Iron Maiden & The Raven Age in Hannover

Iron Maiden & The Raven Age Hannover ZAG Arena Copyright Maria Graul-6486
Foto: Maria Graul

Elftausend Iron Maiden Fans haben an diesem schwülen Sommertag im Juni ihren Weg in die ausverkaufte ZAG Arena am Rande Hannovers gefunden. Heute ist es so weit, die britische Hard Rock und Heavy Metal Band kommt gemeinsam mit The Raven Age und fast 50 (!) Jahren Bandgeschichte zurück nach Hannover. Da ist Familie im Spiel, denn George Harris ist der Sohn des Iron-Maiden-Bassisten Steve Harris und gleichermaßen Gründungsmitglied von The Raven Age. Somit trifft die Maiden Familie in dieser Woche auch auf ein hannöversches Familienkonstrukt, denn vor ihrem Konzert am Mittwochabend kickten die Musiker und ihre Crew (Iron Maiden haben eine eigene Fußball-Mannschaft) 90 Minuten in der Heinz von Heiden Arena gegen eine bunt gemischte Promi-Mannschaft, die auch Mitspieler der Stadtgrößen Hannover 96 und Hannover Concerts fasste. An der Seitenlinie coachte Mirko Slomka.

„Every fucking night is the best night of our lives!“Bruce Dickinson

Pommes Gabeln und Rockstar Posen

Überpünktlich starten The Raven Age ihr Set und die genretypischen Pommes Gabeln schießen, als hätte man einen Schalter umgelegt, in die Luft. Der Innenraum ist zur Hälfte gefüllt und die ersten Reihen warten spürbar sehnsüchtig auf ihre Idole um Iron Maiden. So kennt wohl nahezu jede Band, die auch schon Vorband gewesen ist, den Kelch, das Publikum aufzuwärmen und das Stimmungsbarometer nach oben zu treiben. Und jede/r Zuschauende kennt den dafür gern genutzten „Beliebige Stadt, make some f*ckin‘ nooooise!“ Ruf. So nun auch heut in Hannover und das Spiel funktioniert ganz hervorragend und die Stimmung und Temperaturen steigen zusehends. Auch die großen Rockstarposen haben die Musiker inne. Völlig nachvollziehbar also, dass Matt James, der Frontmann der Briten, seine Stimme ergreift, um jeder Person im Saal zu danken, den Heavy Metal auch im Jahr 2023 hochzuhalten. Nach rund 50 Minuten, Handylichtglühwürmchen im Saal und stimmfesten Chören verlassen die Musiker die Bühne und machen Platz für eins der gewaltigsten Bollwerke des Genres.

Bildergalerie: The Raven Age

Iron Maiden

Denn schaut man sich im Hard-Rock- und Heavy-Metal um, gibt es nur wenige andere Bands, die so bezeichnend für das Genre sind, wie Iron Maiden. Da sind 3 irre versierte Gitarren, die gradlinig den Sound vorgeben und von der Rhythmussektion, bestehend aus Bass und Schlagzeug, so trocken und unaufgeregt wie Sandgebäck, auf Spur gehalten werden. Bruce Dickinson haucht dem Ganzen mit seiner charakterstarken Stimme eine Seele ein, die einzigartig ist. Es gibt heutzutage wenige Bands, die – setzt mal alles ins Verhältnis – mithalten können. Das fängt bei den Frisuren an und hört noch lange nicht bei einem wirklich facettenreichen Bühnenbild auf. Superlative nennt sich da, was wir heute in Hannover geboten bekommen. Und dieses wirklich beeindruckende Erlebnis, wird besonders durch eine Band vollendet, die so viel Spielfreude ausstrahlt, dass dies bis in die eigenen Fingerspitzen zu spüren ist.

Los geht es mit dem Song „Caught Somewhere In Time“ und schon weit vor dem ersten Ton dreht die erste Reihe förmlich durch. Es dauert nicht lang, bis Bruce Dickinson seinen Mikrofonständer in beeindruckender Eleganz gekonnt durch die Luft wirbelt, zum Publikum dreht und wieder zurückzieht, um ihn erneut durch die Luft zu wirbeln. Da ist richtig was los. Da zeigt sich eine Band in Topform! Gut gealtert, die Herren. Respekt. Eddi ist auch dabei und lugt bereits bei „Stranger in a Strange Land“ hinten links über die Bühne. Das Publikum, welches heute aus so vielen Männern besteht, dass es zumindest im Innenraum schwerfällt, weibliche Personen klar auszumachen, zeigt sich fit, wie es bei den Temperaturen, die mittlerweile auch das Halleninnere erreicht haben, kaum zu erwarten ist. Was für eine Dynamik. „The Writing on the Wall“ schließt an.

