An diesem Dienstagabend strömt eine bunte Mischung an Hip-Hop und offensichtlichen Linkin Park Fans über die Stadionbrücke zur Swiss Live Hall in Hannover, um Teil der Show von Mike Shinoda und Don Broco zu sein. Nach einer sehr kurzen Zeit in der Schlange bahnen wir uns unseren Weg durch den Vorraum und direkt runter vor die Bühne, um pünktlich zum Start einen guten Platz zu ergattern. Ein Gemisch aus Pop, Rock und Hip-Hop verspricht einen kreativen Mix für den Abend.
„Es gibt immer jemanden, der Euch lieber weiter um sich hat, selbst, wenn Ihr vielleicht nicht mehr daran glaubt!“
Keep your f*cking hands up
Als Erstes erwarten uns am heutigen Abend Don Broco. Die vier Briten brauchen mit ihrem wilden Mix aus Pop und Posthardcore nicht lange, um den Nerv des Publikums zu treffen. Zu „Everybody“ bebt die Halle unter den Massen an springenden Menschen, obwohl die Kapazität der Swiss Live Hall lange nicht ausgelastet ist.
Ob das wirklich von Nachteil ist, wird sich noch zeigen. Zu „Pretty“ wird mit den Worten „If you want to mosh, now it is the time to DO IT“ der erste Moshpit ausgerufen. Der zusätzliche Platz wird ausgenutzt, um mehr Schwung aufzubauen. Dadurch wird der eine oder andere am nächsten Morgen sicher irgendwo einen blauen Fleck oder auch zwei finden. Mit dem T-Shirt Song verabschieden sich Don Broco unter dem Motto „In the UK there is a rule: If you hear the baywatch song in the disco, you take your T-Shirt off“ nach einer mehr als gelungen Bühnenshow aus Energie, Gefühl und skurrilen Outfits von der Bühne.
Bildergalerie: Don Broco
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle für rund 2000 Zuschauer
Schon beim Intro von „Welcome“ tobt die Menge. Als Mike Shinoda schließlich die Bühne betritt, ist die Musik unter dem tosenden Jubel, kaum noch zu hören. Ohne große Umschweife steigt Mike in eine Setlist ein, die sich durch sein ganzes bisheriges Schaffen ziehen wird: Linkin Park, Fort Minor und schließlich sein aktuelles Soloprojekt. Zur musikalischen Unterstützung hat Mike sein Schlagzeug, E-Gitarre, Keyboard und selbstverständliche Sampler dabei. Zusammen mit zwei virtuosen Musikern zaubert „The Glue“ eine Achterbahnfahrt der Gefühle für die rund 2000 Zuschauer.
„do we have some Linkin Park Fans in the house“
Mit „Castle of Glass“ wird der erste Linkin Park Song ausgepackt. Auf die Frage, ob ein paar Linking Park Fans am heutigen Abend anwesend sind, zeigt sich schnell, dass „ein paar“ Fans dabei wohl stark untertrieben ist. Der komplette Saal, inklusive Tribüne, singt lautstark jedes einzelne Wort mit. Aber es soll nicht nur bei einem dieser heiß begehrten Songs bleiben. Wenige Minuten später erklingt „Roads Untraveled“. Einige der Fans haben selbst gebastelte Schilder, passend zur angestimmten Liedzeile, mit der Aufschrift „If you need a friend
there’s a seat here alongside us“ ausgepackt. Beeindruckt springt Mike kurzerhand in den Graben, um eins der Schilder mit einem Autogramm zu versehen. Irgendjemand geht heute also mit einem Souvenir nach Hause, das einen Ehrenplatz in einer Vitrine verdient hat.
Es gibt immer jemanden, der Euch lieber weiter um sich hätte, selbst, wenn Ihr vielleicht nicht mehr daran glaubt
Das er nicht nur mit Songs von Linkin Park den Nerv des Publikums treffen kann, zeigt er mit dem brandneuem Song „Prove You Wrong“ und anderen Songs seines Soloprojektes, wie „Ghosts“ und „Crossing The Line“. Schon in seiner Kindheit lernte Mike Sachen zusammenzubringen, die wenig miteinander zu tun haben, musikalisch beispielsweise Nine Inch Nails, Wu Tang Clan und Jackson Five. So wie sich auf dem Album „Collision Course“ Linkin Park und Jay Z trafen, so treffen heute Linkin Park und Fort Minor in Mash-Ups, wie „Waiting For The End/Where’d You Go“ aufeinander.
Bildergalerie: Mike Shinoda
„Can we please make some noise for Chester“
Vor wenigen Tagen verstarb Keith Flint von The Prodigy. Die Pioniere des Electro hatten Mike schon in seiner Jugend geprägt, als mit „Firestarter“ einer der Hits der Briten über den großen Teich schwappte und den Weg der Elektroszene in den USA ebnete. Nicht nur aus diesem Grund steht Mike mit dem ernsten Appell auf der Bühne, nach Hilfe zu suchen, wenn man sie braucht. Es gibt immer wen, der euch lieber weiter um sich hätte, selbst, wenn ihr vielleicht nicht mehr daran glaubt. So bittet der Musiker gleichermaßen um Applaus für seinen ebenfalls verstorbenen Freund und Bandkolegen Chester Bennington.
Von Gänsehaut, Duetten und Chören
Wem bis jetzt noch nicht die Gänsehaut über den Rücken läuft, der muss nicht mehr lang darauf warten: Mit der Ankündigung, dass das Publikum Chesters Part übernimmt, zaubert Mike Shinoda am Keyboard eine Version von „In the End“, die auch noch dem letzten Anwesenden einen Schauer über die Haut scheucht. Während des Mash-Up´s von „Over Again“ und „Papercut“ schleicht sich Mike von der Bühne, um nach einer kurzen Pause unter lautstarkem Jubel zurückzukehren.
„Denkt immer daran, irgendwer da draußen wird Euch vermissen!“
Mit „Petrified“ lässt der Musiker mit dem Spitznamen The Glue noch einmal richtig die Sau raus. Sein Fort Minor-Hit „Remember The Name“ darf natürlich auch an so einem Abend nicht fehlen und zu „Running From My Shadow“ klettert der vor Charisma nur strotzende Kalifornier von der Bühne auf den Wellenbrecher und singt gemeinsam mit den Fans weiter. Zum großen Finale stoßen Don Broco noch einmal dazu, um mit „A Place For My Head“ einen krönenden Abschluss zu bieten. Zur Verabschiedung dröhnt als Tribut an Keith „Smack My Bitch Up“ aus den Boxen, was einige der Besucher für eine letzte Tanzeinlage nutzen.
Wir machen uns mit gemischten Gefühlen auf den Weg nach Hause. Einerseits durften wir eine geniale Show, eines offenen und freundlichen Mike Shinoda, die wir noch lange in Erinnerung behalten werden, erleben. Auf der anderen Seite wirken viele der Songs und auch die Show davon geprägt, dass ein so herzensguter Mensch den Tod eines seiner besten Freunde verarbeiten muss. Darum denkt immer daran, irgendwer da draußen wird Euch vermissen!