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While She Sleeps – Sleeps Society

Seit 15 Jahren gibt es inzwischen While She Sleeps. Auch wenn diese 15 Jahre nicht immer leicht waren, kann die Band inzwischen auf vier Alben, einige EP’s, ein eigenes Studio und ein eigenes Label namens Sleeps Brothers zurückblicken. All dies ermöglichte es der Band, sich stets weiterzuentwickeln, ihre Wurzeln jedoch nie hinter sich zu lassen. Nun steht mit “Sleeps Society” ein neues, großes Kapitel an. Dies ist nämlich nicht nur der Titel des neuen Albums, sondern auch der Titel des neuen Projektes auf Patreon.

“Auch nach mehrmaligem Abspielen entdeckt man immer wieder neue Kleinigkeiten, die den Songs zusätzlichen charakter verleihen, wodurch “Sleeps Society” mit jedem hören besser wird, aber auch schon nach dem ersten mal auf ganzer Linie überzeugen kann.”

Mit Patreon versuchen While She Sleeps ein neues Finanzierungsmodell für sich und andere Künstler zu schaffen, welches nicht dem Industriestandard entspricht und sich damit selbst unabhängiger macht. Auf Patreon können verschieden bepreiste monatliche Abos abgeschlossen werden, bei welchen die Fans im Gegenzug fast täglich neue Inhalte erhalten. Dies reicht in diesem Fall von einem Podcast, Making of’s, Tutorials, alten Demos bis hin zu Previews, wodurch die Band versucht, ein “zu gut um wahr zu sein”-Angebot zu bieten und damit auf viel Zustimmung trifft. So konnte man sich mit dem passenden Abo auch selber auf dem Song “Call Of The Void” verewigen, da der gesamte Chor aus Patreon-Mitgliedern besteht. Aber beginnen wir am Anfang.

Hat hier jemand einen Breakdown bestellt?

Nachdem sich gefühlt die ganze Metalcore-Szene im Wandel befindet und ihren Sound ändert, wird einem schnell klar, dass dies hier nicht der Fall ist. Der erste Song “Enlightenment” ist dabei ganz klassisch: langsam aufbauendes Intro in einen Breakdown, von da an volle Power und durchgehend sehr melodisch. Ähnlich geht es anschließend mit “You Are All You Need” weiter. Im Mittelteil wird es kurz ruhig, fährt aber direkt wieder langsam an, nur im nächsten Riff-Feuerwerk zu enden.

Etwas experimenteller wird es bei “Systematic”. Ein Intro, das mit Samples überlagert ist und etwas an “Fakers Plague” erinnert, bildet die Grundlage für einen Track, der einen in den nächsten Pit drängt. Abgerundet wird dies von Lawrence ‚Loz‘ Taylor, der im letzten Part schon fast zu rappen beginnt. Keine Angst – es passt perfekt und baut die Spannung für den finalen Breakdown bestens auf.

Harmonischer als je zuvor

Nach drei Songs ist eins deutlich bemerkbar: While She Sleeps haben noch nie so harmonisch gewirkt. An den Instrumenten ist alles wie man es von der Band kennt und liebt, der Unterschied ist am Mikrofon. Nachdem Loz sich in den letzten Jahren immer wieder Operationen an den Stimmbändern unterziehen und das Screamen neu lernen musste, scheint er nun eine Technik gefunden zu haben, die ihm guttut und seine Screams wieder brachialer als zuvor macht. Durch die Operationen ist Mat Welsh zunehmend weiter in den Vordergrund als cleaner Gegenpart gerückt, der seine Rolle immer besser macht. Nun aber nicht mehr nur das: immer wieder ist er auch am Screamen zu hören, wenn auch meist nur im Hintergrund als Unterstützung. Dies tut auch Sean Long, der ebenfalls immer mehr singt, und damit weitere Tiefe bildet.

