Punk goes Jersey Shore: Die Beach Rats nehmen ihren Namen einigermaßen wörtlich und sammeln am Strand von Asbury Park, NJ eine Handvoll altgedienter Punkveteranen ein, um Alte-Männer-Musik zu spielen. Was wie ein semiguter Witz anfängt, endet als Zeitreise zurück zum ganz frühen Hardcore.
Zufällig Genremitgründer
Den hat Brian Baker ja auch irgendwie miterfunden, als er mit Government Issue, Minor Threat und Dag Nasty in den frühen 80ern einfach so gleich bei mehreren bedeutenden Genreurvätern die Gitarre bedient. Dass er zudem seit nun über 25 Jahre mit Bad Religion weiter Punkgeschichte schreibt, kratzt nun auch nicht gerade an seiner Kredibilität und ist wohl ein Grund dafür, dass er sich ständig in irgendwelchen Supergroups wiederfindet. Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass Baker mit keinem geringeren als Dennis Lyxzén von Refused und weiteren Veteranen aus der DC-Hardcoreszene als Fake Names ein sommerliches Power-Pop-Kleinod aus dem Ärmel schüttelte.
Ungefähr zur gleichen Zeit zieht er nach Asbury Park, New Jersey, wo er sogleich von Pete Steinkopf, Bryan Keinlen (beide Bouncing Souls) und Ari Katz (Lifetime) angequatscht wird, die unbedingt ein weiteres Projekt auf die Beine stellen wollen. Oder wie er es selbst in gewohntem Understatement formuliert:
„Wie schon meine ganze Karriere über, hatte ich auch hier das Glück, in ein ziemliches fertiges Konstrukt zu stolpern, um direkt loslegen zu können. Als sie mit mir über die Idee Sprachen, sagte ich direkt ‘Ich will in einer Band sein! Bands sind super! Let’s go!‘“
Reenactment oder Supergroup?
Man könnte nun auf die Idee kommen, dass die DNA-Mix von Lifetime, Bouncing Souls und Bad Religion ein sonniges Hitfeuerwerk verspricht – und wird erstmal enttäuscht. Die Beach Rats besinnen sich auf die sehr frühen 80er und spielen den Ostküstenhardcore der damaligen Ära sehr detailgetreu nach – eingängige Hooks und Singalongs waren damals quasi noch nicht existent. Stattdessen liefert „Rat Beat“ 12 Songs in 21 Minuten, die beinahe ausnahmslos zwischen Midtempo und Abgehparts changieren und eine Menge dissonanter Akkordfolgen mit dem unverkennbaren Organ von Ari Katz vereinen und dafür nur in zwei Fällen mehr als anderthalb Minuten brauchen.
Das führt unweigerlich zu Vergleichen mit der Frühphase von Lifetime, der Vibe ist aber doch ein ganz anderer. „Bikes Out“ kloppt sich schnell ins Gehör und gibt als Opener direkt den Ton der nächsten 20 Minuten an. Das folgende „Dress For Sick Sesh“ treibt das Tempowechselspiel auf die Spitze und strapaziert mit monotonem Chorus mehr, als es begeistert.
Dissonanz vor Melodie
Der Titeltrack entpuppt sich dank singalongfähigem Chorus als kleiner Hit der Platte. Sowieso wirken die Beach Rats dann am stärksten, wenn sie kleine, unterschwellig melancholische Melodien zulassen, wie in „Blown To Bits“, „Clorox Boys“ oder „Beach Talk“. Demgegenüber stehen zunehmend weirde Momente, wie „Wordz“, das wie ein Surf-Song auf Crack klingt oder „Summer’s End“, eine alles in allem deprimierende Angelegenheit.
Unterm Strich ist „Rat Beat“ wohl nur für wirkliche Enthusiasten interessant, die den Sound von Früher gespielt von Leuten von Früher haben wollen. Das wird aber auch dem Selbstverständnis der Band gerecht, wie Baker abschließend einordnet: „Das hier ist ein lockeres Ding, es ist unperfekt, also zerdenke es nicht. Es geht nur um das Spielen an sich. Es ist eine Zeitreise, nichts anderes.“