Nach fünf langen Jahren präsentieren die RED HOT CHILI PEPPERS endlich ihr neustes Album „The Getaway“. Aber mal ganz ehrlich, was sind schon fünf Jahre im Gegensatz zu den letzten 33 Bandjahren der Kalifornier? 1983 war es, als Anthony Kiedis und Michael „Flea“ Balzary erstmalig gemeinsam unter dem Namen „Tony Flow and the Miraculously Majestic Masters of Mayhem“ eine Bühne in Los Angeles betraten. Seitdem liest sich die Geschichte der kalifornischen Funk- und Alternative-Rockband wie ein überaus spannender, doch leider oft sehr dramatischer Bestseller: Unzählige Mitgliederwechsel, Drogenexzesse, der Tod des Gründungsmitglieds Hillel Slovak, Platten mit Goldstatus seit 1989, die große Bandkrise um 1998, erneute Drogenprobleme, dem legendären 1999er Woodstock-Auftritt und der Show vor 200.000 Zuschauern auf dem Roten Platz in Moskau, Bandpause und Comeback. Die Liste ist lang und eindrücklich, aber auch unvollständig, denn dafür würde der Platz nicht reichen.
„The Getaway“ ist mittlerweile das elfte Studioalbum der Funk-Rock Veteranen und wurde erstmals nach 25 Jahren nicht von Rick Rubin produziert. Danger Mouse, der schon mit Bands wie The Black Keys, Beck und Gorillaz arbeitete, übernimmt. Passend dazu spiegelt auch das Cover-Artwork den Albumtitel “The Getaway” auf eine ganz besondere Art und Weise wider: Frei interpretiert lässt sich vermuten, dass hier eine sehr harmonische Flucht abgebildet wird. Das Vierergespann hat sich auf den Weg gemacht. Wohin bleibt offen, aber in Verbindung mit dem Titel mutet es schon sehr nach Aufbruch an. Dieses Gefühl bekommt man auch beim Hören der neuen Scheibe. „Die fetten Jahre“, wie man so schön sagt, „scheinen vorbei zu sein“ und vielmehr begegnet dem Hörer ein handwerklich ausgeklügeltes Gesamtkonzept, welches den so sehr geliebten RHCP–Sound an keiner Stelle vergisst. Bestes Beispiel dafür ist der Titel „Dark Necessities“: Die wilde kalifornische Party wird allmählich zu einem mehr als angenehmen BBQ mit Wohlfühlstatus. Völlig legitim: Danger Mouse hat gemeinsam mit den Musikern ganze Arbeit geleistet und die RHCP haben wieder mal ein musikalisches Meisterwerk abgeliefert. Da kann man Flea´s Kommentar: „Wir bewegen uns in eine neue Ära und wir sind wirklich begeistert“, ruhigen Gewissens unterschreiben. Stromlinienförmig schwingt das unvergleichliche Fingerspitzengefühl der perfekt aufeinander abgestimmten Komposition durch die dreizehn Titel starke Platte.
Bekanntlich muss ein altes Kapitel abgeschlossen werden, bevor das nächste begonnen werden kann. So setzen sich die Musiker in ihren Texten immer wieder mit „alten“ Stories auseinander. Wahrscheinlich ist es genau die richtige Mischung aus Altem und Neuen, die diesem Album eine ordentliche Portion Authentizität verschafft. Dieses Alte und Neue setzt auch immer wieder an den unterschiedlichsten Punkten der LP an. Auch auf „The Getaway“ lässt Michael „Flea“ Balzary einen mit seinem geschickten Fingerspiel am Bass nicht allein, Anthony Kiedis überzeugt mit seiner gleichermaßen sanften, ermahnenden aber auch anprangernden Stimme, Josh Klinghoffer scheint endlich so richtig angekommen zu sein und auch Chad Smith bleibt sich treu, nur eben ausgereifter und in sich selbst sicherer als bisher. Neu ist allerdings die Konsequenz im Entstehungsprozess, der Wohlklang der fast sphärisch wirkenden Klangflächen hinter dem jeweiligen Hauptthema, das Spiel mit den Chorstimmen und dem entstauben einer längst überfälligen Zeit.
Rubin hat die RHCP zu der Band gemacht, die sie heute sind. Der große bärtige Guru hat wahrscheinlich nicht nur diese großartige Musik, sondern auch die Leben der Künstler gerettet. Das ehrt ihn, doch jetzt ist es ganz objektiv betrachtet Zeit für the getaway. Unterstützung gibt es von keinem anderen als Sir Elton John und seinem besten Freund Bernie Taupin. Im Song „Sick Love“ steuert Elton John das Piano zu und schlendert gemeinsam mit Kiedis durch die musikalische Landschaft des eigenen Ichs. Immer wieder schwebt einem ein bisschen der Charme der 60er und 70er Jahre um die Nase.
Was sind schon fünf Jahre, wenn man sich einerseits die letzten 33 Jahre der RED HOT CHILI PEPPERS auf der Zunge zergehen lässt und andererseits erkennt, wie kleinschrittig „The Getaway“ eingespielt, produziert und gemischt wurde.
von Maria