Um dies kurz weiter zu beschreiben: Loz und Mat geben sich Track für Track die Klinke in die Hand und harmonieren besser als je zuvor. Egal ob sie zusammen singen und Gefühle aufbauen oder sich mit Screams gegenseitig hochschaukeln. Dabei sind es besonders die Kleinigkeiten, die dies so besonders machen. Greifen wir auf den Titeltrack “Sleeps Society” auf die Zeile “Welcome to the Sleeps Society” vor. Hier screamed Mat voller Inbrunst die Worte “Welcome to the”, bevor Loz mit den letzten Worten übernimmt und es steil in den Breakdown geht.

Features, die nicht die Show stehlen

Zurück zum Album: Mit “Nervous” wird es das erste Mal etwas ruhiger. Beginnend nur mit einem Klavier und cleanen Vocals nimmt der Song immer weiter an Fahrt auf, um am Ende wieder in einem Feuerwerk zu enden. Unterstützt werden While She Sleeps dabei von Simon Neil von Biffy Clyro. Anstatt eines eigenen Parts hören wir ihn immer wieder im Hintergrund, wodurch er nicht die Show stiehlt, sondern den Song perfekt unterstützt. Mit “Pyai” folgt ein ruhiges elektronisch verzerrtes Interlude, welches nochmal einen Moment zum Durchatmen bietet.

Der folgende Song “Know Your Worth (Somebody)” erfindet das Rad nicht neu. Ein Song wie man es gewohnt ist, der nicht unbedingt positiv aber auch nicht negativ hervorsticht. Hervorzuheben ist dennoch der ruhige Part in der Mitte den Songs, der nur mit Drums auskommt und ein kleines Highlight setzt. Anders sieht es bei “No Defeat For The Brave” aus. Mit Deryck Whibley von Sum 41 ist hier das nächste Feature im Boot, welches wir über den ganzen Song zu hören bekommen. Hier auch wieder in einer unterstützenden Rolle, die die gesangliche Harmonie auf das nächste Level hebt. Zum Schluss gibt es dann noch ein Gitarren-Solo von Deryck obendrauf und das Highlight ist komplett.

Ein ruhigeres Ende

Ganz anders ist dagegen “Division Street”. Der Song besteht nur aus Klavier und mehrstimmigem Gesang und wirkt etwas fehl am Platz, auch wenn While She Sleeps schon immer viel mit Klavier gearbeitet haben. Der Song baut zwar auf seine eigene Art Stimmung auf, sticht aber nicht hervor und wirkt zu den Songs davor, welche sehr energetisch sind, eher wie eine Vollbremsung. Das Gaspedal wird mit “Sleeps Society” zwar wieder durchgedrückt, zur Höchstgeschwindigkeit geht es aus Albumsicht jedoch nicht zurück, auch wenn der Titeltrack und erste Single des Albums keine Wünsche offen lässt.

Den Abschluss macht “Call Of The Void”, bei welchem – wie eingangs erwähnt – die Sleeps Society mit dabei ist. Wieder einmal fängt der Song langsam an, um sich immer weiter zu steigern, auch wenn er durchgehend recht ruhig bleibt. Im Vordergrund stehen hier oftmals die Chorgesänge, die von den Fans eingesungen wurden. Hier kommt While She Sleeps ihrem langen Ziel Stadionatmosphäre aufzubauen sehr nahe und runden das Album angenehm ab. Hinterher gibt es noch “DN3 3HT”, bei dem die einzelnen Mitglieder mit stark verzerrter Stimme hinter einfachen Klaviertönen über ihre aktuellen Gefühle sprechen und all ihren Fans danken.

Mit effektiv neun Songs ist das Album recht kurz, macht dies aber durch detailverliebtheit wieder wett. Auch nach mehrmaligem Abspielen entdeckt man immer wieder neue Kleinigkeiten, die den Songs zusätzlichen charakter verleihen, wodurch “Sleeps Society” mit jedem hören besser wird, aber auch schon nach dem ersten mal auf ganzer Linie überzeugen kann. Das Album schließt damit perfekt an den Vorgänger “So What?” (Albumreview) an und zeigt wieder einmal, wie sich eine Band weiterentwickeln kann, ohne sich dabei selbst zu verlieren.

Video: While She Sleeps – Nervous ft. Simon Neil

Hier erhältlich
While She Sleeps – Sleep Society
Release: 16. April 2021
Label: Sleeps Brothers/Spinefarm Records

 

 

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