Ich habe gehofft, dass sich, wenn ich diese Zeilen schreibe, die Lage bei uns entspannt hat, das Leben wieder einigermaßen geregelt läuft und wir uns endlich wieder auf Konzerten begegnen können, ohne Angst vor diesem verk***ten Virus. Aber auch dieses Jahr haben wir augenscheinlich nichts dazugelernt und schlagen uns immer noch mit Restriktionen rum, Konzerte werden aktuell wieder abgesagt und teilweise nach der zweiten oder dritten Verschiebung nicht nachgeholt. Das nervt, das ärgert und lässt einen nur oftmals fassungslos den Kopf schütteln. Ich möchte jetzt hier auch nicht zu sehr ins Detail gehen und über Maßnahmen etc. diskutieren, aber was ich hier noch einmal deutlich sagen möchte ist:
„OHNE KUNST WIRD’S STILL“
Es ist wirklich beachtlich, wie lange unsere geliebte Szene durchgehalten hat, auch durch Eure Hilfe (z.B. Spendenaktion für’s Hamburger LOGO). Die Club-Betreiber:innen haben sich immer wieder neu erfunden, um über die Runden zu kommen, aber wer weiß, wie lange noch.
Und ich vermisse Konzerte. Mein letztes Konzert war Ende Januar 2020 (!). Seitdem war entweder alles auf Eis gelegt, wurde verlegt oder die Konzertbedingungen sagten mir entweder nicht zu oder ich hatte einfach schon wieder Angst, die Delta-Variante mit nach Hause zu bringen. Wenn man eine kleine Tochter zuhause hat, überlegt man sich so einen Konzertgang zweimal, wenn nicht sogar mehrmals, aber der Sicherheitsgedanke hat immer gewonnen. Ging es Euch auch so? Schreibt es gerne in die Kommentare.
Was aber glücklicherweise nicht abebbte, war der Schwung an Musik, welcher uns durch diese Zeit (mal wieder) brachte. Ich habe für Euch mal meine Top-Favoriten des Jahres rausgekramt-
Meine Lieblingsalben 2021
Top 5 in völlig willkürlicher Reihenfolge (ganz ehrlich).
We Butter The Bread With Butter (WBTBWB) – Das Album
Alles sprachen immer nur von Eskimo Callboy als die Band der Electro-Party-Metalcore-Szene, aber WBTBWB haben schon mit ihrer Version von der Eskimo Callboy-Hitsingle „Hypa Hypa“ gezeigt, dass sie hier ein gehöriges Wörtchen mitzureden haben. Mit „20Km/h“ haben Marci und Tobi aber mal schlank vom dritten in den fünften Gang geschaltet und Eskimo Callboy auf der rechten Spur stehen gelassen. Das Album hat alles, was das Herz begehrt. Es ist musikalisch erste Sahne, sehr abwechslungsreich und vor allem völlig bekloppt. Genau das richtige Mittel gegen Corona-Depressionen. Selbst meine Frau konnte ich mit dem WBTBWB-Fieber infizieren und die hört eher Classic-Rock. Das soll schon was heißen und ist Euch schon einmal aufgefallen, wie viele E-Roller tatsächlich so in den Städten rumstehen? Noch mehr zum Album erfahrt Ihr in unserem Review.
Cosmo Thunder – Das Wasser Bis Zum Hals
Ich kenne den Dome aka Cosmo Thunder schon eine ganze Weile, habe seine ersten Auftritte in der Rockkneipe in Wittingen miterlebt und dachte schon damals: der Bengel hat irgendwie was. Spätestens seit seiner ersten EP „ Das Wasser Bis Zum Hals“ (es sollen noch drei weitere Folgen) weiß ich auch, was es ist: Ein Händchen fürs Feeling. Cosmo hat es geschafft, ein wenig Akustik-Konzertatmosphäre in mein Wohnzimmer zu zaubern. Ein schönes, ehrliches und gefühlvolles Stück Musik, was ich immer wieder gern auflege. Ich freue mich jetzt schon auf die kommenden drei EPs und hoffe, dass auch das Title Fight-Cover von „Like A Ritual“, was mich damals in Wittingen schon begeistert hatte, auch seinen wohlverdienten Platz findet. Hier könnt Ihr das Review nachlesen.
