Zwei Jahre lang haben sich Ok Kid alias Jonas Schubert, Moritz Rech und Raffael Kühle Zeit gelassen, um ein drittes Album aufzunehmen. Mit „Sensation“ werden musikalisch ganz neue Wege beschritten und wie immer spalten sich bei so einem Neuanfang die Meinungen. Der neue Pop der Wahlkölner kommt ohne bisherige Rap- und Indie-Einflüsse aus, aber das macht das Ergebnis nicht unbedingt spannender. Klare politische Statements und soziologische Beobachtungen treffen auf weichgespülten Mainstream-Pop – ist das wirklich eine „Sensation“?
„Im Mittelpunkt steht die Sensationsgier unserer boulevardisierten Gesellschaft, in der es nicht mehr viel zwischen Schwarz und Weiß gibt.“
Von Sextourismus und Wutbürgern
Im introspektiven „1996“ erzählt Sänger Jonas von den Erlebnissen seiner Teenagerjahre, das schwarzhumorig beginnende „Heimatschänke“ wandelt sich im weiteren Verlauf zu einem Alkoholiker-Drama. Im vorab veröffentlichten „Wut Lass Nach“ stellt sich Jonas seinen Abgründen. Die Singleauskopplung „Lügenhits“ zeigt, dass Ok Kid nach wie vor gekonnt mit Worten jonglieren und mit Zitaten spielen. Im Song „Hinterher“ geht es um Reue und die Einsicht, dass man die Uhr nicht zurückdrehen kann. Echtes Hitpotenzial könnte das melodramatische Stück „Wolke“ haben, das von der Angst vor dem Unbekannten handelt und bei dem der Beat wieder knallt. In „Pattaya“ vermischen sich karibischen Klänge und ein sarkastischer Text über das tägliche Drama des Sextourismus. Und wie sich die Ok Kids das Leben als Wutbürger vorstellen, erfährt man in „Warten Auf Den Starken Mann“. So fließt alles zusammen, das Private ist politisch und im Kleinen findet sich der große Zusammenhang – eben unterlegt mit Popmusik.
Das wird man ja wohl noch sagen dürfen
„Sensation“ ist ein hochpolitisches Album, es ist zugleich gesellschafts- wie medienkritisch. Im Mittelpunkt steht die Sensationsgier unserer boulevardisierten Gesellschaft, in der es nicht mehr viel zwischen Schwarz und Weiß gibt. Außerdem geht es um die Selbstinszenierung in den sozialen Medien, um Konsumwahn und den Wunsch nach Bedeutsamkeit. Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre stand für die Band fest, dass auf dem neuen Album eine deutliche Haltung vermittelt werden soll. Um dem Rechtsruck auf ihre Weise etwas entgegenzusetzen, stellen Ok Kid in elf Tracks die Frage nach dem Warum.