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Seid immer gut zu Euch

Wo man beim Support das Spiel zur „f*cking Noise“ leicht schmunzelig bewerten könnte, ist der „I can´t hear you. Scream for us, Hannover“ – Ruf des britischen Bollwerks die reinste Kür. Die ersten haben sich vermutlich schon vor Beginn der Show die Seelen so euphorisch aus den Leibern gebrüllt, dass man ernsthaft froh sein kann, dass die Sanitäter einen wirklich fantastischen Job hinter der Bühne machen. Wir wünschen allen, die Betroffen waren, dass Sie mittlerweile wieder auf den Beinen sind. Passt gut auf Euch auf und trinkt immer genug. Besonders, wenn der längste Tag des Jahres so schwülen Kreislauftemperaturen am Start hat – auch, wenn das vielleicht den Verlust eines Platzes in Reihe eins kostet.

Dickinson leitet sein Publikum in nahezu jeden Song ein. Es gibt ja auch einfach ehrlich viel, bei so viel gelebter Musikgeschichte zu erzählen. Wie bei jeder großen Produktion ist natürlich auch heute die Choreografie on point und jeder der Herren weiß genau, wann er wo zu stehen und vor allem zu posieren hat. Da zeigt die Band, wie es gehen kann, wie Interaktion funktioniert und wie auch bei dem entferntesten Gast des Abends irgendwann und spätestens, wenn das Pathos die Hand reicht, der Funke springen muss. Ich würde fast wetten, dass dieses „irgendwann“ keine 15 Minuten braucht. „Days of Future Past“, „The Time Machine“, „The Prisoner“ und „Death of the Celts“, bei dem es um die Kämpfe, den Schmerz und die Siege des keltischen Volkes geht und dessen Tapferkeit, Unverwüstlichkeit und dessen Mut betont, folgen. Das allein zeigt schon eine echt richtig gute Setlist. Als jedoch „Can I Play With Madness“ startet, steigert sich die Energie und Dynamik in der Halle enorm. So ein elftausend Menschen Chor ist echt immer wieder außergewöhnlich. Bruce Dickinson animiert die Halle mit zwei Bewegungen und einer Leichtigkeit, die Seinesgleichen sucht: Beide Arme in die Luft und dann von rechts nach links schwenken. Läuft!

Stimmgewalten

„Heaven Can Wait“ schließt ohne Pause an. Rücken an Rücken bespielen Steve Harris und Janick Gers ihre Saiten, um kurze Zeit später die Bühne von hinten nach vorn zu bejagen. Gers stoß übrigens als letztes aktives Mitglied 1990 zur Band. Das ist allein 33 Jahre her – fast mein ganzes Leben. Dickinson steht unterdessen auf dem Bühnenaufbau über seinem Schlagzeuger und animiert die Menge mehr und mehr. Er bewegt sich vertraut über die zweite Etage des Bühnenaufbaus und dann fliegen auch schon die Funken aus seiner Kanone. Eddie the Head, das berühmteste, beliebteste und unverwüstlichen Maskottchen der Heavy-Metal-Geschichte ist als Roboter zurück und in Angriffslaune. So kontrovers, wie seine Persönlichkeitsanteile, sind auch die Launen des Riesen. Also: Angriff. Feuerkanonen und natürlich gewinnt Maiden.

Während der Besucher hinter mir so respektabel stimmgewaltig Songs wie „Fear of the Dark“, „Iron Maiden“, „Hell on Earth“ und „The Trooper“ mitbrüllt, dass ich durch den Gehörschutz ein leichtes Fiepen in der Ohrmuschel bemerke, geht es auf das Ende des Abends zu. Mit den Worten „Every fucking night is the best night of our lives“ wird der Song „Wasted Years“ angestimmt und verdeutlicht die Bedeutung dieses Tages, der neben dem Sommeranfang, besonders die weltweite Verbundenheit durch Musik innehat. Was für ein Paukenschlag. Eine ausdauernde Feuershow lädt zum grand finale und es bleibt mir nicht mehr, aber vor allem auch nicht weniger, als Danke zu sagen. <3

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