Donnerstag, 27. März 2025 – Das Berliner Trio Shirley Holmes hat mit „Mein bestes Selbst“ gerade erst ihr viertes Album veröffentlicht und tourt nun durch die Republik. Einer der Stopps: das Lux in Hannover. Dort erwartet die rund 70 Gäste einen Abend voll krachigem Rotzpop, jeder Menge Selbstironie und einer Bühne, auf der nicht nur Flamingos, sondern auch gute Laune leuchten.
„Bei all dem Scheiß da draußen ist es wichtig, sich zwischendurch eine Oase zu schaffen – und heute Abend seid ihr unsere.“
Kein Support, kein Schnickschnack – direkt losgelegt
Auf eine Vorband wird verzichtet – Shirley Holmes sind an diesem Abend ganz für sich. Gegen 20:35 Uhr geht’s los, und zwar mit Vollgas. Mel (Gitarre, Gesang), Miss Ziggy (Bass, Gesang) und Chris (Schlagzeug) eröffnen das Set mit „Übermorgen“, „Koks oder Käse“, „Oh Oh“ und „BinichBinich“ – eine Mischung aus neuem Stoff und altbewährten Knallern. Mel freut sich sichtlich über das Wiedersehen mit Hannover: „Das ist mittlerweile jedes Mal wie ein kleines Homecoming.“ Die Stimmung ist von Anfang an herzlich, das Publikum aufmerksam, das Trio auf der Bühne sichtlich gut aufgelegt – ein klarer Fall von gegenseitiger Sympathie. Neben einem leuchtenden Flamingo und ein paar LED-Blitzen steht vor allem eines im Fokus: die Musik. Und die ist alles andere als glattgebügelt. Zwischen Garage Punk und Punkpop mit Berliner Schnauze entfaltet sich das Set mit Songs wie „Auszeit“, „Angst & Hobbies“ und „Frage für einen Freund“.
Mel nutzt die Gelegenheit, kurz innezuhalten: „Bei all dem Scheiß da draußen ist es wichtig, sich zwischendurch eine Oase zu schaffen – und heute Abend seid ihr unsere.“ Dazu passt auch der Song „Licht“, der als kleines Highlight des Sets in schönem Kontrast zur dunkleren Welt da draußen steht.
Echokammer oder Kopfkino – egal, Hauptsache Spaß
Miss Ziggy meldet sich mit einer akustischen Rückkopplung, von der keiner weiß, ob sie echt ist oder nur in ihrem Kopf. Mel vermutet Letzteres und das Bühnengeplänkel nimmt an Tempo auf. Zwischen den Songs wird geflachst, improvisiert, kommentiert – fast wie eine Mini-Stand-up-Show mit Instrumenten. Als „Verstärkung“ in einer akustischen Version gespielt wird, wird es fast ruhig – zumindest kurz. Denn danach knallt es wieder mit „Verstört“, „Aggressive Musik“ und „Wanna Fck Your Reflection“. Als aus dem Publikum mehrfach „Wie geil ist das denn?!“ gerufen wird, kommentiert Mel trocken: „Das ist jetzt aber ein sehr durchschaubares Fishing for Compliments – aber hey, ich nehm’s!“
Der Praktikant, das Publikum und Plädoyers für geordnetes Chaos
In einem besonders charmanten Moment bittet Mel alle, sich einfach mal umzudrehen und die Nachbarn kennenzulernen. Es sei schließlich schön, wenn man nicht nur die Band, sondern auch einander wahrnimmt. „Keine Sorge, wir spielen nicht drei Stunden wie die Ärzte – aber meditieren dürfen wir trotzdem kurz“, ergänzt sie grinsend. Später wird es richtig familiär, denn Steff von Alarmsignal (hier liebevoll nur als „der Praktikant“ angekündigt) kommt auf die Bühne. Es folgen gemeinsame Songs wie „Kompass und Chauffeur“ (ein Alarmsignal-Track) sowie die Shirley-Holmes-Stücke „Machst Du Frühstück“ und „Tanzen“ – bei Letzterem ist Steff mehr im Publikum als auf der Bühne zu finden.
Die gute Laune erreicht nun endgültig ihren Höhepunkt – inklusive Wortspielregen zum Thema Praktikum, spontanen Lachern und viel Publikumsliebe.
Finale mit Flamingo, Verstärkung und: „Wie geil ist das denn?!“
Nach rund 90 Minuten und einer letzten Runde „Verstärkung“ (diesmal wieder verstärkt) sowie „Niemand drin“, verabschieden sich Shirley Holmes unter großem Applaus und noch mehr „Wie geil ist das denn?!“-Rufen. Mel fasst es charmant zusammen: „Es war warm, es war laut, es war schön. Und vielleicht hätten wir ein paar Gäste mehr verdient gehabt – aber ihr wart da, und das war das Beste daran.“ Shirley Holmes beweisen im Lux einmal mehr, dass sie live zu den charmantesten, lautesten und ehrlichsten Bands gehören, die die Hauptstadt zu bieten hat. Es war kein perfekter Abend – aber ein echter. Und genau das macht ihn so stark.