliener.

„To Bide Time“

Das ist der allererste Song, den wir im Sommer 2020 für „Picturesque“ geschrieben haben. Er kennzeichnet einen Bruch mit dem, was wir vor dem Beginn der Quarantäne waren und was wir mit dieser Platte werden wollten. Zu diesem Zeitpunkt suchten wir unermüdlich nach einem neuen Sound, einer neuen Kohärenz zwischen allen Komponenten, um so unsere einzigartigen Unterschiede bestmöglich herauszuarbeiten, und das Ergebnis ist folgendes: eine Mischung aus zartem Gesang und rauen Instrumentalstücken.

„Sleeping Beauty“

Dieser Song ist ein Walzer der Verzerrungen, der eine zarte Liebeserklärung in eine Klage über die Frustration einer Beziehung verwandelt, die ihr Gegenüber von innen auffrisst. „Sleeping Beauty“ ist hier keine Person, sondern eine Stadt oder ein Ort, der schläft. Schön, aber in seinem eigenen Schlummer erstarrt. Die konfliktreiche Beziehung, die in dem Lied erzählt wird, ist also die eines Zwanzigjährigen zu seiner Heimatstadt, eine innige und liebevolle Bindung, die für viele italienische Jugendliche typisch ist, genau wie für uns. In dieser Beziehung müssen die Menschen für die Möglichkeiten leiden, die ihnen ihre Stadt nicht bietet oder die sie letztendlich vergeuden.

„On Canvas“

Der Protagonist dieses Liedes ist ein Maler, der die Stadt von einem privilegierten Standpunkt aus sieht. In Vicenza, an der Kreuzung zwischen Contrà Porti und Corso Palladio („Treffpunkt des antiken Cardo und Decumanus“), gibt es ein Gebäude mit einem Balkon, der direkt auf die Basilica Palladiana, das wichtigste Denkmal unserer Stadt zeigt. Der Text drückt das ursprüngliche Bedürfnis nach Schöpfung aus, das den Künstlern in die Wiege gelegt wurde. Die einzige Möglichkeit für sie, zu gedeihen, ist das Schaffen von Kunst und die Reflektion über die Eigenschaften der Welt durch sie. Die Basslinie ist schnell, und die Gitarren nehmen die geschrienen Gesangsparts sanft auf und schaffen ein Paradoxon. Zum ersten (und wahrscheinlich letzten) Mal in unserer Diskografie haben wir in diesem Song ein Gitarrensolo eingebaut. Wir lieben es zu rocken.

„Violet“

Dieser Song handelt von der bedingungslosen Liebe zur Musik und zum Bühnenauftritt. Der Song entwickelt sich aus einem gleichmäßigen, lebhaften Rhythmus, der den ganzen Song über anhält und das Bedürfnis, durch die Musik zu leben, deutlich zum Ausdruck bringt. Oft sind junge Künstler:innen zwischen der Angst, keinen Erfolg zu haben und der Angst, auf taube Ohren zu stoßen, hin- und hergerissen. Die Wahrheit ist, dass wir Musik machen, weil wir uns dadurch lebendig fühlen. Das Musikmachen fühlt sich also nicht nur ganz natürlich an, sondern wird zu einer echten Notwendigkeit. Der Text ist von einer alten Dame inspiriert, die jeden Donnerstag, unabhängig vom Wetter, mit ihrer Geige auf den Straßen unserer Stadt Vicenza auftritt und zeigt, dass Musik etwas Starkes und Hartnäckiges ist – etwas, das der Zeit und dem gesellschaftlichen Wandel widersteht. Dieses Lied ist ihr gewidmet.

„Silhouettes“

… ist das am stärksten von der Bewegung der Menschen in der Stadt inspirierte Lied. Der Text beschreibt die Geschwindigkeit, mit der die Menschen kommen und wieder verschwinden und impliziert eine gewisse Zerbrechlichkeit, die dem Menschen innewohnt. In einer sich ständig verändernden, zunehmend fließenden Gesellschaft ist es oft schwierig, Schritt zu halten. Das Geheimnis, den Rhythmus zu halten, besteht darin, das zu finden, was uns am Morgen aufwachen lässt. Dieser Song ist dem Andenken eines Freundes gewidmet, der auf alle möglichen Arten versuchte, auf den Beinen zu bleiben – ohne Erfolg. Schließlich ist er gefallen und hat eine Welt zurückgelassen, die er nie ganz verstehen konnte und die Liebe so vieler Menschen.

