Das Reload Festival 2023 ist Geschichte, wir waren dabei und möchten es an dieser Stelle Revue passieren lassen. Bekannterweise ist Ende August die Festival-Saison schon ziemlich fortgeschritten und es tun sich die letzten Gelegenheiten auf, nochmal ein Wochenende lang seine Lieblingsbands zu sehen, bevor das Wetter wieder schlechter und die Konzerte wieder kleiner werden. So ist es auch mit dem Reload Festival, zu dem täglich über 14.000 Besucher:innen laut Angaben des Veranstalters Reload Event GmbH kommen.
Donnerstag: Ein bebendes Warm-up
Es geht, wie gewohnt, nach der Frühanreise am Mittwoch, dann am Folgetag, dem Donnerstag, mit den ersten Bands auf der kostenlosen Bühne, platziert vor dem eigentlichen Festivalgelände auf der Plaza Stage, los. Dafür, dass man für das warm-Up Programm keinen Eintritt zahlen muss, kann sich das Line-up wirklich mehr als sehen lassen. Als erste Band eröffnen die Grailknights die diesjährige Ausgabe des Reloads und fortan ging es Schlag auf Schlag weiter mit guten Bands. Es folgten The Scratch, Slope, Orbit Culture und viele mehr. Die englischen Oi-Punk-Legenden Cockney Rejects sollen eigentlich direkt nach Planlos spielen, jedoch hat sich ihre Ankunft um einiges verzögert, sodass sie dann statt einem, gleich zwei kurze Sets auf der jedoch kleineren Breakstage auf dem Infield. Zum späteren Abend gibt es dann noch Blindchannel, Gatecreeper & Malevolence auf die Ohren, die wie man es von ihnen kennt, den Vorplatz ordentlich zum Beben bringen. Abschließend spielen dann noch Callejon. Die liefern zwar wieder eine gute Show ab, können allerdings offensichtlich leider nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen. Der Hype, den diese Band einst auslöste, ist spürbar verflogen. Mit Pennywise gibt es dann den ersten Tagesheadliner des Festivals – spätestens bei „Bro Hymn“ sind alle Dämme im Publikum gebrochen und die Party kennt kein Halten mehr. Wo wir grad beim Publikum sind – das Reload Festival zeichnet sich durch seine besonders familiäre Atmosphäre aus. Auch am Donnerstag, an dem die Bewohner Sulingens, neugierige Anwohner und Leute aus allen Generationen und Personengruppen zusammen kommen, um gemeinsam zu feiern. Das ist immer wieder sehr schön zu erleben und macht diesen Auftakt vor dem eigentlichen Programm am Freitag und Samstag umso schöner.
Bildergalerie: Das war der Donnerstag
Der Freitag: Der frühe Vogel shoutet mit dem Sonnenaufgang
Der Samstag beginnt für das Reload gewohnt früh. Mit den Excrementory Grindfuckers geht es schon um 9.45 Uhr auf der Plazastage, vor dem eigentlichen Festivalgelände, los. Also der perfekte Wachmacher am frühen Morgen, während man ein paar Meter weiter vor dem Frühstückszelt ansteht, um sich am Buffet zu bedienen. Direkt im Anschluss um 10.40 Uhr wird es dann auch schon auf der Mainstage laut und Get The Shot lassen von sich hören. Der erste Hardcore Kracher gleich zu früher Stunde. Uff! Aber zumindest hat das schonmal so einige Leute vor die Bühne gelockt, sodass die Party loslegen kann. Das können Get The Shot bekanntermaßen sehr gut, wenn die Kanadier um Sänger Jean-Philippe Lagacé alles geben, an die Barriers kommen und einen Moshpit nach dem nächsten antreiben – so gut es eben ging mit den Leuten, die bereits dort waren.
