Green Day – Revolution Radio

Um den 11. August verkündete die -in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommene und Grammy Award ausgezeichnete- Punkrock Band GREEN DAY, dass ihr neustes Album „Revolution Radio“ am 7. November erscheinen wird. Kurz vor knapp flatterte die Scheibe in die Redaktion und bereits nach den ersten drei Akkorden litt zumindest ich unter einem kurzweiligen Anfall voller Atemaussetzer: GREEN DAY führen definitiv nicht meinen All-Time-Sing-Along-Band-Olymp an, aber wenn ich mir eins (leider) gemerkt habe, sind es die langatmigen Titel wie das grausam öde beginnende, anhaltende und endende „Wake Me Up When September Ends“ oder die 4:47 Minuten Jammerhymne „Boulevard Of Broken Dreams“. Das man sich für „Revolution Radio“ treibendere Klänge wünschte war demzufolge auch vorerst ein wirklich schöner Gedanke. Als es dann allerdings nicht lang brauchte, um das eben benannte Jammerhymnengefühl auszulösen, verlor sich sofort jegliche Hoffnung tief im Universum.

Doch was wäre eine vernünftige Revolution ohne einen ordentlichen Knall. Ganze 46 Sekunden später wendet sich das Blatt und „Revolution Radio“ beginnt tatsächlich Lust auf mehr zu machen. Genau dieser Knall ist ohne Frage als stilistisches Mittel der greenday´schen Revolution zu verstehen und somit als Umbruch, Neuanfang oder Neuordnung zu betrachten. In welche Richtung man das für sich ausgelegt, ist dabei sicher jedem selbst überlassen. Fakt ist allerdings, dass bei dem Trio bandintern in den letzten Monaten und Jahren ganz schön was losgewesen sein muss. Immer auf dem Beschleunigungsstreifen unterwegs, Alkohol und Drogen („Still Breathing“), wenig Kontrolle und dabei oder genau deswegen immer beflaggt mit der „Just going and going and going“ Attitüde, zogen Green Day nach ihrer Album-Trilogie „Uno“ „Dos“, „Tré“ die Notbremse.

Et voilà, erfreulich die alten, die neuen, die vermissten und merklich weiterentwickelten GREEN DAY hören zu dürfen: „Es ist mehr als offensichtlich, dass die Welt ihren Zusammenhalt verloren hat. Und auch Mike, Tré und ich sind verlorene Seelen.”, sagt Green Day Frontmann Billie Joe Armstrong. “‘Revolution Radio‘ ist ein Aufruf für alle verlorenen Seelen zusammen zu kommen, zusammen zu tanzen, zu singen und vor allem sich zusammen zu finden. Das ist der Spirit, den Green Day seit dem allerersten Tag gelebt haben.“ Damit ist „Revolution Radio“ eigentlich ganz gut beschrieben und genau deswegen bekommt „Revolution Radio“ die nahezu volle Punktzahl. Das bedeutet nicht, dass es hier um DAS Überalbum des Jahres geht. Vielmehr geht es um die wahrscheinlich authentischste GREEN DAY Platte der letzten Zeit. Sich aus einer dermaßen festgefahrenen Maschinerie zurück in ein selbstbestimmtes Leben und Wirken zu kämpfen, gehört wohl zu einem der schwersten menschlischen Prozesse.

Melodisch rasen die Gitarren durch einen Großteil der Songs und Armstrongs Stimme jammert nicht, sondern klagt an. Klar und zielgerichtet zeigen die Kalifornier Missstände auf und versuchen das ins wanken gekommene System zu ordnen. Jugendlich grinsend und maximal erleichtert lässt sich sogar ein bisschen „Dookie“ raushören. Im besonderen Fokus von „Revolution Radio“ stehen Themen des alltäglichen Lebens. Im Song „Troubled Times“ beispielsweise liegt der Fokus klar auf der Aktualität. Entstanden ist der Titel nach den Pariser Attentaten. Auch wenn es eigentlich nicht laut ausgesprochen werden muss, ist der Hauptsatz „We live in troubled times“ viel mehr als eine schnöde Floskel.

Zwischen selbstbewussten Songzeilen und überwiegend treibenden Instrumenten erinnert „Revolution Radio“ an Konzeptalben wie „American Idiot“ und „21st Century Breakdown“. Wie sich allerdings der als Akustik-Song gestaltete Closer „Ordinary World“ auf das Album schleichen konnte, ist nicht ganz klar. Der zum gleichnamigen Spielfilm gehörige Soundtrack steht im absoluten Bruch zu allen anderen Titeln der Platte. Hier wäre eine Hymne -der nicht mehr so ganz verlorenen Seelen- sicher gut plaziert gewesen. Ab dem 14. Oktober (USA) wird Armstrong in der Hauptrolle des Perry im Film „Ordinary World“ zu sehen sein.

 

Von Maria