Das SKATE AND DESTROY OPEN AIR findet in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal statt. Nachdem im Vorjahr ausverkauft auf dem Gelände der Skatehalle Gelis D in Hannover gemeldet wurde, lässt diesmal am Samstag, den 23. Juli, vor allem das LineUp und die Wetterprognosen schon vorab die Herzen höher schlagen. Vor einem Jahr musste das damals noch bestuhlte Konzert wegen eines Wolkenbruchs unterbrochen werden. Diesmal läuft alles perfekt und bei Bands wie Wonk Unit, March, The Tips, Get Jealous, Devil My Care und Kaak sowie besten Temperaturen und Sonnenschein kann sowieso nicht viel schief gehen. Das sagten sich auch gut 160 Besucher, die einen extrem entspannten und musikalisch hochwertigen Nachmittag erleben dürfen.
Kaak: Abrechnung mit allen verfickten Elitisten
Den Auftakt übernehmen in diesem Jahr um kurz nach 16 Uhr Kaak aus Hannover, im vergangenen Jahr noch Headliner. Die Band und vor allem Sänger Leon organisieren das kleine Festival als Mitbegründer. Wie im Vorjahr ist die Bühne wieder auf der ehemaligen Laderampe der früher als Lagerhalle genutzten Location aufgebaut. Noch sind nicht ganz so viele Besucher:innen anwesend, aber es werden stetig mehr. Kaak spielen eine Mischung aus 90ies Garagen-Rock und Post-Hardcore. Los geht es mit „Nichts ist gut genug“. Sänger Leon ist es vor allem wichtig, danke an alle zu sagen, die das SKATE AND DESTROY OPEN AIR mit ermöglicht haben, und er ergänzt: „Fühlt euch wohl, alles andere findet sich dann von selbst“. Auch neue Songs wie „Ketten“ und „Predigt“ werden gespielt. Die Band hat richtig Lust und gute Laune und da stört es dann auch kaum, dass Leon der Gitarrengurt reißt. Nach gut 40 Minuten und mittlerweile neuem Gitarrengurt folgt mit „Krone“ der finale Song – eine Abrechnung mit allen verfickten Elitisten, wie Leon sagt. Dann ist Schluss. Guter Start, sympathische Band.
Zusammen springen und moshen mit Devil May Care
Es folgen Devil May Care, deren Banner als Vorabankündigung bereits bei Kaak über der Bühne schwebt. Die Würzburger überzeugen dabei mit schnörkellosem Post-Hardcore und leichten Metalcore-Anleihen. Die Band erinnert entfernt an eine Mischung aus Rise Against und Funeral For A Friend. Von Beginn macht das Quartett richtig Druck und dabei auch richtig Spaß. Und das bei bestem sonnigen Wetter, wie auch Sänger Tim zur Begrüßung meint: „Super Wetter, aber fast ein bisschen zu heiß. Wäre also toll, wenn ihr mit mir schwitzt.“ Zudem ist ihm auch die Bühnenkonstruktion auf der Laderampe nicht ganz geheuer und so bittet er die Leute näher zu kommen: „Fangt uns bitte auf, wenn wir runterfallen.“ Musikalisch steht das aktuelle Album „Divine Tragedy“ im Mittelpunkt. Davon werden u.a. Songs wie „Dayblind“ gespielt, der mit zum mitsingen animiert. Zudem werden auch Wünsche, wie der ganze Platz soll springen, durchaus erfüllt. Nur der erhoffte Circle Pit kommt dann nicht zustande. Weitere Songs sind u.a. „Dead Ember“, „Painter“, „The Fire“, das neue „The Snow“ oder als Rausschmeißer „Tragedy“. Trotz der Hitze eine starke Leistung von Band und Publikum. Gerne mehr davon, beispielsweise im November im Bei Chez Heinz.
Get Jealous: Chaos erwünscht
Nach einer wie immer am heutigen Tag sehr kurzweiligen Umbaupause, sind Get Jealous an der Reihe. Das Trio aus Hamburg/Niederlande spielt eine minimalistische Mischung aus Post-Punk, Pop Punk und dreckigem Punkrock. Und das kommt sofort gut an bei den Besucher:innen. Frontderwisch Otto, sie stammt aus den Niederlanden und ist daher auf Englisch unterwegs, erzählt zur Begrüßung, dass sie es gerade rechtzeitig für das Konzert geschafft habe. Krankheitsbedingt war die Stimme weg und seit gestern erst wieder zurück. Leichte kratzige Resterscheinungen in der Stimme stören aber niemanden und so werden zahlreiche Songs dargeboten. Otto stellt später die Frage, wer noch nie eine Gitarre in der Hand gehabt hätte. Carla, die sich meldet, wird auf die Bühne gebeten und die Gitarre in die Hand gedrückt. Im Grunde soll sie beim folgenden Lied nur etwas an einer bestimmten Stelle schrammeln. Es folgt ein experimenteller und teilweise chaotischer Song, doch Carla macht ihre Sache wirklich gut. Chaos sei ausdrücklich erwünscht, so Otto. Überhaupt zeigen die drei Musiker:innen eine engagierte, leicht verrückte Show, die mitreißt. So steht Otto irgendwann animierend zwischen allen Leuten im Publikum oder springt auf den Biertresen. Und kurz vor Ende wird dann auch noch „Denkmal“ von Wir Sind Helden auf Deutsch gecovert. Den Schlusspunkt setzt dann „Need Your Alcohol“. Guter Auftritt, der für viel Applaus und viele neue Fans der Band sorgt.
