Der ersten Band des Abends – Snareset aus Greven Reckenfeld – darf man sicherlich durchaus unterstellen, von Genrekollegen wie die früheren The Flatliners beeinflusst zu werden. Das noch junge Quartett weiß durch starken Punkrock zu überzeugen. Dementsprechend voll ist es bereits vor der Bühne. „Es ist gar nicht mal so üblich, dass schon so viele Leute vor der Bühne sind, wenn wir so früh spielen“ , freut sich Frontmann Christoph und bedankt sich. Als die Band ihr Set beendet, geben sich Sänger und Schlagzeuger Felix breit grinsend ein High Five. Zu recht: Snareset haben einen starken Auftritt vorgelegt und aus den hinteren Reihen hört man sogar Forderungen nach einer Zugabe.
Mit erhobenem Mittelfinger gegen Sexismus
The Headlines aus Schweden stechen zu allererst optisch ins Auge: Die Band aus Malmö erinnert an Oldschool Punkrock/Rockabilly Bands. Allen voran Frontfrau Kerry Bomb, die durch ihre vielen Tattoos, den wasserstoffblonden Haaren und knallroten Lippen auffällt. Musikalisch bewegen sich The Headlines ebenfalls in Punkrock Gefilden. Kerry Bomb wirbelt über die Bühne und muss sich schon nach kurzer Zeit ihrer Lederjacke entledigen. In der Zwischenzeit spricht sie sich mit erhobenem Mittelfinger gegen Sexismus aus und fordert zu mehr Rücksichtnahme auf unsere Welt auf, die immer weiter von den Menschen zerstört wird.
„Dankeschön!“ , bedankt sie sich bei den Besuchern des Kulturzentrum Faust auf Deutsch. Diese sind bereits in bester Wochenend-Feierlaune, tanzen ausgelassen und starten die ersten Moshpits. Zum Abschluss überrascht die Band mit einem Cover von Nenas „99 Luftballons“. Dieses gibt Kerry Bomb beinahe komplett in akzentfreiem Deutsch zum besten. „This song is for Snareset!“ , kündigt sie im Vorfeld an und die Schweden lassen ein sichtlich begeistertes Publikum in den ersten Reihen zurück.
Pest vs. Cholera
Als Ignite schließlich nach einer kurzen Umbaupause die Bühne betreten, wirkt es, als würde im Kulturzentrum Faust sprichwörtlich ein Pulverfass explodieren. Ununterbrochen springen Stagediver von der Bühne ins Publikum, die Besucher grölen die Texte der Gäste aus Orange County aus voller Brust mit. „Thanks for having us!“ , freut sich Frontmann Zoli Téglás beinahe etwas bescheiden. Erst im vergangenen Jahr veröffentlichten Ignite ihr neues Album „A War Against You“. Das erste Werk seit dem 2006er Kultalbum „Our Darkest Days“. Téglás übernahm zwischenzeitlich das Mikrofon in der Punkrock Band Pennywise, auf ein neues Ignite-Album warteten die Fans allerdings vergeblich. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch – konnten aber glücklicherweise erfüllt werden.
Wer Ignite kennt, der weiß, dass durchaus politische und gesellschaftliche Themen auf der Agenda der Band stehen – immerhin setzt sie sich beispielsweise aktiv für den Tierschutz ein. Als US-Amerikaner kommt man um eine Thema aktuell kaum herum: US-Präsident Donald Trump, der gefühlt täglich mit dem nächsten Schnitzer um die Ecke kommt und so manch einer mit dem Kopfschütteln nicht mehr aufhören kann. „It’s so crazy right now that we almost wish Bush to come back!“ , erklärt Zoli und positioniert sich wie viele andere US-Bands auch ganz klar von Trump. Es wirkt beinahe, als wäre es eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Zwischendurch nimmt er immer wieder einen großen Schluck aus einem Tetra Pak mit Saft. Ob noch etwas Alkoholhaltiges in der Packung versteckt ist bleibt sein kleines Geheimnis.
„Be thankful for what you have!“
Ignite präsentieren sich heute ein Mal mehr als großartige Live-Band und vor allem Zoli Téglás zeigt, was für ein begnadeter Sänger er ist. „Be thankful for what you have!“ , läutet er „Live For Better Days“ ein und Ignite sorgen für eine ordentliche Portion Gänsehaut. Als sich die Band verabschiedet hat und bereits „TNT“von AC/DC aus den Boxen dröhnt, kommen Ignite plötzlich zurück auf die Bühne, um weitere Songs zu spielen. Scheinbar hatte die Band heute Abend mindestens genauso viel Spaß wie ihre Fans und das trotz Jetlag.
„See you next time!“ , verabschieden sich die Kalifornier endgültig von ihrem Publikum und verlassen die Bühne. „Die haben halt noch richtig Bock!“ , fasst ein Besucher zusammen – nicht unbedingt üblich, denn Ignite gibt es mittlerweile seit stolzen 24 Jahren. Aber ja: Bock haben Ignite immer noch. Das haben sie heute Abend in Hannover unbestritten bewiesen und so für ein weiteres großartiges Konzerterlebnis gesorgt.