Die Besonderheit auf dem Reload Festival ist eindeutig, dass es nur eine große Bühne gibt. Man hat also gar keine Schwierigkeiten, sich auf eine Band festzulegen, sondern kann ganz entspannt jeder Band beiwohnen. Es folgten Infected Rain aus Moldavien, Landmvrks aus Frankreich und die polnische Death Metal Kombo Decapitated, bevor der erste typische Genre-Stilbruch die Bühne betrit. Die Menge ließ sich schnell abholen und stieg in den wilden Ritt ein. Mr. Hurley & die Pulveraffen aus Osnabrück spielen Folk oder auch Piratenmusik und haben quasi Heimspiel auf dem Reload. Das hat man bei dem Zuspruch auch gemerkt, da die bereits gut angewachsene Menge vor der Bühne nach nahezu jedem Song tobt und der Band ihren Zuspruch ausdrückt. Es folgten einige Old-School-Klassiker wie Agnostic Front und Clawfinger und auch Skindred kann man vielleicht schon fast in diese Kategorie packen. Frontmann Benji Webbe weiß auf jeden Fall, wie man mit einem Publikum umzugehen hat und wie man es animiert. Gepaart mit groovigen Metal-Songs und einer gelungenen Bühnenshow waren Skindred wieder einmal eins der Highlights auf dem Reload 2023. Zum Sonnenuntergang ging es gleich weiter mit namhaften Bands: Nach Stick To Your Guns, die ohne Gitarrist Chris Rawson und Drummer George Schmitz unterwegs waren, spielten noch Killswitch Engage und Trivium, bevor In Flames, der erste offizielle Headliner des Abends die Mainstage betrit. Bei der Reihe an Bands schlägt das Metalcore-Herz auf jeden Fall ein ganzes Stück höher und auch jeder andere Metal-Fan kam heute schon einmal auf seine Kosten. Die Schweden in In Flames haben insgesamt auch eine super Show abgeliefert, konnten jedoch in manchen Punkten nicht ganz überzeugen. Aus dem geplanten 90 Minuten Slot wurden leider nur knapp über eine Stunde Spielzeit und auch eine erhoffte Feuer- oder Pyroshow, die bei dem Namen und Headliner-Status von so manchen erhofft wurde, blieb leider aus. Jedoch konnte man der Band ihre Dankbarkeit gegenüber den Fans sichtlich anmerken – eine Konstante, die man immer mal wieder auf dem Reload Festival erleben darf.
Ursprünglich sollte In Flames die Mainstag auch an diesem Samstag abschließen, jedoch wurde Sleep Token aus England von der Plaza Stage während des laufenden Festivals auf die Mainstage umgeplant, womit laut Veranstalter der Headliner einverstanden war und es aus produktionstechnischen Gründen anders nicht möglich gewesen wäre. Sleep Token ist zur Zeit eine der Bands, an der man nicht vorbeikommt und die trotz unbekannter Identitäten und einer doch eher ruhigen Herangehensweise an Metal, ein Festival nach dem anderen erobert. So war es fast schon magisch, als die maskierten Musiker und ihr Backing-Chor die Bühne zu sehr später Stunde um 01.00 Uhr nachts betraten und ihre Songs präsentierten. Die Hardcore-Fans in den ersten Reihen kannten sich natürlich aus, aber es war schön zu beobachten, wie offen auch das restliche Publikum gegenüber Sleep Token ist und sich in den Bann ziehen lässt. Die Show gehört in die Top 10 des Jahres für mich! Zwischen den Bands auf der Mainstage wurde auch die dritte Bühne – die Breakstage bespielt. An diesem Tag waren die Künstler:innen Lutz Drenkwitz, Sportfreunde Helden & die Superstarfuckers zu sehen.
Bildergalerie: Das war der Freitag
Der Samstag: Eine ganz schöne Messlatte!
Nach einem langen Vorabend und wenig Schlaf ging es am Samstag gleich wieder früh ab 10.25 Uhr weiter mit Headgear aus Bremen, die den Bandcontest des Reload gewonnen und sich damit einen Slot auf dem Festival ergattert haben. Man sollte dazu sagen, dass es leider schon zur ersten Band eine kleine Verzögerung gab, offensichtlich weil die Produktion des Headliners – Powerwolf – länger brauchte, als geplant. Außerdem ist es etwas ärgerlich, dass die Pyro-Boxen am Bühnenrand den ganzen Tag über die Sicht eingeschränkt haben und die Musiker:innen, zum Teil, in ihrer Performance eingeschränkt haben. Aber gut. Headgear haben auf jeden Fall eine super Show hingelegt und es ist sehr lobenswert, dass das Reload Festival jungen Bands die Chance gibt, sich zu beweisen und diese fördert. An dieser Stelle also ein großes Lob an das Reload Team für die Solidarität innerhalb der Rock- und Metalszene! Auch am Samstag ging es dann natürlich Schlag auf Schlag weiter mit jeweils knapp 20 Minuten Umbaupause und den Bands: 100 Kilo Herz, Controversial, Ektomorf und um 14.00 Uhr dann Imminence aus Schweden, die spätestens jetzt spürbar einen festen Platz im Billing der großen internationalen Festivals erspielt haben. Viele von uns erinnern sich wahrscheinlich noch an die kleinen Anfänge der Band in den kleinen Clubs hier zu Lande. Nun können wir sie zu Recht auf den großen Bühnen erleben. Weiter so! Am Nachmittag gab es dann mit Terror und Knocked Loose zwei ordentliche Bretter auf der Bühne. Der Name ist hier Programm: Spätestens bei “Counting Worms” gibt es kein Halten mehr und der Bühnenvorplatz bebt. Gerne bald wieder!