Sommerfeeling pur mit The Tips
Zu den souligen Klängen von „Reunited“ betreten The Tips als vierte Band des Tages die Laderampe vom Gleis D. Die Düsseldorfer spielen im Grunde genau die richtige musikalische Mischung zum Wetter – Reggae, Rock, etwas Ska und etwas Punk. Ein passender Sommer- und Sonnen-Soundtrack. Gleich zum Start legt das Trio die eigene Messlatte mit „My Girlfriend`s Mother“ recht hoch. Der Song handelt vom erwischt werden beim Konsum von „Sportzigaretten“. Vor allem bei den schnelleren Songs ist Pogo ausdrücklich erwünscht und das Publikum nimmt diese Steilvorlage nur allzu gerne auf. Die Setlist umfasst eine guten Querschnitt der bisherigen Alben Twist`N Turns“, „Trippin`“ oder der EP „Come Closer“. Auch bei Düsseldorfern zeigt sich im Übrigen, wie bei allen Bands, der hervorragende Sound, der sich wie ein rotes Band durch den Tag zieht. Aber auch das Set von The Tips ist nach gut 45 kurzweiligen Minuten zu Ende und so gönnt sich Sänger Ali noch ein schnellen Schluck Bier auf der Bühne vor dem letzten Song. Guter Auftritt!
Durchstarten mit March
Mit March sind nun der Co-Headliner an der Reihe. Die Niederländer:innen stehen für extrem rotzigen Hardcore-Punk, der entfernt an Bands wie The Distillers erinnert. Dabei lebt die Band vor allem von der äußerst charismatischen und ausdrucksstarken Sängerin Fleur und ihrer tollen rauen Stimme. Der Auftritt auf dem SKATE AND DESTROY OPEN AIR zeigt aber auch, die gesamte Band kann vollauf überzeugen und trägt ihren Teil zu einem ganz starken Konzert bei. Die Band legt mit „Pretend“ schon gut los. Dem Gitarristen reißt dabei bereits eine Seite. Mit neuem Spielgerät steht dann schon „Start Again“ und somit ein echtes Highlight auf dem Programm. Für Sängerin Fleur ein ganz besonderer Song, wie sie erzählt: „Der Song entstand zu einer Zeit vor ein paar Jahren, als für mich alles schlecht aussah. Aber ich habe gelernt, gerade dann kann man sich besinnen und neu durchstarten. Davon handelt der Song.“ Die Setlist setzt sich auch im weiteren Verlauf vor allem aus den beiden Alben „Stay Put“ und „Set Loose“ zusammen. Daher folgen Songs wie „Head Shears“, „Reapers Delight“, “Born A Snake” oder „Challenger“. Fleur und ihre Band ziehen alle in ihren Bann, die Stimmung steigt. Fleur entschuldigt sich schließlich bei Leuten, die auf einem entfernten Balkon offensichtlich zuschauen, mit den Worten: „Sorry, dass wir euch den tollen Samstagabend versauen“ und sorgt so für Heiterkeit. Beim Open Air selber sieht das nämlich niemand so. March werden richtig abgefeiert und beenden schließlich mit „Fear Of Roses“ ein nahezu überragendes Set. Klasse Band, bitte gerne mal in einem kleinen Club.
Wonk Unit: Freundschaft leicht gemacht
Wonk Unit übernehmen den Schlusspunkt. Die Londoner sind erst kurzfristig auf das Festival aufgesprungen und können mit ihrem britischen Punkrock, einer Mixtur aus Fun Punk sowie witzigen und absolut nicht ernst zu nehmenden Texten voll überzeugen. Was für ein großartiges Punkrock-Entertainment, dass die Band um Alex Wonk hier liefert. So tragen die Songs des Tages u.a. auch Titel wie „Dayjob Wanker“, „Disco Fever“, „Old Trains“, „Go Easy“, „Kings Road Sporting Heroes“ oder „Johnny Radbone“, ein Lied über den liebsten Green Beret der Band. Der Funk springt schnell über. Keyboarderin muss erst Hannover begrüßen und übernimmt dann den Gesangspart bei „Raise My Glas“. Alex freut sich sehr, wieder in Hannover zu spielen. Erst kürzlich war die Band bei Monster Records zu Gast. Und heute finden die Briten auch wieder schnell neue Freunde: „Hannover-Familie, es ist wirklich leicht ein Freund von Wonk Unit zu werden.“ Und genau dies beweist die Band auch nach dem Konzert eindrucksvoll am Merchstand. Live werden noch Politiker und Madness durch den Kakao gezogen, dann ist nach gut 55 tollen und lustigen Minuten Schluss. Das war echt ein richtig toller Gig und irgendwie ist die Lust auf mehr nach diesem Tag ungebrochen.
Final noch ein paar Worte zum SKATE AND DESTROY OPEN AIR: Das Open Air ist auch 2022 wieder großartig organisiert. Stimmung, Bands, Sound und Location sind hervorragend. Bitte unbedingt mehr davon in 2023 und dann hoffentlich auch noch mit ein paar Besucher:innen mehr. Denn jeder der nicht da war, hat definitiv jede Menge verpasst!