Es ist sicher nicht neu, dass Düsseldorf eine ganze Reihe an wirklich starken deutschsprachigen Bands hervorgebracht hat, die in irgendeiner Form dem „Punk“ huldigen. Dazu zählen unter anderem Die Toten Hosen, Broilers, Die Mimmis oder auch Massendefekt (auch wenn Meerbusch nicht direkt Düsseldorf ist). Eine Band aus Düsseldorf, die sich auch in dieser musikalischen Welt heimisch fühlt und sich in den vergangenen Jahren zunehmend ins Rampenlicht gespielt hat, sind die Rogers. Diese haben nun ihr neues Album „Mittelfinger für immer“ im Gepäck.
„Die Rogers werden nach den Broilers das nächste ganz große Ding aus Düsseldorf. Ganz sicher!“
Guter Start
„Mittelfinger für immer“ ist das mittlerweile vierte Studioalbum der Rogers, die auch hier wieder ihrer melodischen Gangart des Deutschpunks frönen und dabei mal härter zur Sache, aber hier und da auch deutlich vom Gaspedal gehen. Los geht es mit dem flotten, aber auch etwas nachdenklichen „Einen letzten Abend“. Danach folgt „Zu spät“, bei dem Ingo Donot am Gesang zur Unterstützung mit dabei ist. Der Songs hat das Zeug zum absoluten Überhit und besitzt dazu eine starke politische, authentische, aber auch ökologische Botschaft. Kostprobe gefällig? So heißt es im Refrain unter anderem: „Erst wenn der letzte Baum gefällt ist und der ganze Rauch zum Himmel stinkt, wenn wir die Sonne nicht mehr sehen und kein einziger Vogel mehr singt und wenn in keinem Fluss der Erde mehr irgendetwas schwimmt, merken wir, dass unsere Gier auch uns das Leben nimmt.“ Ganz stark!
Der gleichnamige Titeltrack folgt als nächstes und auch dieses Lied hat Ohrwurmcharakter. Durch den besonders eingängigen Text erhöht sich aber auch das Risiko, dass man den Song schnell überhört hat. Dagegen besticht das mehr als gelungene „Schon okay“ vor allem durch seine Inhalte und die tolle Melodie. Die Midtempo-Nummer ist dabei besonders persönlich im Text und handelt von Stress im Alltag und dem möglichen Absturz, der damit einhergeht. „Geh mir nicht mehr auf die Eier“ dagegen hat absolutes Albernheitspotenzial, wird aber sicher seine Fans finden. Auch der eingängige Refrain wird sein Übriges tun. Ein Song, der auch dem Mainstream gefallen dürfte. Ganz ähnlich schneidet im Übrigen auch „Hartes Leben“ ab. Auch dieses Lied hat einen starken Nervfaktor, besonders durch seinen unpassenden Hip-Hop-Part, wird aber sicher Leute finden, die das total abfeiern. Unterstützt wird der Gesang hier durch Schmiddlfinga.
Zwischen Systemkritik und sehr persönlichen Inhalten
Mit „Wo immer Du gerade bist“ bieten die Rogers auch eine gute Mischung aus Ballade und Midtempo-Nummer. Textlich handelt der Song von Liebeskummer und den „Wehen“ nach einer Trennung. Ganz ähnlich ist auch der Text vom guten „Weit weg“ zu beschreiben. „Ganz nach Oben“ erinnert dann sehr stark an alte Tote Hosen-Lieder und verfügt nicht zuletzt auch daher über diesen Mainstream-Touch, den man für höhere Taten benötigt. Hier fällt dies aber im Vergleich nicht so nervig aus, zudem ist der kritische Text erwähnenswert.
Und auch die weiteren Songs gehen in eine ähnliche Richtung. Textlich schwanken sie zwischen Systemkritik und sehr persönlichen Inhalten. „Wo gehör ich hin“ handelt beispielsweise von der inneren Zerrissenheit. „Wer wirft den ersten Schein“ ist dann das nächste Highlight. Dafür drücken die Rogers gewaltig auf das Tempo, um dann beim Refrain wieder sehr melodisch und eingängig zu agieren. Thematisch geht es hier um Kritik am Kapitalismus.
Kurze Wartezeit
Gefühlt ist es nur kurze Zeit her, dass die Rogers mit „Augen auf“ ihr drittes Studioalbum auf den Markt gebracht haben. Insgesamt ist es dann doch schon anderthalb Jahre her. Nun folgt mit „Mittelfinger für immer“ bereits Studioalbum Nummer vier. Und da muss man dem Quartett aus Düsseldorf einmal Respekt zollen. Das vergangene Jahr war geprägt von vielen Liveauftritten und einigen Tourneen und dennoch haben es die Rogers geschafft, ein komplett neues Album einzuspielen. Aber vielleicht liegt genau hier der Hund begraben? Denn „Mittelfinger für immer“ ist zwar ein solides Album geworden, das definitiv seine Stärken hat, aber nicht alle Songs klingen komplett ausgereift. Textlich dagegen können die Rogers zumeist mit kritischen Themen und sehr persönlichen Inhalten punkten.
Hier und da schlagen auch zunehmend Aspekte wie Massentauglichkeit oder Eingängigkeit durch, die bei wiederholten Hördurchgängen nicht zu einer positiveren Wahrnehmung des neuen Albums führen. Aber nicht falsch verstehen: „Mittelfinger für immer“ ist kein schlechtes Album. Nur ähnlich wie bei „Augen auf“ geht das neue Album weg vom überragenden zweiten Longplayer „Nichts zu verlieren“ und kann die hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Dafür sind hier dann noch nicht alle Songs auf dem gleichbleibend hohen Niveau.
Und dennoch: Die insgesamt 13 Songs werden ihre Fans finden. „Mittelfinger für immer“ wird der Combo den Weg weiter bereiten und die Rogers werden nach den Broilers das nächste ganz große Ding aus Düsseldorf. Ganz sicher! Und dafür sind wohl manchmal musikalische Anpassungen vonnöten, die eben nicht jedem gefallen.