„Analog You“

Das ist eine nostalgische Geschichte, die von den Überlegungen eines Fotografen, dem Protagonisten des Songs, ausgeht, der die Schönheit um sich herum sucht. Einen Moment, an den er sich erinnern kann und den er für immer in seinen Bildern festhalten kann. Die Atmosphäre des Liedes schildert das lange, aber hoffnungsvolle Warten. Die Herangehensweise an die Aufnahme war anders als bei den anderen Songs. Die Aufnahmen sind bewusst „Lo-Fi“ und inspiriert von einem alten, spontanen und rohen Stil. Wie eine alte Filmrolle, die in Töne übersetzt wurde.

„Whimsical“

Die Protagonistin dieses Liedes ist eine imaginäre alte Dame, die mit ihrem Neffen spazieren geht und laut über die Bedeutung der Stadt nachdenkt, die zu verlassen sie nie den Mut hatte. Nostalgie vermischt sich mit Gewissensbissen und erzeugt eine dichte und bittere Atmosphäre: Die Routine, die wir geschaffen haben, ist das, was wir heute sind, aber was wären wir heute, wenn wir mehr riskiert hätten? Musikalisch gesehen beschreibt der Song die beiden Seelen der Band sehr gut. Ein schüchterner, fast geflüsterter Anfang macht Platz für dynamische und geschriene Parts, in einem Spiel mit dem Gleichgewicht, das seinen Höhepunkt in einer intensiven, finalen Explosion erreicht, sowohl instrumental als auch gesanglich. Um den Sound zu bereichern, haben wir einige Fender Rhodes-Parts hinzugefügt, die von Elia Guglielmi, unserem Tontechniker, arrangiert und gespielt wurden.

„At a crossroads“

Dieser Song stellt eine grundsätzliche Frage: „Wenn alle gehen, was ist dann der Sinn des Bleibens?“ Manchmal denken wir über die Zukunft nach und sehen eine graue Wolke, die uns nicht erkennen lässt, wie unsere Welt aussehen wird. Aber dann erinnern wir uns daran, dass es etwas gibt, das uns jeden Tag aufstehen und dafür sind wir unendlich dankbar. Sowohl die Instrumente, als auch der Gesang ist schnell und prägnant. Dies ist ein echter Punk-Rock-Song, schnell und unprätentiös. Er erinnert uns daran, woher wir musikalisch kommen. Wir haben uns entschieden, ihn auf die Platte zu nehmen, weil er gleich auf den Punkt kommt.

„Memorial“

Dieser Song erblickte in weniger als einem Nachmittag das Licht der Welt. Als wir ihn aufnahmen, haben wir ihn so gestaltet, wie wir ihn uns immer vorgestellt haben: ein Stück Musik, das Spaß macht, mit einer tiefen Bedeutung und einer unscharfen Seele, angereichert mit Verzerrungen und ordentlichem Lärm. Wir haben nicht mehr mitgezählt, wie viele Gitarren- und Gesangsspuren im Schlussriff enthalten sind! Der Song handelt von einer verlorenen Liebe, etwas, mit dem wir alle etwas anfangen können. Der Protagonist läuft durch die Straßen der Stadt, als er sich plötzlich an die alten Zeiten erinnert, als er sich geliebt und verliebt hat.Als Drogen noch Spaß machten und das Leben einen Sinn zu haben schien. Der Text vermittelt Sehnsucht nach der Vergangenheit und gleichzeitig den unbändigen Willen, sich in die Zukunft zu stürzen.

„Rockabye“

Dieses süße Wiegenlied wurde live aufgenommen. Wir haben ungefähr zwanzig Takes gebraucht, bis wir es richtig hinbekamen. Während der Aufnahme bewegten wir uns im Einklang und ließen uns von neuen Klängen anstecken: Akustikgitarren, Klavier, Banjo und Percussions, wodurch einer der Momente auf der Platte entstand, an dem wir am meisten hängen. Mit geschlossenen Augen kann der Hörer die Position der Instrumente im Raum wahrnehmen, das Geräusch des Ofens, das Knarren der Hocker. Mit diesem Lied schließen wir unser Album ab und zeigen eine zutiefst melodische und spontane Seele, die uns mehr charakterisiert, als die Leute vielleicht denken. Dieser Song wurde in Belgien geboren, als Tom dort noch wohnte und genau wie „Memorial“ war er in weniger als einem Nachmittag fertig: Ettore schickte Tom einige Akkorde und er baute den Song in nur wenigen Stunden zusammen. Wir denken, dass dieses Stück den perfekten Abschluss unseres Albums darstellt, dank der süßen Harmonien der Gesangsparts, die selbst das sind, was wir PICTURESQUE nennen.

 

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