Ingo Donot äußert sich in einem ausführlichem Facebookpost zur Situation, Wahrnehmung und Realität der Kulturschaffenden in Zeiten von Covid-19. Der Frontmann der Band Donots vertritt somit einen Wirtschaftszweig, der keine Lobby hat.
„Kultur bietet den Menschen immer schon Perspektive. Jetzt ist es an der Zeit, auch der Kultur eine Perspektive zu bieten.“
Ausgelöst wird sein Post durch die ihm zugetragene Vermutung, „dass sich die Kulturschaffenden des Landes in Corona-Zeiten „Extrawürste“ braten würden und Aktionen wie „Alarmstufe Rot“ ein eitles und falsches Signal seien“. Daraufhin habe er mit der Tourmanagerin der Band telefoniert und festgestellt, dass sich die Eindrücke der beiden absolut nicht unterscheiden würden. Das brannte sich in die Gedanken des Musikers ein:
„Wir alle warten, wissen kaum, wohin mit unseren Energien, unserer angestauten Kreativität, unserem unbändigen Wunsch, gemeinsam wieder etwas auf die Beine zu stellen und damit andere Menschen und uns selbst glücklich zu machen.“
Bereits am Anfang seines Statementes vergisst er aber auch andere Branchen nicht:
„Zugegeben: 2020 war ein schwieriges Jahr für alle Menschen. Und das, was ich hier im folgenden ausführen möchte, trifft sicherlich auch auf diverse weitere Branchen wie Gastronomie und Tourismus zu. Ich berichte hier aber natürlich an vorderster Front eben über jene Branche, jene Szene, die unserer Band nun schon seit über 26 Jahren ein wundervolles Zuhause ist. Freundschaftlich, familiär wie beruflich.“
Und während er sein Anliegen auf den Tisch packt, nämlich due Aufschlüsselung der Realität zu dem Gedanken, die Kultur würde sich Bonusgehälter einstecken, fällt wieder einmal auf, „dass Kultur hier und da nicht unbedingt als vollwertiger Job gelte“. Knollmann geht es um das Sichtbarmachen einer grundliegenden Haltung und Leidenschaft der Kulturschaffenden weltweit. Dazu erklärt er sehr ausdrücklich, dass es kein Wettbewerb sei und dass der von der Kulturbranche benutzte Begriff „systemrelevant“ nicht diskreditieren möchte,
„was für unfassbar großartige und wichtige Arbeit an so vielen Stellen derzeit geleistet wird, wo Hilfe wirklich aktiv und (über)lebenswichtig nötig ist.“
Der Musiker möchte ein besseres Bewusstsein für die eigene Szene und die Branchen, die unmissverständlich dazugehören schaffen:
„Natürlich müssen Menschen, die sich freiwillig und mit Überzeugung in den Dienst von Kunst und Kultur stellen, auch irgendwie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Aber glauben Sie’s oder nicht: Wenn im Kühlschrank daheim irgendwann mal das Licht ausgeht, stehen immer noch die gleichen Menschen mit dem gleichen Enthusiasmus und der gleichen ungebrochenen Leidenschaft und Kreativität vor Ihnen, die an egal welcher Schaltstelle für die Planung, Durch- und Aufführung sowie die Nachbereitung von Kultur arbeiten – und das mit einem dicken Lächeln, Dauer-Motivation, Teamgeist, Hingabe, zumeist unbezahlten Überstunden und einem niemals versiegenden Depot aus Blut, Schweiß und Tränen. Alles fein vernetzt, alles mit einem Zusammenhalt, wie man sich ihn für viele Aspekte des Zusammenlebens nur wünschen könnte.“
Dazu gehören neben Musikern, Crewmitglieder, Soundleute, Lichtleute, Clubbesitzer, Booker, Agenture, Merch-Companies, Busunternehmen, Catering-Firmen, Journalisten, Redaktionen und Zine-Herausgeber, Visagisten, Tätowierern, Gastronomen, Securities, Labelleuten und Managern, Distros, DIY-Enthusiasten (egal welchen Geschlechts oder welcher Herkunft) und all die SOLOSELBSTSTÄNDIGEN. Und natürlich müssen auch diese Berufgruppen von was Leben – besonders in einem Jahr, in dem die Bühnen dieser Welt verstummt sind:
„Wir alle leben natürlich von etwas. Wir leben aber vor allen Dingen FÜR etwas.
Niemand wird in unserer Szene direkt mit einem dicken Startgehalt, einem wahnsinnigen Umsatz von Tag 1 an oder Gagen über das anfängliche Spritgeld hinaus entlohnt. […] Näher an seinem Traum leben kann man kaum. Und ich versichere Ihnen: Das ganze ist mitunter wirkliche Knochenarbeit, Stress und ein immenser Zeitaufwand, selbst wenn alles oftmals so unheimlich leicht aussieht, weil man dabei trotzdem ständig lächelt und Spaß hat.“
Und dann wirbt er für eine Unterstützung auf einer ganz basal menschlichen Ebene, die beim besten Willen jeder verstehen muss:
„So ganz ohne Unterstützung kommen eben auch wir bei aller Luft und Liebe nicht aus. Es geht hier nicht um „Extrawürste“. Es geht nicht um bezahlten Urlaub auf unbestimmte Zeit. […] Es geht um eine Aussicht darauf, dass wir irgendwann unserer Arbeit wieder nachgehen dürfen.“
Und auch hier bleibt Knollmann konstruktiv, sieht die ganz unterschiedlichen Komponenten der Thematik und vergisst nicht, dass ein Supportsystem bereits aus allen erdenklichen Richtungen läuft:
„Ein silberner Streif am Horizont sind da natürlich all der Support und die tollen Soli-Aktionen, die in letzter Zeit on- wie offline, ideell wie auch ganz aktiv finanziell von verschiedenen Seiten organisiert wurden und auch das Versprechen, dass staatliche Hilfen unter die Arme der Kulturschaffenden greifen sollen.“
Die Donots kündigten im September mit „Birthday Slams Live!“ das allererste Live-Album ihrer Karriere für den 4. Dezember an. Damit möchten die Musiker ihre Live-Crew unterstützen. Aufgenommen wurde das Live-Album auf den „Birthday Slams“ 2019 – mit Konzerten in Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Wiesbaden (dort gleich 2x an einem Tag!) und natürlich ihrer Heimat Ibbenbüren. Im folgenden Post könnt Ihr Euch Ingo Donots Statement außerdem in voller Länge durchlesen.
Nachdem ich dieser Tage vereinzelt die Vermutung zu hören und lesen bekam, dass sich die Kulturschaffenden des Landes in…
Gepostet von Ingo Donot am Montag, 9. November 2020