Loathe – The Things They Believe
Mit „I Let It In And It Took Everything“ haben Loathe ein für mich absolut geniales Album in 2020 herausgebracht, was zurecht auf vielen Top-Listen gelandet ist. Umso überraschender war es, dass genau ein Jahr nach der Veröffentlichung dieses besagten Albums wieder ein Album veröffentlicht wurde. Mit „The Things They Believe“ wird aber eine ganz andere Marschrichtung eingeschlagen, denn es handelt sich hier, ganz im Gegensatz zum Vorgänger, um ein reines Ambient-Music-Album. Musik für den Moment, zum Abschalten und zum Abtauchen vor dem ganzen Trubel der Außenwelt. Wunderschön werden hier Bilder mit Musik gemalt, die mich all das Negative der letzten Zeit immer aufs Neue vergessen ließen.
Every Time I Die – Radical
Wenn man sich bei Every Time I Die (ETID) auf etwas verlassen kann, dann ist es, dass die Herren extrem gut mit jedem Album, was sie herausbringen, abliefern. Nach über zwanzig Jahren Bandgeschichte echt eine Wahnsinns-Leistung. Bei Radical ist es nicht anders. Die Scheibe ist dermaßen gut, abwechslungsreich und vor allem wieder richtig schön wütend, dass sie es auf Anhieb auf Platz 2 meiner All-Time-Favourites von ETID geschafft hat. Nur „Low Teens“ finde ich noch ein Stück besser, aber wirklich nur ein gaaaanz kleines. Welcome To Planet Shit! Hoffentlich raufen sich die Herren nach dem Eklat bezüglich eines möglichen Rausschmisses von Keith Buckley wieder zusammen. Das wäre echt ein Verlust für die Szene. Immerhin spielen sie die jährliche „‘Tis The Season“-Konzerte wieder. Das lässt schonmal hoffen. Hier erfahrt Ihr mehr über die Platte.
SeeYouSpaceCowboy – The Romance Of Affliction
Mein lieber Scholli, was für ein Album. Was SeeYouSpaceCowboy da kreiert haben, ist ein absolutes Brett von Album. Ich habe den Vorgänger schon sehr gemocht, aber was die Band hier aus dem Ärmel gezaubert haben, katapultiert mich mit wohlig-warmen Gefühl zurück in die 2000er-Ära der Musik, wo Screamo und Myspace angesagt waren. Aber „The Romance Of Affliction“ ist nicht nur ein billiger Abklatsch dieser Zeit, sondern schafft es, das Genre auf ein völlig neues Level zu katapultieren und wieder ins Gespräch zu bringen. Allein der Opener ist dermaßen gut, dass nur allein der in Dauer-Rotation bei mir über die Lauschmuscheln lief. Hier findet Ihr mein Review.
Was die Zukunft hoffentlich so bringt
Vorfreude ist ja bekanntermaßen die schönste Freude und ich bin schon jetzt gespannt, was das kommende Jahr musikalisch für uns bereithält. Z.B. sind Stray From The Path aktuell im Studio und das neue Werk der Smashing Pumpkins lässt mit Sicherheit auch nicht mehr lange auf sich warten. Außerdem hoffe ich, dass die vierte Welle endlich durchbrochen wird, etwas Ruhe einkehrt und ich meine Konzerttickets, die ich seit zwei Jahren hier schon liegen habe (Deftones z.B.) endlich unter guten Bedingungen einlösen und wieder Konzertluft schnuppern kann. Ansonsten hoffe ich, wieder regelmäßig mit meiner kleinen Kapelle Musik machen zu können und auch selbst mal wieder die Bühnen der Welt (naja, eher Deutschland) betreten zu können. Euch geht es mit Sicherheit ähnlich und auch wenn mal wieder alles aussichtslos erscheint: Wir schaffen das, wir stehen das durch. Und wenn es zu dunkel wird um Euch rum: Sprecht bitte mit jemandem, holt Euch Hilfe. Es ist keine Schande, um Hilfe zu bitten.
In diesem Sinne: Bleibt gesund und munter. Wir sehen uns im Jahr 2022!
Euer Sash