Napalm Death, Pisscharge und Farson live in Hannover

Napalm Death
Foto: Robert Höwelkröger

Es ist immer etwas Besonderes, wenn Bands, die eigentlich für größere Venues bestimmt sind, den Weg zurück in die kleinen, schwitzigen und heißen Clubs finden. Solche Konzerte sind in der Regel absolute Highlights und so gehören Auftritte von Parkway Drive, Hot Water Music oder Converge, die allesamt schon einmal im Béi Chéz Heinz in Hannover spielten, immer noch zu den Highlights. Am 29. August waren nun Napalm Death angekündigt, wieder so eine Band in einem vermeintlich kleinen Club und wieder im Keller des Béi Chéz Heinz. Und wieder sollte es ein Konzert für die Bücher werden. Mit dabei sind an diesem Abend Farson und Pisscharge.

Black Metal, Crustpunk und heiße Temperaturen

Beim Betreten des Bei Chez Heinz gegen 20.10 Uhr sind Farson aus Göttingen bereits zu Gange und feuern ihren Post-Black-Metal auf die vielen Anwesenden ab. Das Quartett singt dabei teilweise auf Deutsch, ist unfassbar laut, gefällt aber einem Großteil der Besucher. Der andere Teil genießt den etwas kühler werdenden Abend im Hof, schließlich ist dies heute einer der heißesten Tage des Jahres in Hannover. Nach gut 35 Minuten folgte eine kurze Umbaupause.

Dann sind die Lokalmatadore von Pisscharge an der Reihe. Der Keller füllt sich weiter und das Quartett aus Hannover mit Mitgliedern aus Chile, Deutschland und Brasilien kann sofort punkten. Schnell bildet sich ein echter Moshpit vor der Bühne. Die Band wird richtig abgefeiert, was auch an Shouterin Kassandra liegt. Musikalisch verbinden die Musiker Hardcore, Beatdown und Crustpunk zu einem fiesen, brachialen Soundmonster. Die Texte sind in der Regel auf Spanisch. Was ein Brett, welches sich u.a. auf das aktuelle Album „Cresciemento es Muerte“ stützt. Gefangene werden nicht gemacht. Ansagen gibt es so gut wie auch keine. Kassandra bedankt sich ein paar Mal beim Publikum, das dann auch noch eine Zugabe fordert. Zwei Songs später und nach insgesamt 40 Minuten Spielzeit entlassen Pisscharge die Anwesenden in den Hof zur Abkühlung. Denn im Heinz ist es wie in einer Sauna. Starker Auftritt!

Politischer Noise

Auch die nun folgende Umbaupause ist mit 15 Minuten erfrischend kurz. Dann sind Napalm Death auf der Bühne und legen los wie die Feuerwehr. Erst nach drei Songs gibt es von Sänger Mark „Barney“ Greenway die erste Ansage auf Deutsch: „Guten Abend, wir sind Napalm Death aus Birmingham.“ Dann wechselt er ins Englisch und ergänzt: „Wir sind politisch und eine Noiseband.“ So kann man den Sound aus Grindcore, Anarchopunk, Crust und Death Metal auch nennen. Die Show ist auf jeden Fall wild. Songs gibt es querbeet durch alle Alben. Das ausverkaufte Chez Heinz nimmt das dankend an und so wird das Quartett aus England mit zunehmender Spielzeit immer mehr abgefeiert, trotz unfassbar saunamäßiger Temperaturen. Gespielt werden zum Start u.a. Songs wie „Taste The Poison“, „Next On The List“, „Contagion” oder “Resentment Always Simmers”.

Barney stellt klar, dass die Band immer an der Seite der Geflüchteten steht und „Refugees Welcome“ ist ein Motto der Band. So handeln auch Songs von diesem Thema. Zwischendurch gibt es musikalisch auch mal groovigere Parts, bevor es mit Brett, Chaos und Noise weiter geht. Vor „Amoral“ betont Barney, dass die Band auch schön spielen kann und der Song kommt dem schon besonders nah. Aus Sicht von Napalm Death kann man da schon von einer Ballade sprechen. Das Publikum verfällt zunehmen in Ekstase, die ersten Crowdsurfer schlängeln sich über das Publikum und versuchen nicht zu sehr an die niedrige Kellerdecke zu stoßen. Was für eine Stimmung.

Fuck Sexism, Fuck Homophobia, Fuck Transphobia

Weiter geht es u.a. mit „It´s a M.A.N.S. World“, „Backlash Just Because”, „Fuck The Factoid” und „Suffer The Children”. Barney stellt unter tosendem Applaus klar: „Es gibt drei Dinge, für die wir stehen und die diese Band ausmachen: Fuck Sexism, Fuck Homophobia, Fuck Transphobia.“ Was für eine starke Message in diesen Zeiten. Die Lieder handeln aber auch von Angst und Paranoia. Zudem nimmt Barney das Publikum auf eine Zeitreise mit, ins Jahr 1997, dem Jahr in dem laut seiner Aussage besonders extreme Musik auf den Markt kam und er selber nach kurzer Auszeit zurück in die Band kam. Ein Highlight ist dann sicher noch das Lied gegen Faschismus, das Cover aus Kalifornien. Gemeint ist natürlich „Nazi Punks Fuck Off“, im Original von den Dead Kennedys, was noch einmal besonders wild abgefeiert wird. Mit den Worten „Und fickt den AFD-Haufen“ löst der Sänger noch ein paar „Nazis raus“-Sprechchöre aus. Schließlich bedankt sich Barney noch beim tollen Publikum. Es sein eine absolute Ehre für die Band, hier zu sein. Dann folgen „Instinct Of Survival“ und „Contemptous“, bevor es nach 75 Minuten in die frische Kühle der Nacht geht. Krasse Show, tolle Statements: Was ein Abend, bitte mehr davon!