Chaos, Isolation, Wahnsinn und Gewalt: Auf ihrem neuen Album „Splinters From An Ever-Changing Face“ tauchen END in die tiefsten Abgründe des menschlichen Seins. In den elf Songs bereitet einen die Band auf den Weltuntergang vor und bugsiert die Hörer direkt in die Vorhölle.
„Aus END scheint etwas Großes zu wachsen, denn Namedropping hin oder her: „Splinters From An Ever-Changing Face“ bewegt sich auf jeder Ebene auf sehr hohem Niveau.“
Ohne Umschweife in den dunklen Abgrund
Die Mitglieder der Band sind in der Szene keine unbekannten: Stimmlich zieht uns Counterparts-Frontmann Brendan Murphy ohne Umschweife mit in den dunklen Abgrund, die Gitarrenklänge übernehmen Will Putney von Fit For An Autopsy und Gregory Thomas, der bereits bei Shai Hulud spielte, den Bass zupft Jay Pepito von Reign Supreme und am Schlagzeug wirbelt Billy Rymer von The Dillinger Escape Plan ordentlich dreckigen Staub auf.
Während die Debüt-EP „From The Unforgiving Arms Of God“ (2017) eigentlich nur ein Testlauf und eine musikalische Liebhaberei der Band war, um zu schauen, wie die Musik bei den Leuten ankommen würde, realisierten END schnell, dass ihre Songs durchaus Anklang finden. Mehr sogar: Von vielen wird die Hardcore-Band als absolutes Highlight in der Szene der Genre-Neuzugänge betrachtet. Überraschend ist dies eigentlich nicht, denn sind wir einmal ehrlich: Hier haben sich Musiker zusammengetan, die in ihren bisherigen bzw. anderen Bands bereits auf ganzer Linie überzeugt haben und weiterhin überzeugen. Entsprechend hochkarätig ist das, was die Band auf Platte gepresst und auf den Namen „Splinters From An Ever-Changing Face“ getauft hat.
„You’re sick, you need to come home.“
Vor allem Brendan Murphy gibt einmal mehr Einblicke in sein intimstes Seelenleben und das in einer Form, die selbst seine Vocals bei Counterparts noch einmal um einiges an Brachialität übersteigt. So schließt „Fear For Me Now“ mit den Worten „Are you there? You’re sick, you need to come home.“ – die Worte seiner Mutter am Telefon, als er sie von einem Festival in Europa anrief, um ihr zu sagen, dass er sterben möchte, wie er auf Twitter verriet. Bei all der durchaus fesselnden Brutalität der Songs haben diese einen noch düsteren, tiefgründigeren Hintergrund, als ein erster Hördurchgang vielleicht vermuten lässt.
Denn hier geht es nicht um Oberflächlichkeiten oder darum, „mal einen schlechten Tag zu haben“. Es geht um die Reinwaschung von den eigenen Sünden („Fear For Me Now“), darum etwas sehnlichst haben zu wollen, was man nicht kriegen kann („Covet Not“) oder das Höllenfeuer, durch das man geht, wenn man sich selbst und anderen gegenüber nicht aufrichtig ist („Pariah“). Musikalisch untermalt durch Elemente aus Hardcore, Grind und sogar Deathcore wird die düstere Stimmung der Lyrics perfekt widergespiegelt.
Auf jeder Ebene auf sehr hohem Niveau
Für die Mitglieder von END mag es zu Beginn primär ein Projekt gewesen sein, in dem es einfach darum ging, gemeinsam die Musik zu machen, die man auch privat gerne hört. Sicherlich wird sich an der Passion auch nichts geändert haben. Doch daraus scheint etwas weitaus Größeres zu wachsen, denn Namedropping hin oder her: „Splinters From An Ever-Changing Face“ bewegt sich auf jeder Ebene auf sehr hohem Niveau. Angefangen bei den erschütternden Lyrics, die Brendan Murphy maximal angepisst und gleichzeitig hochgradig emotional ins Mikrofon raunzt, über ein ausgeklügeltes, beeindruckendes Gitarren- und Bassspiel, bis hin zum treibenden Schlagzeugbeat, der Erebos, Orcus und Hades gleichzeitig herandonnern und die Dunkelheit bedrohlich immer näher kommen lässt.
END kreieren auf ihrem Album ein Manifest an die düsteren Abgründe des menschlichen Seins, das sich an eine ungebändigte Verzweiflung klammert und geben sicherlich vielen Menschen so – wenn auch ungeplant – gerade in diesen schweren Zeiten ein Stück weit einen Soundtrack, aber gleichzeitig auch ein Ventil, um diese Abgründe überwinden zu können.