Mit über tausend Shows im Rücken, klarer politischer Kante und einer ordentlichen Portion Selbstironie sind ITCHY alles andere als müde. Im Gespräch erzählen sie, warum Festivals heute bequemer sein dürfen, was ein starkes Publikum ausmacht – und wieso eine AfD-Anfeindung auch mal ein Ritterschlag sein kann. Ob Dosenravioli oder Backstage-Catering, Bierbude oder Infostand – am Ende zählt das gemeinsame Erlebnis. Und wenn’s sein muss, auch mit „Krach, bumms, zack“ durchs Unwetter. Ein Gespräch über Haltung, Festivalrituale und Songs, die bleiben.
„Scheiß drauf – jetzt erst recht“
Willkommen zurück in Hannover! Was verbindet Ihr mit dem Fährmannsfest?
Endlich wieder in eurer Stadt. Wir freuen uns so sehr. Wir kennen das Fährmannsfest bisher leider nur vom Hörensagen und vom Vorschwärmen befreundeter Bands, daher sind wir mega happy, dass es dieses Jahr mit euch und uns klappt. Das wird großartig.
Ihr seid seit vielen Jahren Teil der Szene. Wie haben sich Festivals für euch verändert? Gibt es Dinge, die euch heute wichtiger sind als früher?
Saubere Duschen und Toiletten (lacht). Mit dem Alter und nach über 1000 Shows wird man etwas, ich würde mal sagen, bequemer. Man muss nicht mehr unbedingt 4 Tage im Matsch zelten und Dosenravioli essen, wenn man auch ein nettes Backstage-Catering haben kann. Aber das ist Gott sei Dank auch das Einzige, was sich verändert hat. Wir selbst sind immer noch so gerne auf Festivals und das Publikum ist gefühlt auch immer noch gleich happy, wie vor 20 Jahren. Man merkt einfach, dass die Leute Bock auf Feiern haben.
Was macht für euch ein starkes Publikum aus? Und wann spürt ihr auf der Bühne: Heute wird’s besonders?
Also grundsätzlich reicht es schon, wenn das Publikum und wir nirgendwo anders lieber wären als auf der jeweiligen Show. Aber oftmals sind es auch unvorhersehbaren Situationen, die ein Konzert dann nochmal in die Richtung „unvergesslich“ abdriften lassen. Technische Probleme, schlechtes Wetter, irgendwelche Pannen. Nicht, dass man auf diese Dinge hofft, aber manchmal ist das Motto „Scheiss drauf, jetzt erst recht“ der einzig richtige Weg da durch.
„Nicht nur auf der Bühne – wir setzen uns seit Anbeginn für wichtige Themen ein.“
Das Fährmannsfest steht für Musik mit Haltung. Wie wichtig ist euch diese Verbindung von politischem Anspruch und Musik?
Sehr wichtig! Nicht nur in etlichen unserer Songs, sondern auch auf der Bühne und bei Aktionen neben der Bühne, mit NGOs zusammen, etc. – wir setzen uns eigentlich seit Anbeginn unserer Karriere für uns wichtige Sachen und Themen ein und sind happy, dass unser Publikum vieles genauso sieht und mitzieht. Leider ist die Welt im Moment in einem Zustand, dass es extrem wichtig ist, zusammen für die gute Sache einzustehen und gemeinsam laut zu sein.
Eure Texte nehmen kein Blatt vor den Mund. Gab es Momente, in denen ihr dachtet: Jetzt erst recht – gerade weil es unbequem wurde?
Da gab es einige Situationen. Letztes Jahr wurden wir von nem Festival in Österreich verwiesen, weil wir auf der Bühne für 2 Minuten einer Umwelt-Aktivistin das Mikrofon überlassen haben. Das hat dann irgendwann so große Wellen geschlagen, dass wir öffentlich von der AfD angefeindet wurden. Für eine Punkrock-Band natürlich der Ritterschlag (lacht). Und da haben wir dann gedacht „jetzt erst recht“, haben ein Anti-AfD Shirt rausgebracht, und alle Einnahmen zwei Organisationen gespendet, deren Themen die AfD so richtig auf die Palme bringen: Umweltschutz und Flüchtlings-Hilfe.
Gibt es eine Textzeile von euch, die für euch das Festivalgefühl hier besonders gut beschreiben könnte?
„Dancing in the sun“… hoffentlich.
„Wie klingt das Fährmannsfest?“
Gibt es einen Song, der heute auf keinen Fall fehlen darf – und warum genau der?
„Why Still Bother“ darf vermutlich nicht fehlen, weil den die meisten Leute kennen. Den dürften wir nur weglassen, wenn wir stattdessen sowas wie „Stairway to heaven“ oder „Highway to hell“ spielen.
Stellt euch vor, ihr wärt heute einfach als Besucher hier – wo würden wir euch finden: an der Bierbude, vor der Nachwuchsbühne oder am antifaschistischen Infostand?
Genau da, und zwar rotierend immer im Wechsel.
Und zum Schluss: Wenn ihr den Sound des Fährmannsfests in drei Geräuschen beschreiben müsstet – wie würden die klingen?
Während unserem Auftritt vermutlich „Krach, bumms, zack“. Es könnte aber auch noch „wow“ und „quietsch“ und „fett“ dazukommen. Liegt am Publikum (lacht)