Und wieder vergeht ein Jahr, bei dem die Konzertkarten länger am Kühlschrank hängen als geplant. Nun ist es aber soweit und die Sabaton-Tour findet statt. So pilgern 8.500 Hannoveraner Fans zur ZAG-Arena, um die Schweden und die immense Pyroshow zu sehen. Aber auch das Vorprogramm ist mit Babymetal und Lordi nicht zu vernachlässigen, auch wenn sich hier zum Teil die Meinungen spalten.
Unterhaltsamer Auftakt
Der Vorraum der Arena ist noch gut gefüllt, als Lordi auf die Bühne kommen. Dies ändert sich nun aber schlagartig. Ihre Aufgabe ist ihnen von Anfang an klar: “We made a promise to the Sabaton guys to sweat your balls off!“. So lässt uns Sänger Mr. Lordi schon beim ersten Song klatschen. “Wunderbar”, kommentiert er mehrfach. “Wie geht’s?“ Es ist scheise heiß hier – Guten Abend meine Damen und Herren, ich will deine Arschloch lecken – And this is everything I know to say in German, wait, Titten”, begrüßt er uns anschließend und hat die Lacher auf einer Seite. Auch wenn sich die Band auf der Bühne nicht viel bewegt, ist die Show nicht langweilig. Mit vielen Gimmicks, wie einer Kettensäge, ausfahrbaren Flügeln, einer CO2-Kanone und weiterem ist stets auf der Bühne etwas los, auch wenn die Kostüme der Band schon viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Mit Songs wie “Would You Love A Monsterman” und “Who’s Your Daddy” heizen sie dem Publikum ordentlich ein, wobei das abschließende “Hard Rock Hallelujah” natürlich auch nicht fehlen darf.
Bildergalerie: Lordi
Die große Unbekannte des Abends
Anschließend folgt für viele die große Unbekannte an diesem Abend: Babymetal. Die Show beginnt mit einer dunklen Bühne, auf der die Saiten Fraktion – verhüllt hinter Masken, die sie die gesamte Show aufbehielten und sich nicht vom Platz bewegen – mit den ersten Tönen beginnt. Nach einiger Zeit kommen die Sängerinnen dazu und beginnen zu tanzen und mit den Händen zu fuchteln, wo man unter normalen Umständen Headbangen erwartet hätte. Die Gesamte Show ist genau durchgeplant. Keine Bewegung passiert zufällig, die Tanzmoves sind genau abgestimmt und auch die Ansprachen sind genau auf die Pausen angepasst. Alles wirkt erzwungen und unnatürlich. Bei einem Blick ins Publikum sieht man viele verwirrte Gesichter, die mit der Situation nicht umzugehen wissen. Einige sind Feuer und Flamme, die meisten schauen jedoch regungslos Richtung Bühne und nippen an ihrem Bier. Die fest geplanten Versuche, das Publikum zum Klatschen zu bringen, laufen so oft ins Leere, auch wenn die allgemeinen Interaktion nur wenige sind. Auf dem Papier scheint Babymetal eine interessante Mischung aus Metal und J-Pop zu sein, aber auf der großen Bühne vor einer weltbekannten Power Metal Band ist das Konzept eher fraglich.
Beginn mit einem Knall
60 Flammenwerfer und ein Panzer auf der Bühne. Muss man über eine Sabaton Show mehr Worte verlieren? Hinter der Bühne hängt schon den ganzen Abend über ein über 100 Meter langes Banner der Band, davor der Schriftzug “The Tour To End All Tour” in einer Machart, die sehr an einen Zirkus erinnert. Die Show ist aber alles andere als ein Zirkus. Es beginnt mit einem Knall – scheinbar ungewollt, als plötzlich viele Techniker panisch auf die Bühne laufen und genauso schnell wieder verschwinden. Kurz danach knallt es erneut und viel mehr. Mit viel Pyro geht es los, als die Band zu “Ghost Division“ auf die Bühne eilt.
Von nun an wird es immer wärmer in der Arena. Auch wenn die ganz große Pyro heute nicht zum Einsatz kommt, laufen die restlichen 60 Flammenwerfer auf Dauerfeuer, aber wie sollte es bei “Into The Fire” auch anders sein? Auch hier könnte man sagen, dass die komplette Show durchgeplant ist, aber hier wirkt es natürlich. Es ist klar, dass sich Sänger Joakim Brodén nicht während eines beliebigen Songs einen Raketenwerfen holt und auf den Drummer schießt, aber das ist klar. Unerwartet war aber zumindest der Moment für Joakim, an dem seine beiden Gitarristen zu ihm kamen und seinen – bereits gut angeschwitzten – Kopf mit Plektren schmücken.
“Noch ein Bier!”
Bei der gesamten Show folgt ein Gimmick auf das nächste. Alle aufzählen zu können grenzt schon fast an ein Wunder. Fallender Schnee zu “Christmas Truce”, der rote Baron im Kleinformat zu “The Red Baron” oder ein vermeintlicher Giftgas-Angriff zu “The Attack Of The Dead Man”. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Abgerundet durch verschiedene Outfits, Flammenwerfer in den Händen zweiter Darsteller, Konfetti, brennende Klaviere und vereinzelte Schüsse auf den Drummer aus Gewehren, oder auf den Bildschirm dahinter – er hat sich wohl beschwert, dass er zu oft beschossen wird. Man kennt es.
Eine Person stellt uns Joakim schon zu Beginn der Show vor, denn er ist für das Wichtigste verantwortlich, wie Joakim selbst sagt. Nein, nicht das Feuer. Andy, zufällig aus Hannover, ist für den Alkohol zuständig. In alter Tradition rufen die Fans immer wieder “Noch ein Bier!”, welchem die Band immer wieder nachkommt. Während der Show gibt es für viele nur drei mögliche Verhaltensweisen: Headbangen, laut singen oder gespannt auf die Bühne blicken – oder meistens eine Mischung aus allem. Egal auf welche Art und Weise, jeder kommt auf seine Kosten.
Danksagungen und eine Zeitreise
Gegen Ende meldet sich Bassist Pär Sundström zu Wort, um sich zu bedanken. Das aktuelle Album “The War to End All Wars” kam im März letzten Jahres, kurz nach Beginn des Ukraine-Konflikts, auf den Markt und wurde aufgrund dessen nicht beworben. Dennoch startete das Album in Deutschland auf Platz eins. Zu dieser Zeit stand die Band schon über 90 Minuten auf der Bühne und läutete das Ende ein. Das Publikum hat aber noch nicht genug und verlangt weiter Musik und Bier. “Are you serious? I’m Scandinavian. If I get drunk I get naked!”, dennoch sind kurz darauf die nächsten Biere auf der Bühne vernichtet.
Die vermeintliche Zugabe an diesem Abend nimmt uns nochmal 10 Jahre zurück. “Primo Victoria”, “Swedish Pagans”, angekündigt als „German Pagans“ und “To Hell And Back” sind die letzten Songs des Abends, bei denen die Fans – und die Pyro – nochmal alles geben. Anschließend bedankte sich die Band erneut ausführlich, bevor sie uns in die im Vergleich Kalte Nacht entließ, nachdem die Pyro die Arena spürbar um mehrere Grad erwärmt hatte.