Es folgt J.B.O. die mittlerweile eine feste Konstante der Szene sind und Sepultura. Gegen 19.00 Uhr startet mit Guano Apes die nächste deutsche Band auf der Bühne, bevor es in den hektischen Abschluss des Festivals gehen soll. Bevor wir aber darüber berichten: Die Breakstage wurde an diesem Tag von Friends Don´t Lie aus Frankfurt am Main bespielt, die insgesamt vier verschiedene Sets mit jeweils 20 Minuten auf die Bühne gelegt haben. Vielleicht hat der ein oder andere sie als Contest-Gewinner bei Rock am Ring gesehen, auch hier möchten wir gerne eine Hörempfehlung aussprechen. Die nächsten zwei Bands – While She Sleeps & Beartooth – sorgten im Anschluss dafür, dass das Reload zu einem einzigen Moshpit transformierte. Besonders bei While She Sleeps zum Sonnenuntergang konnten sich die Security im Bühnengraben kaum noch retten und die Kreise inmitten der Menge wurden auch mit jedem Song größer. Wir sind schon auf viele Shows und Festivals gegangen, aber das war wirklich fett! Eine ganz schöne Messlatte, die für Beartooth da aufgestellt wurde, die Caleb Schomo und Co. aber auch mit Bravour meistern. Mit ihren powervollen Songs ging es gleich schnell und hart weiter, es blieb also kaum Zeit zum Luft holen. Lediglich beim etwas ruhigeren neuen Song “Might Love Myself” wurde es kurz still, um aufmerksam zuzuhören und sich zu wundern, wann der Song denn nochmal so richtig losgeht. Zum Glück wurde dieses Rätsel dann schnell wieder mit “In Between” aufgelöst. 🙂 Powerwolf, die wie bereits erwähnt, den ganzen Tag ihre Pyro auf der Bühne stehen hatten, brauchen allerdings auch jetzt nochmal mehr, als die geplanten 35 Minuten Umbaupause, um dann 10 Minuten nach geplantem Start, das Licht auszuknipsen und mit einem gewaltigen Bühnenset, dass die gesamte Breite der Reload Mainstage in Anspruch nimmt, ins Finale durchzudrehen. Dabei sind Powerwolf jedoch eher eine Band, bei der man schaut und staunt und nicht unbedingt mitten im Pit sein muss. Es folgten episch aufgemachte Songs mit der entsprechenden Feueruntermalung und vorprogrammierten Show. Ein ziemlicher Kontrast zur rauen Energie von Sleeps und Beartooth, aber so verschieden sind nunmal die Geschmäcker. Für das Auge war auf jeden Fall einiges dabei und spätestens beim traditionellen Abschlussfeuerwerk des Festivals über der Bühne, waren dann wieder alle vereint im wehmütigen Gefühl, dass das Reload 2023 ein Ende gefunden hat und erst wieder in einem Jahr die Tore öffnet. Im Anschluss gab es noch einen Absacker bei Mantar auf der Plaza Stage, bevor das Festival dann endgültig beendet wurde.
Bildergalerie: So war der Samstag
Wir kommen gerne wieder!
Wir können eigentlich nur Positives über das Reload Festival berichten. Wir haben ein sehr familiäres Team und Feeling vorgefunden und ein Festival, das groß genug ist, dass viele gute Bands auf der Bühne stehen, aber noch klein genug, dass man alles entspannt mitmachen kann. Und auch hinter der Bühne scheint es eine entspannte Atmosphäre zu geben, so war zumindest unser Eindruck während der Pressekonferenz am Samstag und was wir selbst so mitbekommen haben. Der Donnerstag ist für viele ein Highlight, weil man sich hier immer auf einen super Abend verlassen kann und die restlichen zwei Festivaltage kann man ganz in Ruhe eine Band nach der anderen auf der großen Bühne live erleben. Wir kommen gerne wieder!
Das Reload Festival 2024 findet vom 15. bis 17. August 2024 in Sulingen, Niedersachsen statt. Bereits bestätigte Band sind: Amon Amarth, Behemoth, Hatebreed, Motionless In White, Clutch, Lionheart, Paradise Lost, Knorkator, Emil Bulls, Neaera, The Black Dahlia Murder, Soil, Walls Of Jericho, Fiddler´s Green, Paleface Swiss, Cro-Mags und Future Palace.