Ziemlich genau ein Jahr nach seinem Ausstieg bei Ignite erscheint das Album „Santa Monica“ von Sänger Zoltán „Zoli“ Téglás‘ neuer Band Ocean Hills. Sicher ist, dass Zoli aufgrund seiner Stimme und langer musikalischer Erfahrung in verschiedensten Projekten auch hier definitiv Mittelpunkt und Hauptakteur ist.
„Was man zu hören bekommt ist definitiv keinen direkten Vergleich mit Ignite wert, den viele zwangsläufig einfach anstreben werden – dafür ist die Differenz zum früheren Schaffen einfach zu eindeutig.“
Für Menschen, die verstehen, woher Ocean Hills kommen
Die Herren von Ocean Hills gehen als „Working-Class-Rock’n’Roll-Band“ ins Rennen und haben sich neben der Upper-Working-Class auch bezüglich des Altersspektrum eine recht definierte Zielgruppe gesetzt. Wie Mr. Téglás verlauten lässt, sieht diese sinnbildlich ungefähr so aus: „Ich versuche, Musik zum Beispiel für einen Durchschnittsklempner aus New Jersey zu schreiben, der nach einem langen Tag von der Arbeit kommt und sich in einem Song verlieren möchte, denn die meisten Menschen da draußen arbeiten sich den Arsch ab. Ich schreibe Musik für 30-, 40- und 50-Jährige; Menschen, die verstehen, woher Ocean Hills kommen.“
Kein Vergleich zu Ignite
Was man zu hören bekommt ist definitiv keinen direkten Vergleich mit Ignite wert, den viele zwangsläufig einfach anstreben werden – dafür ist die Differenz zum früheren Schaffen einfach zu eindeutig. Die Produktion und der Sound sind so wie man sie im amerikanischen Alternativ Rock schlichtweg erwarten würde. Die nähere Beschreibung bedarf keiner Bemühung von Superlativen, dafür gibt es zu wenige Ecken und Kanten, sowohl musikalisch als auch textlich. Man findet schöne Melodien, gute Gitarren-Solis und eingängige Gesangslinien, die getragen werden von der doch recht einzigartigen Stimme von Zoli.
Ohne Frage steckt hier sicher das Herzblut von allen beteiligten Musikern drin und es kommt glücklicherweise nicht das Gefühl auf, als hätte man eine Reihe bedürftiger Musiker zur Unterstützung von Zolis neuen Ideen gecastet. Erwehren kann man sich aber auch nicht ungewollter assoziativer Vergleiche zu anderen bekannten Bands dieses Genres, wie Shinedown, Nickelback und 3 Doors Down.
Ein durchaus interessanter und abwechslungsreicher Auftakt
Dem Zuhörer wird ein auf „Santa Monica“ ein elf Lieder umfassendes Werk vorgestellt, welches sich insgesamt inhaltlich nicht besonders weit aus dem Fenster lehnt. Vermutlich nur so weit, dass es auch die Zielgruppe hier nicht weiter unwohl fühlt oder sich gar zum Nachdenken nach einem langen schweren Arbeitstag animiert sieht. Mit den ersten drei Songs des Albums „Bound“, „A Seperate Peace“ und „Death or Liberty“ wird ein durchaus interessanter und abwechslungsreicher Auftakt serviert. Dieser kann aber im Verlauf des Albums einfach nicht aufrechterhalten werden. So kommen Songs wie „Like a Lady“ und „Santa Monica“ eindeutig zu cheesy, aber auch zu oberflächlich rüber, als dass sie die Kraft hätten, tiefergehend Gefühle zu transportieren.
Auch etwas später folgende Songs wie „Vampire“ und „Christina“ erleiden ein ähnliches Schicksal. Als kleiner Lichtblick zwischendurch beweist sich mit „Budapest My Love“ noch die Hommage an die ungarische Hauptstadt. Diesen Song kann man definitiv noch gut genießen, nachdem man die ersten knapp zwei Minuten hinter sich hat.
Radiotauglicher-Mainstream-Alternative-Hard-Rock
Sicher passen Ocean Hills wenn man es will irgendwie in die Working Class, auch wenn ich sie – müsste ich ein Sub Genre konkreterer definieren – eher dem Radiotauglichen-Mainstream-Alternative-Hard-Rock zuordnen würde. Das schlägt sich leider auch an vielen Stellen nieder, sodass auch die vormals genannte Assoziation mit 3 Doors Down keinesfalls positiv besetzt ist.
Für meinen Geschmack insgesamt zu viele „Woahs“ und „Oh Ohs“ auf einem Album mit elf Songs. Die oft oberflächlich dahin geschwurbelten, aber groß inszenierten Zeilen lassen mich irgendwie oft etwas ratlos zurück, aber möglicherweise bin ich auch – als jemand der gut 18 Jahre mit Ignite erwachsen geworden ist – nicht unbedingt in der Lage dieses neue Werk ganz objektiv zu bewerten. Die beste Figur auf dem ganzen Album macht meiner Meinung nach „A Seperate Peace“.
Insgesamt erfüllt das Album sicher alle Zielstellungen, die sich die Neuformation gesetzt hat. Überzeugen kann sie meiner Meinung damit aber leider nicht. Dafür reicht dann der außergewöhnliche Gesang, gute Musiker und eine Top Produktion allein doch nicht aus. Die Scheibe ist weich genug, um wohl von den meisten amerikanischen Radiosender gespielt zu werden und teilweise immer noch hart genug, dass sich ein amerikanischer Bürohengst auf der Heimfahrt hinreisen lassen könnte, sich spontan ein neues Knarren-Tattoo stechen zu lassen. Anhören sollte es sich jeder, der es auch jetzt nicht lassen kann, vielleicht ist es ja mehr Euer Ding.